Kiezoper, Oper, Berlin, Musik, Kunst, Kultur,

Oper for the People oder Kiez Oper: Late Night Händel in der Alten Münze

Es begann vor sechs Jahren mit einer nächtlichen Schnapsidee, gefolgt am Morgen danach von einem verkaterten Anruf in der Wilden Renate. Ob man nicht die klassische Kunstform der Oper mal ganz woanders aufführen könnte, rausholen aus den hohen Hallen der Opernhäuser – und rein in, eben: einen Nachtclub…? Wochen später wurde der Garten der Renate mit einer kompletten barocken Oper bespielt, performt von professionellen Sängern, ausklingend in einer Party bis zum Morgengrauen. Die „Kiez Oper“ war geboren.

Auf die Beine gestellt werden diese Oper-Happenings von Rowan Heller – der auch mitsingt – und Alex J. Eccleston, Club-Gängern vielleicht bekannt als einer der Macher der „House of Red Doors“; einer Party-Reihe, die ebenfalls die barocke, übermütige Ästhetik feiert. Unter dem Label „Kiez Oper“ wurden schon verschiedene Stätten bespielt, welche normalerweise deutlich zeitgenössischere Musik- und Performance-Gattungen beherbergen: nebst der Renate etwa das Stattbad Wedding (es ruhe in Frieden) und die Griessmühle. Ziel der Veranstaltungen ist es, die Oper „ins 21. Jahrhundert zu bringen“, also an ungewohnte Orte – und zu einem neuen Publikum.

Kiezoper, Oper, Berlin

Nachdem die „Kiez Oper“ mehrere Jahre pausiert hat – wohl nicht zuletzt wegen der Arbeit an der erfolgreichen „Red Doors“-Reihe –, ist sie nun wieder da. Diesmal findet der immersive Abend inklusive After Party in der Alten Münze am Molkenmarkt statt. Gegeben wird Georg Friedrich Händels „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“, ein Werk, das Händel zu einer Zeit komponierte, wo er schon zu erblinden begann. Die Geschichte folgt der Protagonistin Bellezza („die Schönheit“), die in einem surrealen Reigen einer Reihe von Figuren begegnet, welche sie zu verführen und zu verderben versuchen; dem Vergnügen, der Zeit, der Enttäuschung…

Performt wird alledies auf höchstem Niveau. Regie führt Julia Burbach vom Royal Opera House, dirigieren tut Benjamin Bayl von der Wiener Staatsoper, und auch der Cast besteht aus lauter gestandenen Profis. Da ist es um so schöner, dass die „Kiez Oper“ dem unkundigen Publikum nicht nur in Sachen Spielstätte entgegenkommt – sondern auch beim Preis. Die Oper for the (Party-)People soll nämlich niemals mehr kosten als ein Club-Eintritt! Im aktuellen Falle gerade mal 15.- Euro. Für den Preis sitzt man in der Staatsoper auf dem letzten Platz hinter der Säule; und eine Party danach gibt’s dort bestimmt auch nicht.

Text: Moritz Gerber

Info: „Kiez Oper: Late Night Händel“, Alte Münze Berlin, Molkenmarkt 2, jeweils am 27., 28., 29. & 30. Juni um 21:30 Uhr