Arkan45, Rapper, 030, Magazin, Interview

Weg vom Alpenland, ab in den Großstadtdschungel – das war die Idee von Arkan45. Der österreichische Rapper lebt am Leopoldplatz im verwegenen Wedding. Er hat die ganz große Karrieresause noch vor sich. Am 7. Oktober veröffentlichte er seine Single ‚Fühlst du mich?‘. Sie soll eine der ersten Schritte in die richtige Richtung sein. Wir trafen Arkan45 in seinem Kiez und sprachen mit ihm über seinen Schreibflow, negative Emotionen und den Status Quo seines künstlerischen Schaffens.

Hi. Ich stell dir direkt mal eine für mich wichtige Frage. Wie sieht für dich die perfekte Umgebung aus um Texte zu schreiben?

Ich schreib gerne Texte wenn ich tagsüber mäßig unterwegs bin, sprich, nicht voll im Rush oder voll „verchillt“, sondern in nem guten Ausgleich. Beispielsweise draußen, an einem inspirierenden Spot auf eine Malsession oder einfach nur am Emotions-und-Vibes-aufsaugen. Ich geh‘ dann abends nach Hause, öffne meinen Wein, rolle meine Sportzigarette und schalte die Lautsprecher an. Ich kann auch nicht mit Kopfhörer schreiben, das ist wohl einfach Gewohnheitssache. Am besten dann, wenn mir etwas auf der Seele liegt, oder dann, wenn ich das Gefühl hab‘, unruhig zu sein.

Wirst du dadurch dann auch ruhig oder klappt das nicht immer? 

Es klappt nicht immer, ich hab auch manchmal Schwierigkeiten die richtigen Kanäle zu finden, um die Musik dann auch als Ventil nutzen zu können.

Erst ’nen Wein, dann den Rhyme

Schreibst du immer mit Beat in deinen Ohren?

Ich schreibe immer direkt auf den Beat. Aber das ist für mich meistens ein Problem, weil ich einfach nicht wirklich mit den richtigen Beat-Produzenten connected bin. Also nicht genau die, die  den selben Spirit haben wie ich, einen eigenen Sound kreieren wollen. 

Arkan45, Rapper, Interview, 030, Wallpaper

Immer schön durch die Maske atmen. ©: Noah Insam

Kennst du nur wenige oder hast du noch gar niemanden gefunden? 

Also das ganze Verfahren läuft so ab, dass ich die Beats aus Paris picke, von nem Produzenten namens „Itam“. Mein Produzent bzw. mein Kumpel „Bernhard Fetz“ macht dann denn Feinschliff und fügt noch verschiedene Elemente bei und steuert dem ganzen noch ne priese freshness bei und macht das ganze knackig und frisch. Auf der einen Seite ist es natürlich nicht sehr vorteilhaft wenn ich nur zu Beats schreiben kann die schon da sind, weil ich eben Mangel daran habe, auf der anderen Seite ist es natürlich positiv dadurch, dass ich besser war die Beat-Elemente mit meiner Stimmlage und flow eingehen kann, also auf Details im beat zu achten. Was das ganze natürlich viel runder klingen lässt. 

Auch Künstler stolpern mal

Warst du schon mal an dem Punkt, dass du den Kopf voll hattest und etwas schreiben wolltest, aber keine Beats hattest? 

Ja oft. Das ist immer ein Struggle. Ich greif dann meistens auf Youtube-Beats zurück die ich dann aber nicht veröffentlichen kann – wegen den Rechten, you know. *lacht* Ich hab einige Notizen auf meinem Handy, die noch unveröffentlicht sind. Die warten nur noch darauf, veröffentlicht zu werden. Also das sind rohe Textbausteine bzw. ganze aber unveröffentlichte Texte, einfach aus dem Grund weil mir der Grundstock fehlt. 

Wie viele sind das? 

Also bis vor mein letztes Handy im Eimer war, waren da schon 200-300 Stück darauf gespeichert. Ich hab zwischenzeitlich versucht auf Papier umzusteigen. Hab‘ dann aber relativ schnell festgestellt, dass ich nicht so der Hand-Schreib-Typ bin, da ich schneller denke wie schreiben kann. Dann ist das meistens nur irgend ein Gekritzel auf dem Zettel, wo ich dann im nüchternen Zustand am nächsten Tag nur noch unverständliche Zeichen vorfinden kann. Also schon eher kontraproduktiv. Deswegen bin ich dann doch wieder darauf angewiesen, meine Worte neutral speichern zu können. 

Komm‘ mit ins Abenteuerland

Gibt es einen Ort den du als Heimat bezeichnest? 

Ich persönlich würde mich eigentlich als Landstreicher einordnen, der noch auf der Suche nach dem richtigen Weg ist. Also wo er hin soll und hin will. 

