Deutscher Rap ist ein wichtiger Teil der Geschichte des Landes und der Hauptstadt

Während der Sportsendungen zur Fußballweltmeisterschaft 2018 spielte das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen, das die Spiele übertrug, unaufhörlich den Titelsong des Wettbewerbs im TV-Kanal. Es dauerte nicht lange, bis die Leute es überall pfiffen.

Bei fast allen Spielen der Fußballweltmeisterschaft, wie es alle vier Jahre Tradition ist, genossen alle diese starke Melodie, die in den Pausen der Übertragungen lief. Der WM-Hit zeigte im offenen Fernsehen eine Realität, die seit den 80er-Jahren die Jugend erobert, den deutschen Hip-Hop. Und was ist das für ein Lied, das mehrere Monate lang Radio und Fernsehen dominierte? Zusammen von der Stuttgarter Band Die Fantastischen Vier mit Clueso.

Im Jahr 2015 standen 17 Alben des Genres an der Spitze der Bestsellerlisten in Deutschland. Und Die Fantastischen Vier oder Fanta 4 gehören zu den wichtigsten Gruppen. Die Band war die erste, die ein komplettes Album in deutscher Sprache veröffentlichte (Jetzt geht’s ab, 1991), obwohl ihr in der deutschen Hip-Hop-Szene das Trio Advanced Chemistry vorausging, das seit 1987 im Untergrund aktiv war. Weitere Pioniere des Genres in Deutschland sind Freundeskreis, eine Stuttgarter Band mit sozialkritischen Themen, Absolute Beginner, eine Hamburger Gruppe mit hochpolitischen Texten, und Cora E., Deutschlands erste nennenswerte Rapperin.

Rap in der Hauptstadt

Man kann beobachten, dass der Rap im ganzen Land an Stärke gewinnt und überall in den Köpfen der jungen Leute steckt. Mit der interaktiven Map von Defshop kann man alles über Hip-Hop und die coolsten Spots der Szene finden. Und in der Hauptstadt Berlin ist das nicht anders. Sido, der die Berliner Szene in den gesamten deutschsprachigen Raum trägt, gilt in der Hip-Hop-Szene als Multitalent, das sich in einer Vielzahl von Rap-Stilen ausprobiert hat, darunter Gangster-Rap, Pop-Rap, Rap-Rock, Trap, Comedy-Rap, Battle-Rap usw. Sein Künstlername wurde von ihm als Abkürzung für „superintelligenter Drogenopfer“ oder „Scheiße in deinem Ohr“ interpretiert. Was ist deine Lieblingsinterpretation? Du hast die Wahl. Sido ist Mitglied der Rap-Formationen Alles ist die Sekte, Die Sekte und Deine Lieblingsrapper. Mit Bushido ist er vor allem für die kommerzielle Etablierung von Ghetto-Rap in deutscher Sprache verantwortlich, ebenso wie sein damaliges Plattenlabel Aggro Berlin. Im Laufe seiner Karriere hat Sido mehr als 5,7 Millionen Tonträger verkauft und mehrere Auszeichnungen erhalten, darunter einen MTV Europe Music Award und zwei Echos.

Rap ist die Stimme der Minderheiten

Trotz der historischen, politischen und sozialen Unterschiede zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland gibt es viele Parallelen zwischen den Stilen und der Lebensweise von türkischstämmigen Jugendgruppen in Berlin und schwarzen Jugendlichen in den Vereinigten Staaten. Organisierte Gruppen in Deutschland und den Vereinigten Staaten hören teilweise die gleiche Musik, tragen die gleiche Art von Kleidung und verwenden ähnliche Codes und Namen. Die Identifikation von türkischstämmigen Gruppen in Deutschland mit Gruppen im amerikanischen Stil ist auf die Diskriminierung als ethnische Minderheit zurückzuführen.

