Früher war Paul Smith Kunstlehrer, heute ist er Frontmann von Maximo Park, einer der besten Britpopbands der Insel. [030] sprach mit dem umtriebigen Künstler über seine Musik, die Schwere der Jugend, Kunst und seine Ambitionen als Schriftsteller. Das Interview führte Birk Grüling.

Ich muss als erstes eine Frage zu eurem Album „Quicken The Heart“ loswerden. So oft hat man ja nicht die Gelegenheit. Es klang düsterer als eure Alben davor. Warum?
Das ist interessant. Auf der damaligen Promotour hat mir jemand gesagt, das Album wäre das positivste Album von Maximo Park. Ich finde es immer noch gut, dass es verschiedene Meinungen zu „Quicken The Heart“ gibt. Aber du hast schon recht es gab schon recht dunkle aber eben auch recht helle Stücke darauf. Unsere Musik ist wie das Leben. Nichts ist immer positiv, es gibt zwei Seiten. Das sollten auch die Songs symbolisieren. Wir wollten ein gesundes Verhältnis schaffen. Das Album ist aber schon sehr lyrisch und eine Auseinandersetzung mit uns selbst. Es ist viel Freiheit drauf, die Freiheit Musik auf eine andere Weise zu machen. Unser Sound wurde damals etwas reifer und darum klingt alles auch etwas dunkler. Trotzdem ist ja viel Groove dabei und man kann dazu tanzen.

Gerade bei der Single „Kids are sick again“ dachte ich zuerst, der Song ist echt depressiv. Was steckt hinter der Aussage „Kids are sick again“? Der Text ist sehr negativ, aber der Song klingt wie eine fröhliche Disconummer?
Kids are sick again, ist eine nette Phrase. In den Medien hört man immer Kinder tun dies… Jugendliche machen das…Eigentlich ist der Song die Fortsetzung von „Girls who play Guitar“. In England hatte sich die Presse darüber beschwert, dass Mädchen die gleichen Dinge machen wie Jungs. Jeder lernt auf seine Weise das Leben kennen. Und im Song „Kids are sick again“ geht es um einen Punkt im Leben jedes Kindes an dem es lernt. Es geht um die Suche nach anderen Vorbildern. Der Song war also eher eine Metapher für das Jugendgefühl. Man muss einfach Fehler machen im Leben. Ohne sie lernt man nichts. Das Leben ist eine Suche und irgendwie ist es so, als wäre man ständig in der Bibliothek.

Wer schreibt aus eurer Band eigentlich die Songs?
Wir alle konzipieren die Songs. Dadurch ist es einfacher eine Band zu sein, ohne das es einen großen Kampf um Aufmerksamkeit gibt. Ich schreibe zum Beispiel die Lyrics und so hat jeder seinen Anteil an den Songs. Ich mache mir natürlich auch Gedanken zu der Musik und probiere etwas auf meiner Gitarre zuhause aus. Am Ende tragen wir das alle zusammen und jeder bringt sich kreativ in den Prozess ein. Dann spielen wir die Songs und diskutieren drüber. Wir sind da alle gleichberechtigt und schätzen die Position der anderen.

Würdest du dich eher als Dichter oder als Rockstar bezeichnen?
(lacht) Das ist eine gute Frage. Ich würde eher zum Dichter tendieren. Songwriting hat viel mit Dichtung zu tun. Rockstar bin ich weniger. Songs sind mir sehr wichtig. Bevor wir eine neue Platte rausbringen oder auf Tournee durch die Welt gehen, geben wir immer ein Konzert in Newcastle. Wir glauben an die Songs, aber würden nie rausgehen, wenn sie hier zuhause nicht funktionierten. Wir wollen Musik machen, an die wir selbst glauben und nicht um Frauen und Geld zu kriegen. Es gibt viele Gründe eine Band zu gründen, für mich war Musik immer eine Flucht aus der Realität. Deshalb würde ich mich eher als Poet sehen. Ich mag die künstlerische Seite mehr, als auf der Straße erkannt zu werden oder viel Geld zu haben. Es gibt einen Unterschied zwischen mir privat und dem Paul auf der Bühne. Auf der Bühne springe ich herum und entertaine die Leute. Ich präsentiere meine Musik. Im Hinterkopf hab ich die Performance. Und auf der Bühne gebe ich dann mein Bestes. Aber in erster Linie bin ich Songwriter, nicht der charismatische Rockstar.