Also derzeit nennst du nichts deine Heimat? 

Ich weiß, wo mein Zuhause ist. Aber nicht, wo meine Heimat ist. 

Würd ich auf jeden Fall nicht behaupten. Ich weiß, wo mein Zuhause ist: in Österreich. Aber nicht wo meine Heimat ist. Um meine Heimat zu kennen muss ich mich erst mal selber finden.

Du wohnst ja in Berlin und bist hier unterwegs, siehst du das auch nicht als Heimat an? 

Ich seh das ganze wie so ’n Dschungel, ein Dschungel aus Inspiration und Vielfältigkeit. Wie ein Abenteuerland für kreative Kinder. Aber eigentlich nicht meine Heimat. Ich fühl mich ziemlich wohl hier. 

Willkommen im Großstadtdschungel

Inwiefern fühlst du dich in dieser Großstadt wohl? 

Natürlich ist es als Kleinstadtkind ungewohnt, diese Geschwindigkeit im Alltag zu erleben, und zu leben. Alles ist so schnell und läuft so schnell ab. Manchmal wird mir das schon zu viel, definitiv. Allerdings zwingt mich ja niemand raus zu gehen. *lacht* An solchen Tagen bleib ich eben zuhause, wenn mir danach ist. Ich mal dann Acryl, schreibe Songs oder erschaffe andere Dinge in meiner kleinen Welt am Leopoldplatz. 

Kannst du so dann der Stadt ein bisschen entfliehen?

Genau, in meiner kleinen Area kann ich mich zurück ziehen wenn ich mal keinen Bock hab auf diesen Rush, bzw. Menschen allgemein.

Wie definierst du das Wort „Tragik“ für dich?

Ich erzähl das auf meinem Song namens „2015“. Das Ganze basiert auf einer Phase in meinem Leben, in der ich vielen Negativen Ereignissen ausgesetzt war. Es war dann irgendwann der Moment gekommen an dem ich mir sagte, „Okay. Das ist jetzt mal genug. Ich will das Ganze abschließen“. Ich hatte da einfach genug davon. Ich hab‘ die Phase dann festgehalten und abgeschlossen, indem ich mir das Wort „Tragik“ tättoowiert habe, und auch meine letzte EP danach benannt hab. Ich finde es ist nicht schlecht, dass es in den schönen Tagen, gut ist wen man sich die negativen Tage vor Augen hält. Dann ist man viel dankbarer und schätzt die gute Zeit noch viel mehr. 

Krieg der Welten

Welche Welten meinst du bei der Passage „Zwischen uns zwei liegen Welten.“?

Also die andere Person, die ich anspreche, die lebt in ’nem Raster. Bei dieser Person ist morgen schon geplant. Und bei mir ist es halt so, dass ich einfach mache, und kuck wo’s hingeht. Ohne Scheu so. Und solange ich über Wasser bin, hab‘ ich keine Angst immer einen Step weiter zu gehen. Ins Unbekannte. Ich mein eher so, dass meine Welt selten ist, solange sie sich immer ändert. Und sie ändert sich immer so lange ich keine Verpflichtungen hab. Also ja, mal kucken was passiert. Wie die Welt in paar Jahren aussieht. Ich weiß für mich einfach noch nicht wo’s hingeht. Also ich hab echt viel Platz für Neues.

Deine Kunst vermittelt eher einen tristen und introvertierten Eindruck. Hast du Bock auch irgendwann mal fröhlichere Musik zu machen?

Also es ist so: Ich hab angefangen Musik zu machen um das mal als Ventil zu benutzen. Ich hab als Jugendlicher angefangen, obwohl das da natürlich keine anspruchsvolle Musik aber ich hab das halt immer so benutzt um Emotionen einzupacken und da mein ich vor allem die negativen. Also ich mal zum Beispiel auch echt fröhliche Bilder. Aber was die Musik anbelangt, ist das echt eher der traurige und belastende Content. Und es liegt mir auch einfach näher meine Probleme damit zu verarbeiten als einfach zu erzählen wie krass ich bin. *lacht und zündet sich eine Kippe an*

Dunkle Stimmung, dunkler Raum. ©: Noah Insam

Dann heul‘ doch

Alleinsein, sich selbst suchen – sieht man das auch an deinen wenigen Features oder kommt das nur so rüber? An was liegt das?

Puh, ich hab darauf momentan einfach keinen Bock, also meine Beats mit anderen zu teilen.

Was ist „Realness“ für dich?

Wenn man mir einfach sagt was Sache ist. Echtheit ist für mich schonungslose Wahrheit. Komplett unverändert eben. Also kommt drauf an jetzt, aber wenn ich an Menschen denke, dann geht’s mir einfach darum, dass ich einfach mit dem Menschen reden will. Und nicht mit der Fassade.

