Bikepacking Tour, Oder Neiße Radweg

[030] Bikepacking Tour: Der Oder/Neiße Radweg – Von Sachsen nach Meck-Pomm

Das Wetter frohlockte. Die Laune auf Anschlag. Es war an der Zeit, den anschleichenden Sommer mit einer Biketour zu begrüßen. Kurz überlegt, die entsprechenden Routenportale durchstöbert, schon stand die Tour. Der Oder-Neiße Radweg sollte es werden. Angefangen in Zittau am Dreiländereck Tschechien, Polen, Deutschland entlang der Neiße, die im Verlauf in die Oder übergeht, sollte es hoch nach Usedom gehen. 4 Tage waren auf dem Abenteuerzeitkonto. Knapp 700 Kilometer immer entlang der natürlichen deutsch/polnischen Grenze. Eines ist bereits im Vorfeld klar: Das wird ein Brett.

Am Anfang stehen die Vorbereitungen. Das Bike wird einem Check unterzogen. Immerhin ist die letzte Bikepacking Tour „180km von Berlin an die Ostsee“ bereits ein paar Monate her. Seitdem lagerte das Fahrrad im Büro. Entlarvt. Ein Alltagsfahrer tritt hier nicht in die Pedale, dafür ein engagierter Mittvierziger mit eisernen Willen. Glücklicherweise ist wenigstens das Bike aus Aluminium. Das suggeriert eine gewisse Leichtigkeit. Die relativ schnell ad acta gelegt wurde, als nach und nach die Bikepacking Taschen gefüllt wurden. Vorne am Lenker eine mit dem Schlafsack. An dieser eine kleine Tasche für Snacks unterwegs. Am Vorderrad links und rechts zwei kleine Bags. Rechts ist Platz für die Hängematte, das Tarp und Befestigungsmaterial. Alles auf kleines Packmaß ausgelegt. Links findet sich etwas Wechselwäsche und Hygieneartikel. Zudem ein paar Powerdrinks für den kleinen Hunger zwischendurch. Die Rahmentasche dient als Technikfach. Die Sherpa-Powerbank findet sich dort. Kommt man locker ein paar Tage ohne erneutes Aufladen mit aus. Ein Kabel von dort ist an die Navigationsabteilung und das Handy am Lenker angeschlossen. Zudem habe ich ein kleines Solarpanel eingepackt, für alle Fälle. Am Sattel, die obligatorische Arschrakete. Reparaturset, neuer Schlauch, zweites paar Schuhe, eine dünne, aber warme Daunenjacke und Kochutensilien. Ein leichter Topf, kleiner Kocher, scharfes Messer, Gabel, Feuerzeug, Kaffeepulver, Milchpulver, Filter, Tasse und zwei Beutel Trekking Nahrung. Nicht superlecker, aber geht. Was man eben braucht, um möglichst unabhängig zu sein. So zumindest der Plan.

Sicherheit muss sein. 

Bestes Tool in der Nacht auf dem Fahrrad: die WIND COBRA 2.0 REFLECTIVE JACKET von Chrome Industries. – Foto: Chrome

Da ich mir vorgenommen habe 100 Kilometer am Tag zu fahren und ich mangels Erfahrung nicht genau abschätzen kann, inwiefern mich das veranlasst bis in den späten Abend zu radeln, gilt es auch das Equipment entsprechend anzupassen. Licht vorne hinten ist klar. Stirnlampe auch. Man will ja auch mal absteigen, ohne sich im Dunkeln die Beine zu brechen. On top habe ich mich eine Jacke von Chrome Industries als Worstcase Helferlein im Gepäck. Das Coole an der Jacke, neben der guten wasser- und windabweisenden Eigenschaften, punktet die sogenannte WIND COBRA 2.0 REFLECTIVE JACKET – was ein geiler Name – durch ihren einmaligen – der Name deutet es an – reflektierenden Effekt. Wird man angestrahlt, leuchte die Jacke wie ein heller Stern. Im normalen Licht sieht die Jacke wiederum völlig normal aus. Also normal in cool. Trage ich übrigens auch in der Stadt beim Joggen. Kann ich nur empfehlen.

Tag 1: Voller Tatendrang….. 

… bis man in die Fänge der Deutschen Bahn gerät. Es war der 1. Juni. Start des 9€ Tickets. Meine 3.5 Stunden Tour zum Startpunkt in Zittau, sollte am Ostkreuz losgehen. Pünktlich am Bahnhof. Motiviert am Gleis. Die Zeit vergeht. Gleich müsste es soweit sein, aber der Zug wird auf der Tafel nicht angezeigt. Was ist da los? Ich werde langsam misstrauisch. Schaue mich um und entdecke sehr passiv platziert, dass der Zug auf ein anderes Gleis verlegt wurde. Keine Durchsage. Nichts. Ich komme genau zwei Minuten zu spät. Zug weg. Der nächste in 1.5 Stunden. Juchhu. Danke Deutsche Bahn. Ihr macht es einem wirklich leicht euch Scheiße zu finden. Und dass, obwohl ich Bahn fahren mag. 