Aber der Berliner Hip-Hop spiegelt nicht nur die sozialen Probleme der Deutschen in ihren Vorstädten wider. Die Jugendlichen von Einwanderern oder deren Nachkommen drücken ihre Frustrationen und ihre Entwurzelung in einer utopisch multikulturellen Gesellschaft aus. Künstler aus der ganzen Welt sind nach Berlin gezogen und die meisten Szenen sind multikulturell. Darüber hinaus haben Einwanderer der zweiten und dritten Generation, Jugendliche mit arabischen oder türkischen Eltern, die oft keinen deutschen Pass haben, seit Beginn der Hip-Hop-Szene in der Stadt eine entscheidende Rolle gespielt. Künstler wie Tony D, MOK, Killa Hakan und Alpa Gun nutzen ihre unterschiedlichen Hintergründe, um die Härte der Straßen Berlins zu zeigen. Bushido ist eine der größten Stimmen dieser Generation. Seine polemische, oft widersprüchliche Haltung, die ihm von den Medien als frauenfeindlich, rassistisch und nationalistisch vorgeworfen wird, hat sich bewährt, und seine Alben haben sich mehr als 2,5 Millionen Mal verkauft. Multikulturalismus funktioniert nicht nur als aggressiver Protest, sondern hat auch Vielfalt, Rhythmus und Begeisterung in die Berliner Musik gebracht. Mit einer Mischung aus Hip-Hop, Dub und Rap folgt Seeed der gleichen multikulturellen Linie. Einer ihrer Sänger, Peter Fox, begann seine Solokarriere 2008 mit seinem Debütalbum Stadtaffe, einem der kreativsten und erfolgreichsten deutschen Hip-Hop-Alben der letzten Jahre.

Girlpower im Rap: Juju

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»Wir sind einfach nur Ollen, die rappen.« – Juju (rechts) damals noch im Duo mit Nura. – Foto: [030] Magazin

Als Tochter einer deutschen Mutter und eines marokkanischen Vaters wuchs Juju in einer armen Gegend im Berliner Stadtteil Neukölln auf. Als Kind hörte sie deutschen Gangsta-Rap und seit ihrem 14. Lebensjahr begann Juju in ihrer Freizeit als Hobby zu rappen. Im Jahr 2010 traf sie zum ersten Mal Nura. Später gründeten sie das deutsche Rap-Team SXTN. Ihr erster Song war Deine Mutter und ihr erfolgreichster Von Party zu Party, der 30 Millionen Aufrufe auf YouTube erreichte. Im Jahr 2018 trennten sich Nura und Juju und starteten ihre Solokarrieren. Juju erreichte mit den Singles Melodien (mit Capital Bra), Vermissen (mit Henning May) und Kein Wort (mit Loredana) die Spitze der deutschen Singlecharts.

Deutscher Rap im Fernsehen

4 Blocks ist wohl die einflussreichste deutschsprachige Serie der letzten Jahre. Seit ihrer Veröffentlichung wollte jeder Fernsehsender oder Streamingdienst seine eigene urbane Polizeigeschichte mit einem authentischen Blick auf die Straßen und Auftritten von Rap-Stars erzählen. Schon wenige Sekunden nach dem Start der ersten Folge ist klar, dass diese Serie anders ist. Ein junger Mann sitzt vor einem Imbiss und isst. Im Hintergrund ist ein Gespräch auf Arabisch zu hören. Ein anderer junger Mann kommt vorbei und ruft ihn von seinem Motorrad aus an: „Yallah, komm bald!“ Und die Zuschauer sehen zu, wie sie die Sonnenallee hinunterrasen, an Neukölln vorbei und dann nach Kreuzberg, wo im Görlitzer Park junge Leute Drogen von Dealern kaufen. Das alles zu den Klängen des schweren, dunklen Beats von Hasan K., einem Musiker aus Neukölln, der vor 4 Blocks praktisch unbekannt war und die Phrasen loslässt: Junkies haben isyan („Rebellion“ auf Türkisch) und Kummer / Seine Drogen ersetzen die Wärme von Mutter / Er sabbert, jetzt ist das Kristall sein Futter.

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