Funkhaus, Nalepastraße, DDR, Rundfunk, H1 Studio, Musik, Produktion, 030 Magazin, Berlin, Interview
Musik ist ein großer Bestandteil des Lebens und insbesondere jetzt, während der (gefühlten) Quarantäne, ein treuer Begleiter. Daher hier eine Liste mit Platten, die einen in dieser einsamen Zeit zur Seite stehen und stützen. Zumindest tun sie das bei uns. Kommt gut durch die Zeit.

Es wäre einfach gewesen die Liste mit Bands und Alben in denen das Wort „Isolation“ vorkommt aufzuhübschen. Doch beim Hören eben jener, stellt man relativ schnell fest, dass die meisten etwaiger Empfehlungen einen eher runterziehen (ja, Joy Division). Muss ja nicht sein. Geht auch anders, wie folgende Alben beweisen:

Loke Rahbek – Elephant (2020) | abstract, electronic, experimental

Sarah Stenfeld

Loke Rahbek/Frederik Valentin – Foto: © Sarah Stenfeld

Elephant erschien Ende Februar dieses Jahres. Erst jetzt, während der Quarantäne, bin ich endlich dazu gekommen sie mir intensiver anzuhören. ‚Elephant‘ kann mangetrost als Ambient Album bezeichnen. Ein Platte die durch ungewöhnliche Kompositionen und räumlich-auditive Elemente heraussticht. Man fragt sich oft: „Gehört das dazu?“ oder „Was ist das für ein Geräusch?“. Von Synthesizern, zu akustischen und digitalen Instrumenten und Stereoverarbeitung – es ist immer anders und doch irgendwie vertraut. Immer und oft hörbar – wenn man auf stilvollen Mindfuck steht.

 

Black Marble – Bigger Than Life (2019) | cold wave, synthiepop

© Ashley Leahy

Black Marble – Foto: © Ashley Leahy

Black Marble ist kein Unbekannter im Synthiepop-Genre. Das letzte Berliner Konzert im Februar war ausverkauft. Bigger Than Life, erschienen im Oktober 2019, ist das dritte Album Black Marbles. Wie bei den beiden Vorgängern sind die Melancholie und 80er Jahre Nostalgie ein fester musikalischer Bestandteil geblieben, dabei sind die Lyrics nachdenklicher und eher träumerisch-hoffnungsvoller gezeichnet. Ob als Hommage an Bands wie Depeche Mode oder New Order gedacht? Jedenfalls finden sich Synthesizer und rhythmisches Schlagzeug in emotionaler Ausarbeitung. So gewinnt Bigger Than Life vielleicht nicht den Titel „Fröhlichstes Album des Jahres“, aber Freunden genannter Genres wird es garantiert ein Lächeln auf’s Gesicht zaubern.

FIL BO RIVA – Beautiful Sadness (2019) | indie-pop

Foto: © Juliane Spaete

Der Titel des Albums täuscht mehr oder weniger. Nostalgischer Sound, Lyrics die an Cigarettes After Sex erinnern, nur in verliebter. Im Gegensatz zu ihren älteren Songs – ja, Fil Bo Riva ist eine Band – sind die aktuellen nicht mehr nur von Liebeskummer getrieben, sondern versprühen eine Menge Hoffnung. Treibende Gitarrenhooks und herzlicher – zum Teil multilingualer – Gesang, unterstreichen den lyrischen Inhalt auf einer mitreißenden Ebene. Insbesondere die schnelleren Songs, wie „Go Rilla“, „Head Sonata (Love Control)“ oder „Radio Fire“ sorgen für Wohlgefühl. Wenn jemand in 20 Jahren fragt, was Indie-Pop im Jahr 2019 war, dann wird er auf FIL BO RIVA verwiesen. Beautiful Sadness bringt zudem ein experminentelles Potential mit sich, wie es ein Indie-Pop Album eben liefern kann ohnen den Zuhörer zu überfallen. Vielmehr lockt es mit diesen Elementen und macht neugierig. Da ein Urlaub in Italien aktuell ausgeschlossen ist, bildet Beautiful Sadness einen guten Kompromiss für die Zeit in den eigenen vier Wänden.

 

Beatrice Dillon – Workaround (2020) | electronic, experimental

Foto: © Nadine Fraczkowski

Das faszinierendste an Dillons Workaround ist der bedachte Rhyhtmus. Das Album ‚Workaround‘ klingt so, als hätte man einen abstrakten Künstler hingesetzt und gesagt: „Struktur, Raster und 3-D, bitte“. Die Haupteinflüsse des Albums waren tatsächlich nicht andere MusikerInnen, sondern bildende KünstlerInnen – wie Bridget Riley, eine der führenden Vertreterinnen der Op-Art oder Jorinde Voight. Jeder der 14 Tracks bewegt sich in etwa bei 150bpm, was die einzelnen Tracks nicht alleine stehen lässt, sondern im Verlauf miteinander verbindet. Auch die instrumentalen Wiederholungen stärken diese Bindung. Mit Computerdrums und Synthesizer klingt ‚Workaround‘ wie ein Album, das den jetzigen Zeitgeist festzuhalten im Stande ist. Reinhören und verstehen.

The Drums – Brutalism (2019) | indie-pop, indie-rockF

the Drums, Jonathan Pierce

Jonathan Pierce aka The Drums. – Foto: Promo

Mit „Let’s Go Surfing“ hatten The Drums einen Hit in den Nullerjahren. Ein ‚Guter Laune‘-Song, der – nun ja – eben zum Surfen gehen auffordert. Damals noch als Band, entdeckt der nun 35-jährige Jonathan Pierce als Solokünstler das Experimentelle für sich. Ausgebrochen aus dem Image seines Surf-Hits sind die Inhalte ‚Brutalisms‘ deutlich expliziter als vorher. Die Platte wird lyrisch von Wachstum, Therapie und Weiterentwicklung bestimmt. Musikalisch untermalt mit fröhlichem, manchmal schleppendem Indie-Pop. Es ist inhaltlich als die Verarbeitung schlechter Lebenssituationen zu verstehen, die der Musiker durchlebte und die ihn dann auf den Weg der Besserung brachten. Praktisch die Akzeptanz und der Abschluss dieses Lebensabschnittes. Dennoch ist die Musik von Pierce aka The Drums auch witziger Pop, mit ansteckenden Lyrics und melodischen Indie-Gitarrenriffs  – es hätte somit genauso gut ein 2010er Indie-Album werden können. Wer Weezer vermisst (und sich manchmal vielleicht gewünscht hätte, sie klängen fröhlicher) sollte ‚Brutalism‘ auf jeden Fall eine Chance geben.[/caption]