Bikepacking, Oder/Neiße

Bikepacking am Ostkreuz. Alles dabei, was man so braucht. Nur der Zug zum Startpunkt fehlt. – Foto: T. Schäfer

Im Vorfeld des 9€ Tickets wurde geraten nicht mit dem Fahrrad in die Züge zu steigen. Ein Makel in meinen spontanen Planungen. Als der Zug dann endlich kam, hatte sich diese Sorge glücklicherweise nicht bestätigt. Kein übermäßiger Andrang Richtung „Tal der Ahnungslosen„. Mit knapp 1.5 Stunden Verspätung konnte es endlich losgehen. Planmäßige Ankunft in Zittau um 15.30 Uhr. 

Willkommen in Sachsen

Die Kenner unter den Leser*innen wissen natürlich, dass der Oder/Neiße Radweg bereits etwa 70 Kilometer weiter südöstlich in Tschechien beginnt. Am Ursprung der Neiße und nicht im sächsischen Zittau. Da mir jedoch nur 4 bis maximal 5 Tage zur Verfügung standen, entschied ich mich mit der zweiten Etappe meiner Tour (hier geht es zur kompletten Route auf Komoot) zu beginnen. Nachdem ich den Bahnhof der Stadt hinter mir gelassen hatte, ging es direkt rein ins Naturidyll. 

Bikepacking, Oder/Neisse

Grün, grün, grün ist alles um mich rum: der Oder/Neiße Radweg im Juni. – Foto: T. Schäfer

Von einer Fahrt entlang eines Flusses kann man an diesem Punkt der Reise allerdings noch nicht sprechen. Die Neiße entspricht hier eher einem kleinen Bachlauf, der erst im Verlaufe größer wird. Dem idyllischen Grundgefühl nach Berliner Bahnhofsaufenthalt und Regiofahrt tut dies aber keinen Abbruch. Die Atmosphäre macht einem leicht seinen Groove zu finden. Ein kühlendes Lüftchen – Wald links, Wasser rechts – macht den Einstieg der Tour zu einem gesamtheitlich, entspannten Naturerlebnis. ich erfreue mich an der Entscheidung spontan diese Tour in Angriff zu nehmen. Die angepeilten 70 Kilometer für heute erscheinen mir nun gut machbar. Nach circa 20 Kilometern das erste kleine Highlight: Kloster Marienthal. Hier treffe ich auf einen Radreisenden aus Dresden. Ein kleines Pläuschen über die jeweiligen Pläne. Kurzer Fotocall und weiter geht es auf die Reise. Für Sightseeing bleibt keine Zeit, mein Tagesziel rund um Görlitz ist noch knapp 50 km entfernt und für Kaffee und Kuchen ist noch zu wenig geleistet worden. Da bin ich selbstkritisch. Also weiter im Anschlag. Es ist erstaunlich wie schnell einem die Natur für sich gewinnt. Begann der Tag im stressigen Großstadtdschungel findet ich mich nun in Eintracht mit dem Waldpanorama um mich rum. Der Radweg an sich tut sein Übriges. Top geteert, abseits befahrener Straßen kann man wunderbar eintauchen in den Sound of Nature. Der Wind lässt die Bäume rascheln, Vögel zwitschern und das Plätschern des Wassers geleiten mich in einen fast meditativen Zustand. Dazu das leichte Summen meines Radlaufs. Was ein geiler Tag!

Bikepacking, Berlin, Oder/Neiße

Frisch geduscht auf der Suche nach Food. – Foto: T. Schäfer

Tagesziel 1 erreicht: CHECK!

Den ich schließlich nach geplanten 70 Kilometern in einem Brüderhaus in der Nähe von Rothenburg beende. Zwar habe ich alles zum Campen mit, entschließe mich aber für ein Bett, eine Dusche und die Option auf ein reichhaltiges Frühstück, bevor ich am nächsten Tag auf meine erste 100 Kilometer Etappe gehe. Eingecheckt, das Fahrrad eng am Mann, sprich im Zimmer neben meinem Bett, und frisch geduscht, mache ich mich noch auf die Suche nach einer Gaststätte, um etwas zu essen und werde schließlich bei einer Pension fündig, wo die Chefin so nett ist, trotz bereits geschlossener Küche, mir noch schnell einen improvisierten Käseauflauf in den Ofen zu schieben. Gepaart mit einem alkoholfreiem Bier komme ich so zumindest noch auf meine Kohlenhydrate und die Gastgeberin auf einen Rechnung über 25€, was mich, für Nudeln mit Käse dann doch etwas überrascht. Ich verhalte mich aber generös, schlucke die teure Nudel und ziehe, zwar nicht kulinarisch befriedigt, dafür aber ausreichend gesättigt, wieder gen Unterkunft. Keine halbe Stunde später entschwinde in meine Traumwelten, die es, ob der Schönheit des heute erlebten, nicht unbedingt gebraucht hätte. 

Weiter geht es in Kürze
mit Etappe 2!