Wer nichts sieht, wer im Dunkeln tappt und keine Orientierung hat, ist klar benachteiligt. Das gilt nicht nur für den nächtlichen Gang durch den Hausflur, sondern auch im militärischen Alltag: Schießt ein Kampfpilot eine Rakete ab, ohne zu wissen wo genau sie landen wird, nennt man das «beyond visual range», auf deutsch »außer Sichtweite«.
Glatt, kalt, tödlich
Das Problem mit dieser Taktik liegt bei dem Schuss ins Blaue auf der Hand – woher weiß man, was oder wen man grade ins Jenseits befördert? Für Ego-Shooter mag das kein Thema sein, aber mittlerweile ist jedem klar, dass – blinde Propaganda hin oder her – am Ankunftsort einer Rakete auch ein Mensch stehen könnte. Krieg ist eine eklige Sache und bei den kühlen, großformatigen Fotos von Sebastian Schmidts Serie „missiles“ könnte einem schon der Gedanke kommen, dass es sich um eine gewaltverherrlichende Veranstaltung handelt. Schließlich strahlen die Bilder eine ruhige, bedrohliche Präsenz aus, eine Macht, die Gewalt impliziert. Aber: Keine der Objekte gibt es wirklich.
Gefälschter Sprengstoff
Was man auf den «Fotos» zu sehen bekommt ist genauso echt wie die Dinosaurier in Jurassic Park oder was auch immer Thanos sein soll – also alles CGI. Was aussieht wie echt, mit Kratzern, Kennzeichen und vermeintlichem Sprengkopf, ist in echt nur eine hyperrealistische, digitale Skulptur, zusammengestückelt aus Elementen moderner Raketen. Die etwas wie gigantische Füller aussehenden CGI-Kozepte sind durch ihren Druck in die ewige Zweidimensionalität gebannt. Also irgendwas zwischen Foto, Konstrukt und Skulptur. Eine Ode an die schönsten und destruktivsten Raketen soll die Ausstellung aber nicht sein, sondern eine Frage nach der Beziehung der Menschen zu den diesen Kriegsmaschinen, die den Krieg so technisch und fern erscheinen lassen.
Beyond Visual Art
7. September bis 15. Dezember
KRAVT Galerie
Torstraße 93