DJ Hell, Gigolo, 030 Magazin, Berlin
Foto: © Promo

Die wilden 1980er – DJ Hell

Hoch über den Dächern Berlins treffen wir DJ Hell in einem schicken Restaurant am Anhalter Bahnhof. Wir sprachen mit dem International Gigolo Chef über seine frühen Berlin Jahre und die Bedeutung seines Kollegen Dr. Motte für die elektronische Musikszene.

DJ Hell und Gigolo Records steht für München. Was aber die Wenigsten wissen. Du hast bereits Anfang der 1990er für einige Zeit in Berlin gewohnt.
Stimmt, viele Leute denken ich bin erst 2003 nach Berlin gezogen wie alle anderen auch. Schön, dass ich das jetzt noch mal klären kann. (lacht) Meine erste große Berlin Zeit war von 1992 bis 1995 – 96. Ich habe bei Hardwax (Kreuzberger Plattenladen für Elektronische Musik; Anm. der Red.) gearbeitet und mich dort als Plattenverkäufer und Disponent um Bestand und Kunden gekümmert. Als DJ habe ich damals im Tresor, E-Werk und dem Planet gespielt. Ich war aber auch in den 1980er viel in Berlin unterwegs. Hier waren die ganzen Konzerte. Ich ging ins Metropolis oder SO36. Die ganze deutsche Welle Punk Zeit habe ich in Berlin mitgemacht, weil hier schon damals ein starker Impuls war. Einstützenden Neubauten, Ideal, eine endlose Liste von Namen.

Du hast also den wilden Nachwende Osten, als die Entstehung der elektronischen Clubkultur in Berlin ihre Anfänge nahm, am eigenen Leibe erfahren?
Das kann man so sagen. Wir haben damals in einem illegalen Club gespielt, der hieß Elektro. Er war in einer Seitenstrasse in der Nähe vom Tresor. Da hatte jemand die Tür aufgebrochen, einen Tisch und eine kleine Anlage reingestellt dann haben wir da gefeiert. Im Fenster hin ein altes Schild auf dem Elektro stand, daher der Name. Irgendwann morgens um Neun kam einer von der Stadt und fragte, wer hier zuständig sei. Wir haben mit den Schultern gezuckt und weitergefeiert. Die haben sich dann die angezapften Stromleitungen angeschaut und sind wieder gegangen. Was wollten die auch machen. Ohne Verantwortlichen wussten die einfach nichts mit der Situation anzufangen.

Wie wichtig war diese Zeit für das heutige Berlin und sein Clubkultur?
Diese ganze E-Werk und Planet Kultur war für Berlin schon prägend und hatte eine starke Aussage, die ich mit durchlebt habe. Es gibt aber auch viele Leute die können diese E-Werk Huldigungen nicht mehr hören. Für mich war es aber die Entstehung aus dem heraus sich erst ein klarer Sound Of Berlin definiert hat.

Deren alte Helden, wie Dr. Motte, heute kaum noch im Nachtleben in Erscheinung treten.
Man darf aber trotzdem nicht vergessen was man Motte zu verdanken hat. Ohne ihn wäre alles anders gelaufen. Dann hätte es nie eine Love Parade gegeben und wer weiß wie die Clubkultur dann heute aussähe.

Weniger kommerziell?
Wer weiß. Ich denke schon, dass es in seinen Anfängen der elektronischen Musik gut getan hat. Dadurch hat man weltweit mitbekommen das hier in Deutschland etwas Neues entsteht. Eine neue Musik, mit neuen Musikern und DJ`s die zeigen, dass wir innerhalb der Musikkultur wieder was zu sagen haben. Deutschland ist ja ansonsten nicht gerade für international erfolgreiche Künstler bekannt. Die Love Parade hat das geändert und elektronische Musik und ihre Protagonisten auf die internationale Bühne gehoben. Das ist Fakt.

Welcher elektronische Act aus Berlin hat es denn auf die große internationale Bühne geschafft?
Booka Shade. Ich war Letztens mit den Beiden in Australien unterwegs. Da unten sind die auf Titelseiten, werden am Flughafen erkannt und geben Autogramme bevor sie ihr Gepäck einchecken. Arno und Wolfgang sind dort sehr bekannte Leute die riesige Headliner-Shows fahren und auf der Strasse erkannt werden. Da steht auch Berlin und Berliner Schule dahinter, auch wenn die Jungs ursprünglich aus Frankfurt kommen, aber sie leben hier und tragen den Berliner Ruf nach außen. Elektronische Musik aus Deutschland. Aus Berlin. Das hat auf der ganzen Welt eine Wertigkeit.

Hört. Hört.
Ja, da kann keiner mithalten. Die träumen alle davon, aber weder New York, London oder Paris haben die Party-, Club- oder Wochenendkultur wie wir sie haben. Wobei in Berlin ist es ja auch schon keine Wochenendkultur mehr, denn du kannst ja immer weggehen. Aber so deutlich und so stark und in sich gefestigt, kann das keine andere Stadt vorweisen. Wenn ich sehe was anderswo an Labels, Studios und Plattenläden abgeht, ist Berlin mit Abstand definitiv die innovativste Stadt weltweit. Was elektronische Musik, mein Leben, meine Musik und mein Label betrifft kenne ich keine andere Stadt die mehr Energie freisetzt als Berlin.

Foto ©: DJ Hell/Promo

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