Trading, Handel, Derivate

Die Begeisterung vieler Vertreter der Generationen Z und Y für das Thema Trading, erklärt sich nicht nur aus der Spannung oder dem Kick, der mit dem Handel an den Finanzmärkten verbunden ist und auch nicht allein aus der Möglichkeit unabhängig von Bankberatern oder Fondsmanagern zu werden. Die meisten passionierten Trader und motivierte Einsteiger verfolgen auch das Ziel, sich durch das Trading ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften, welches ihnen ermöglicht, ihre regulären Jobs aufzugeben.

Doch ist diese Vorstellung überhaupt realistisch und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um ein erfolgreicher Full-Time Trader zu werden?

Vom Trading leben: Ist das realistisch?

Nicht nur echte Finanzprofis oder leidenschaftliche Frugalisten hegen den Traum, sich mit der eigenen Geldanlage ein dauerhaftes, passives Einkommen zu schaffen. Die Sehnsucht, sich aus einem Job, der als langweilig und fremdbestimmt wahrgenommen wird, zu befreien und ein selbstbestimmtes Leben an einem Ort der freien Wahl zu führen, ist unter den heute 20- bis 40-Jährigen weit verbreitet. Doch die Renditen der klassischen Sparmodelle oder Geldanlagen fallen hierfür überwiegend zu niedrig aus. Selbst wenn es mit solchen Anlagen gelingt, durchschnittlich eine sehr gute Rendite von 6 Prozent zu erwirtschaften, müsste man etwa 300.000 Euro investieren, um in Deutschland ein bescheidenes Leben, vollständig finanziert aus der Geldanlage, führen zu können. Vor Steuern könnte man jährlich Einnahmen in Höhe von 18.000 Euro generieren. Allerdings erhält man eine Rendite von 6 Prozent nicht auf Festgeld oder Staatsanleihen, sondern nur am Aktienmarkt. Und selbst hier müsste man eine sehr gute Dividende von etwa 4 Prozent erhalten und gleichzeitig noch Aktien verkaufen, um auf die benötigten 6 Prozent zu kommen. Die Investitionssummen, die nötig wären, um mit klassischen Vermögenswerten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, sind daher für die meisten Bürger unerreichbar. Eine Lösung dieses Problems kann nur in einer deutlich höheren Rendite liegen. Sehr erfolgreiche Investmentfonds oder ETFs erwirtschaften zwar in guten Jahren auch 10 Prozent Rendite und mehr, in anderen Jahren stagnieren sie jedoch oder verlieren sogar an Wert. Aber auch 10 Prozent Rendite würden noch immer einen Kapitaleinsatz von knapp 200.000 Euro erfordern, um davon leben zu können. Es ist deshalb nötig, mit deutlich geringerem Einsatz Einnahmen von monatlich etwa 1.500 bis 2.000 Euro zu generieren. Die Lösung des Problems könnte im sogenannten Daytrading, dem Handel mit Derivaten und dem Einsatz von Hebeln liegen.

Was ist Daytrading?

Beim Trading wird die Rendite nicht aus der jährlichen Dividende oder fester Verzinsung, sondern aus dem relativ kurzfristigen Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren und anderen Werten generiert. Der Gewinn entspringt der Differenz von Kauf- und Verkaufspreis, wobei die Positionen, also die gehandelten Papiere und Werte, beim Daytrading innerhalb eines Tages ge- und verkauft werden. In den meisten Fällen verändern sich die Kurse von Aktien, Rohstoffen oder Währungen innerhalb eines Tages nur minimal. Man könnte daher meinen, dass der Kapitaleinsatz bei dieser Art des Handels noch höher sein müsste als bei der klassischen Geldanlage. Wenn beispielsweise innerhalb des Handelszeitraums ein Kursgewinn von 20 Cent für eine Aktie erwirtschaftet werden kann, müsste man für einen Gewinn von 20 Euro allein 100 Aktien dieses Unternehmens kaufen und verkaufen. Nach Abzug von Steuern und Gebühren könnte ein einzelner sehr erfolgreicher Trade am Tag also knapp ausreichen, um sich daraus zu finanzieren. Allerdings stehen den Gewinnen in der Regel auch Verluste entgegen und ein so erfolgreicher Trade wie gerade beschrieben ist selten. Daytrader setzen deshalb auf mehrere Trades pro Tag und nutzen vor allem die Möglichkeiten, die sich aus dem Handel mit Derivaten und Hebeln ergeben.

Derivate und Hebel

Derivate sind wörtlich Ableitungen: sie leiten sich von einem Basiswert (eine Aktie, eine Währung, ein Rohstoff usw.) ab. Das bedeutet, dass Trader nicht nur die klassischen Finanzwerte handeln, sondern auch auf Instrumente setzen, die diesen Werten zwar folgen, deren Rendite (oder Verluste) aber generiert wird, ohne dass der Basiswert gekauft oder besessen werden muss. Der Handel mit Derivaten ermöglicht deshalb auch die Erwirtschaftung von Gewinn, wenn der Kurs des Basiswertes fällt. Man braucht lediglich einen Broker, der die Wette auf fallende Kurse halten möchte. Damit vervielfachen sich nicht nur die Anzahl der möglichen Trades, sondern auch der attraktiven Trades um ein Vielfaches. Tage, an denen aufgrund beunruhigender Nachrichten praktisch alle Kurse fallen, müssten ansonsten untätig abgesessen werden.

Die Frage aller Trading Fragen: Wann muss ich kaufen, wann verkaufen? – Foto: Unsplash

Daytrader setzen also auf eine Vielzahl von Trades und versuchen, damit ihre Rendite zu maximieren und ihre Risiken zu minimieren. Allerdings besteht weiterhin das Problem des begrenzten Kapitals. Gerade um aus minimalen Kursänderungen eine ordentliche Rendite herausholen zu können, setzen Trader daher auf sogenannte Hebel. Der ermöglicht es einem Trader, größere Positionen zu kontrollieren, als es sein Eigenkapital erlauben würde. Er multipliziert die Handelsposition des Traders. Wenn ein Trader beispielsweise einen Hebel von 1:100 anwendet, kann er mit einem Euro auf seinem Handelskonto eine Position im Wert von 100 Euro erwerben. Erhöht man die Zahl der Trades und setzt auf entsprechende Hebel, ist es bereits mit einem Kapital von 20.000 bis 30.000 Euro möglich, durch Trading ein ausreichendes Einkommen zu generieren. Andre Witzel, Tradingexperte und selbst erfolgreicher Trader, empfiehlt allerdings zu diesem Zweck einen Kapitaleinsatz von etwa 50.000 Euro, da hiermit auch Verluste abgefedert werden können, ohne dass das Kapital sofort bedenklich schrumpfen würde. Dabei sollte klar sein, dass für den Handel mit Wertpapieren keine Schulden aufgenommen werden sollten und man stets auch ein Budget für andere Ausgaben einplanen sollte.

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