Keine Zeit für schlechte Bücher? Wir auch nicht. Jeden Monat picken wir deshalb für Euch die neuesten Schinken quer aus der Landschaft heraus und erklären, was sich zu kaufen lohnt und was nicht.


Jane Deuxard/Deloup, Liebe auf Iranisch, Graphic Novel, Comic, Reportage, Review, Rezension, Kritik, Buch, Splitter Verlag, Iran, Porträt, 030 Magazin, Berlin, Literatur

Graphic Novel
Jane Deuxard/Deloup – Liebe auf Iranisch

Zugegeben: Der Titel klingt nach kitschigem Groschenroman. Abschrecken lassen sollte man sich davon nicht, denn im Kern wartet entgegen der Vorahnung ein gut recherchiertes Porträt der jungen iranischen Gesellschaft und ihrem Leben in einem Land, in dem religiöse Macht über Verhaltenskodizes entscheidet. Sex vor der Ehe? Mit Nichten. Flirten? Ein Staatsakt. Wer denkt, mit Ahmadinedschad habe sich das Regime gelockert, dem beweist das unabhängige Journalisten-Duo Jane Deuxard (Pseudonym) das Gegenteil. Heimlich reisten die beiden in den Iran. Hier schütteten ihnen junge Iraner zwischen 20 und 30 ihre Herzen über den sozialen und religiösen Druck aus. Ins Zeichnerische übertragen wurden die Charaktere und Geschichten von Deloupy – detailverliebt und demonstrativ stark im Ausdruck. Wären die textlichen Übersetzungen nur nicht so furchtbar ungelenk geraten, wäre das Ganze eine packende Reportage geworden. So jedoch bleibt das Lesevergnügen bisweilen auf der Strecke.

VÖ: 1.5. / Splitter Verlag
Online erhältlich: Amazon

Dunkelblau: Wie ich meinen Vater an den Alkohol verlor, Dominik Schotten, Piper Verlag, Autiobiografie, Roman, Piper Verlag, Literatur, Rezension, Kritik, Review, 030 Magazin, Berlin

Autobiografie
Dominik Schottner Dunkelblau.

Für seine Reportage „Danke. Ciao“ erhielt Schottner 2016 den deutschen Radiopreis. Der Titel dieses Werks war die Standardverabschiedung seines Vaters auf dem Anrufbeantworter seines Sohnes, welcher irgendwann nicht mehr ranging. Die unzähligen Anrufe waren mitunter die einzige Verbindung zu dem Alkoholkranken. Dominik Schottner geht in seinem Buch der Frage nach, ob man seinen Vater vor dem flüssigen Tod hätte retten können. Durch Besuche von Familie und Freunden des Alkoholikers reist der Journalist in die Vergangenheit und behandelt das Hätte, Wenn und Aber. Sehr charmant sind dabei die bildhaften Beschreibungen und aufgezeichneten Gedankengänge des Journalisten. Dunkelblau. ist eine Verarbeitung und kein Lösungsansatz – aber wichtig, weil es sich auf nachvollziehbare Art und Weise an ein Problem heranwagt, mit dem 2 Millionen Deutsche und deren Angehöri- ge zu kämpfen haben. 

VÖ: 20.3. / Piper Verlag
Online erhältlich: Amazon

Gabriella Wollenhaupt, Grappa und die Venusfalle, Kriminalroman, Krimi, Rezension, Kritik, Review, Literatur, Grafit Verlag, 030 Magazin Berlin

Kriminalroman
Gabriella Wollenhaupt – Grappa und die Venusfalle

Die Kriminalromane um die freche Polizeireporterin Maria Grappa erzählen schon seit 1993 von großen und kleinen Verbrechen. Die plüschige Welt, in der diese stattfinden und in der die Charaktere Namen wie Bärchen Biber, Wayne Pöppelbaum und Marina Schrott tragen, nimmt sich selbst nicht ganz ernst und doch kann der einzelne Fall der schlagfertigen Ermittlerin mitunter gewichtige gesellschaftliche Themen reflektieren. So zuletzt in „Grappa greift durch“, der sich mit islamistischem Terrorismus und der Notwendigkeit von religiösem Frieden auseinandersetzte. Diese Tendenz weicht in der neuesten Veröffentlichung dem leicht verträglichen Kampf um ein Hundesalon-Imperium, in dem Erbschaften, Scheidungen und ähnliche Intrigen ausgetragen werden. Wollenhaupts schnoddriger Erzählstil und die toughe Hauptfigur überzeugen wie gewohnt, auf der Meta-Ebene scheint die Autorin altersmilde zu werden. 

VÖ: 9.5. / Grafit Verlag
Online erhältlich: Amazon