Du warst Kunstlehrer. Inwiefern beeinflusst Kunst deine Musik?
Ich habe viel gelernt auf der Kunsthochschule und sehr interessante Leute getroffen. In der Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin, wäre das nicht möglich gewesen. Ich bin nach Newcastle erst durch mein Studium gekommen. Kunst ist für mich schon seit der Kindheit ein großer Teil meines Lebens. Meine Eltern stammen zwar aus einfachen Verhältnissen, haben aber immer viel Wert auf Kultur gelegt. Meine Mutter ermutigte mich immer zu zeichnen. „Du kannst zeichnen, also mache es. Aber studiere dann wenigstens, damit du davon leben kannst“, hat sie immer gesagt. Im Studium habe ich die ernste Seite der Kunst kennengelernt und erkannt, dass viel auch Mist ist. Man lernt sich seine eigene Meinung zu bilden. Das ist sehr wichtig und eine gute Grundlage für die Musik. Zudem schreibe ich viel über magische Momente im Alltag und die erkennt man in der Kunst häufig auch.

Zeichnest du noch?
Manchmal, aber am Anfang der Musikkarriere fand ich es sehr schwer. Mein ganzes Leben hat sich schließlich verändert, als ich angefangen habe auf Tour zu gehen und mit der Band professionell Musik zu machen. Mein Leben ging ziemlich wild auf und ab. Ich war ziemlich lange von meinen Freunden getrennt. Inzwischen habe ich gelernt damit um zu gehen und kann auch mal ein Buch lesen oder eben zeichnen. Dadurch fühle ich mich gut und kann abschalten. Beim Zeichnen habe ich häufig Angst vor der leeren Seite, darum schreibe und zeichne ich immer erstmal drauflos. Zuletzt habe ich übrigens gestern für ein Interview gezeichnet.

War das so langweilig?
(lacht) Nein, ich zeichne gerne nebenbei und skizziere die Situation. In Kyoto habe ich während eines Interviews sogar einmal ein ganzes Bild mit Blick aus dem Fenster gezeichnet. Ich zeichne eben gerne einfach drauf los….

Dokumentierst du mit den Skizzen dein Leben?
Nicht nur mit den Zeichnungen, sondern mit Fotos. Von den ersten Monaten von Maximo Park habe ich viele Bilder gemacht und es gibt zusätzlich auch viele Polaroids. Das ist natürlich nichts sonderlich professionell, im Gegenteil, es sind auch viele abstrakte Sachen dabei. Zum Beispiel Symbole, die mich inspirierten oder kurze Notizen. Ich habe viel davon zu Hause gesammelt. Ich schreibe davon auch einiges in das Tagebuch auf unserer Website. Dort verarbeite ich unsere Woche als Band. Solltest du mal reinschauen.

Wunder dich nicht. Das habe ich. Auf eurer Homepage schreibst du auch Kurzgeschichten. Wird aus denen in Verbindung mit den ganzen Aufzeichnungen eventuell mal ein Buch?
Dazu hätte ich große Lust. Aber es gibt so viel in meinem Leben und immer wenn ich an ein Buch denke, passiert etwas Wichtiges. Ich schreibe gerade zum Beispiel Songs, mache mir Gedanken über Artwork oder die aktuelle Tour. Wir machen in der Band viel selber und das ist sehr zeitaufwendig. Ob es nun als nächstes ein neues Album oder ein Buch wird, kann ich natürlich nicht sagen. Das Buch würde beides enthalten, Fotografien und Texte. Es wäre echt interessant, die Dinge aus dem Internet und von den anderen Bandmitgliedern zusammenzutragen. Ich mag es ein Buch in den Händen zu halten. Wenn ich so drüber nachdenke, wird es sicherlich ein Buch geben. Aber wann keine Ahnung. Immer wenn man mal Zeit hat, ruft jemand an, ich entdecke meine Gitarre wieder oder ich gebe Interviews.

Noch eine persönliche Frage. Bei meinem ersten Konzert von euch habt ihr gesagt, ihr wärt eine Girlband. Warum?
Klar sind wir eine reine Männerband, aber wir sind emotional eher eine Girlband. Romantik ist doch feminin und weniger maskulin. Romantik ist einfach ein großer Teil der Band. Unser Album steckt voller Träume und Liebe, natürlich auch unglücklicher. Männer haben häufig Probleme damit Gefühle zu zeigen und für zu weiblich gehalten zu werden. Ich kann damit gut Leben in einer Girlband zu sein. (lacht)

        

                     Foto ©: Maximo Park/Promo                                                    

 

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