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Im [030]-Interview kündigt Regisseur Henk Handloegten zwei weitere Staffeln an. Wir haben mit dem Mann gesprochen, der mit Tom Tykwer und Achim von Borries „Babylon Berlin“ erschaffen hat. 

Ein Regen ging über diese Serie nieder. Ach was, ein Monsun. Es regnete keine Kritik, sondern Preise. Man hörte ständig davon. „Beste deutsche Serie“. Ja, man hörte viel, aber sehen konnten nur wenige Pay-TV-Kunden. Jetzt ist es soweit: Die teuerste deutsche Serie, die je produziert wurde, kommst ins Kino. „Babylon Berlin“. Aber nur für zwei Tage. Am 22. und 23. September läuft das Epos in 150 Kinos bundesweit. Sowas wie „Babylon Berlin“ hat es noch nicht gegeben. 14 Grimmepreise, Goldene Kamera. Zwölf Stunden dauert der Film. „Babylon“-Regisseur Henk Handloegten verrät uns im Interview, wie man sowas produziert. Und warum. Übrigens: Ab dem 30. September zeigt Das Erste die Serie. Wir haben den Regisseur gefragt, warum so spät, immerhin hatte die Serie vor einem Jahr Premiere im Pay-TV, das öffentlich-rechtliche Fernsehen war aber mit einer großen Summe (15 Millionen, Gesamtkosten: 40 Millionen) an der Produktion beteiligt. Lest selbst, was er zu dem Vorwurf sagt.

Übrigens: Diese Kinos in Berlin zeigen „Babylon Berlin“: Berlin, CinemaxxBerlin, Cinestar Cubix – Berlin, Cinestar Kulturbrauerei – Berlin, Delphi – Berlin, Filmtheater am Friedrichshain – Berlin, UCI Collosseum

Interview
mit dem „Babylon Berlin“-Regisseur,
Henk Handloegten 

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Regisseur Henk Handloegten am Set von Babylon Berlin Foto: © Promo

Babylon Berlin ist zum Großteil eine Produktion der ARD, die Serie wird aber erst ein Jahr nach Erstausstrahlung im Fernsehen laufen. Darüber haben sich viele Zuschauer gewundert. Wie stehen Sie dazu?

Das ist wie mit einem Kinofilm. Die ARD ist ja auch an Kinofilmen beteiligt. Der Zuschauer hat die Freiheit, sich ein Kinoticket zu kaufen. Oder man sagt: Irgendwann läuft der im Fernsehen. Das ist jedem freigestellt, das so zu tun. Man kann sich auf Sky Ticket für 9.99 Euro unsere zwölfstündige Serie angucken. Ich kann insofern die Aufregung nicht ganz verstehen. Das ist ein an die heutige Medienlandschaft angepasste Verwertungskette.

Babylon Berlin hat einen Nerv getroffen. Was hat die Serie, worauf die Zuschauer gewartet haben?

Schwer von innen zu sagen. Wenn man über den Tellerrand hinaus, also auch im Ausland, wahrgenommen werden möchte, muss man viel Mühe, Liebe, Leidenschaft und Zeit in die Produktion investieren, damit meine ich die Drehbuchentwicklung. Wir brauchten die Zeit, das gut zu erzählen. Wir mussten eine eigene Welt entstehen lassen, weil das Berlin von 1929 nur noch in Rudimenten besteht. Das kostet Geld. Das kriegt man nicht für 1,50 Mark. Eine Welt erzählt zu bekommen, die viele nicht mehr kennen – es soll ja eine Zeit vor den Nazis gegeben haben! – das ist das, was die Leute fasziniert.

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Hoch die Hände, Wochenende! Bzw. Weimarer Republik. Foto: © Promo

Das ist die teuerste Produktion, die es in Deutschland gegeben hat. Sie haben in Berlin und Babelsberg gedreht, wo zum ersten Mal die Neue Berliner Straße als Kulisse zum Einsatz kam. Wie war das für Sie, plötzlich in den 20ern zu sein? Eine Zeitreise?

(lacht) Meine Regie-Kollegen Achim von Borries und Tom Tykwer nennen mich den einzig lebenden »Zeitzeugen«. Das Ende der Weimarer Republik war eine unglaublich spannende und sehr lebendige Zeit. Die 20er-Jahre sind uns heute wieder viel näher als andere Jahrzehnte, da gibt es viele Parallelen, ob politisch oder vom Zeitgeist her. Es war für uns toll, dass das Studio Babelsberg eine neue Straßenkulisse gebaut hat. Wir konnten unsere Ideen da verwirklichen. Das war sensationell.

Exzessive Partys, rauschhafte Orgien aber auch Armut und Gewalt in der Stadt: Die großen Umbrüche. Was fasziniert Sie am meisten an dieser Zeit?

In unserer Serie ist Berlin die Hauptfigur, die bevölkert wird von unseren Figuren. Das ist ein wahnsinniges Kaleidoskop. Wir wollten ein großes Sittenbild erzählen – und nicht nur eine Geschichte. Eine Stadt ist ein lebendiger Organismus, wo viele Lebenslinien aufeinandertreffen. Das kann man nicht in einem Spielfilm machen. Dafür haben wir die ersten beiden Staffeln gebraucht. Und es geht noch weiter.

Es ist ja nicht so: Man kratzt viel Geld zusammen – und dann wird es automatisch ein Erfolg.
Henk Handloegten

Sie wurden im Vorfeld mit vielen Lorbeeren von der Kritik bedacht. Inwiefern haben Sie mit diesem großen Erfolg gerechnet – und dem Grimme-Preis?

Es ist ja nicht so: Man treibt viel Aufwand, kratzt Geld zusammen – und dann wird es ein Erfolg. Dann würde ja immer der, der das meiste Geld hat, den besten Film machen. Das ist ja überhaupt nicht so. Wir haben im Grunde einen Monster-Film von zwölf Stunden gedreht. Man sitzt manchmal im Schnitt und fragt sich: Mein Gott, kriege ich das überhaupt jemals zusammen? Dass das so ein Erfolg wird, weiß man natürlich nicht vorher. Und das passiert nicht so häufig im Leben eines Filmemachers.

Zwei Staffel – 16 Folgen – haben Sie gedreht. Wie viele Folgen sind noch geplant?

Das ganze basiert auf den Romanen von Volker Kutscher, der fünf Romane veröffentlicht hat und weitere plant. Unser Ziel ist, die Zeitspanne von 1929 bis 1938 zu erzählen. Bis kurz vor den Zweiten Weltkrieg. Zuerst wollten wir nur bis 1933 erzählen, bis zur Machtübernahme der Nazis. Aber das Leben in Berlin hörte 1933 ja nicht einfach so auf.

Mal schauen, wie viel noch so los ist auf den Straßen, wenn Babylon Berlin im Fernsehen läuft. Danke für das Gespräch.

Foto: © Promo