„Ich will Grün im Garten Eden spüren“ Was meinst du mit dem Grün?

Also mir geht’s da weniger um die Farbe, als vielmehr die Metapher. Die Suche nach der Heimat. Also dort, wo ich schlussendlich landen will.

Jenseits von Eden

Wo entstehen denn deine Videos?

Teils in Berlin, teils in Österreich. Also bei Hoo gab´s das erste Video – gedreht mit meinem jetzigen besten Kumpel Noah (Shoutouts!). Seitdem machen wir das Ganze gemeinsam und wir versuchen uns irgendwie jedes Mal zu steigern. Er ist auf jeden Fall wichtige Säule des Gesamtprojekts. Genauso wie Bernhard Fetz, der dann den Feinschliff macht. Mit ihm nehm’ ich auch alles auf. Er ist quasi die zweite Säule.

Was ist denn dein Label?

Hab ich keins. Sprich, ich versuch das ganze allein aufzuziehen. Auch wenn es viele Nerven raubt, natürlich. Aber langfristig gesehen ist es so viel rentabler. Und ich will da auch niemanden zu nah ranlassen. Dadurch dass ich diese Grundpfeiler hab, muss da eigentlich niemand mehr rein. Außer halt, immer noch, ein Produzent. 

Die ersten Münzen rollen

Eine Frage so mitten ins Gesicht: Wie siehts aus mit Geld? Machst du mit deiner Musik schon welches?

Ein bisschen was kommt dabei rum. Der Musik-Vermarkter Spinnup ist da eigentlich ganz nett zu neuen Künstlern. Ich hoffe natürlich, dass bald dann mehr reinkommt.

Willst du damit mal viel Geld verdienen?

Ja schon. Also wenn ich halt damit kein Geld verdiene, muss ich natürlich irgendwie kucken wie ich sonst Geld verdiene und das nimmt mir dann wieder die Energie für das was ich eigentlich machen will, nämlich Texte schreiben. Wäre natürlich schon fresh nur Musik machen zu können. Aber derzeit geht halt schon viel Zeit und Energie darin drauf, mich über Wasser halten zu können. Genau um das geht’s auch in meiner Single, die gestern erschienen ist. Das ist eigentlich ihre Grundthematik. Darin sag ich zum Beispiel „Anfang 20 und kann nicht mehr hoffen ohne schwarz zu sehen, bin Endprodukt vom Staat, ich kann abends keine Schafe zählen.“

Willst du nur rappen? 

Ich mein, mit diesem Rap-Ding öffnen sich echt viele Türen, wobei ich mich dann ja weiterentwickle. Wo auch immer dieser Weg hinführt, irgendwo führt er hin.

Also was du derzeit alles so nebenbei machst, würdest du sonst nicht machen, wenn du nicht müsstest?

Genau. Aber das wird auch nicht mehr lange so sein.

Bist du dann glücklich während dem Schreibprozess?

Ja, wenn ich richtig Zeit dafür hab. Ich will meine Seele natürlich mit guten Dingen füllen, was ich nicht alles gleichzeitig machen kann. Mich gibt es ja nicht 5-fach. Aber das geht wahrscheinlich allen jungen Künstlern so, denen niemand den Rücken stärkt.

Fast-Food für die Seele

Ja, sonst wärs aber ja auch langweilig.

Auf jeden Fall (lacht). Aber trotzdem ist der Struggle da.

Wie entstand das Video zur neuen EP?

Mein Video-Produzent und ich haben uns am Vorabend überlegt was wir machen können, sind dann aber  am nächsten Tag trotzdem ohne Plan einfach mal losgezogen. Das ist bei uns immer so. Spontan. Plan haben wir nie einen. Er fliegt auf jeden Fall immer aus Österreich her. Das gibt dem Ganzen für mich auch mehr Bedeutung. Das trägt auf jeden Fall dazu bei, dass das Ganze so ist wie’s ist und auch Qualität hat. 

Worin liegt die Qualität deiner neuen Single?

Ich hab da einen Lebensabschnitt reingepackt. Wie bei fast jedem Lied. Es kommt halt immer darauf an wie groß und wie intensiv ein Abschnitt im Leben ist. Diesen letzten hab ich echt gefühlt. Der Song und auch das Video sind jetzt schon über ein Jahr alt. Es wäre eigentlich eine EP mit paar Songs geplant gewesen, und die anderen hab ich auch rumliegen aber am Ende hab ich mir einfach gesagt, dass das endlich mal raus muss. Ich wollte das nicht noch länger ziehen.“ Da kommt aber auch demnächst noch mehr aus diesem Projekt.

Vielen Dank und viel Glück auf deinem weiteren Weg.