In wunderschöner Hafenkulisse ging am Samstag in Hamburg zum fünften Mal das Eintagesfestival Spektrum über die Bühne. Die Veranstalter, die außerdem für das MS Dockville, das MS Artville und den zeitgleich unweit entfernt stattfindenden Vogelball verantwortlich zeichnen, lockten mit einem sehr zeitgemäß aufgestellten Hip-Hop Line-up. Da Elqouent leider krankheitsbedingt absagen musste und durch den Berliner Ufo361 ersetzt wurde und Umse scheinbar aus bisher ungeklärten Gründen auch nicht auftrat, war das Line-up fast vollständig vom Trapsound gekennzeichnet.

Dessen Vertreter wissen aber glücklicherweise durch die Bank, wie man live Party macht. Vor allem bei den geladenen Akteuren des deutschen Cloudrap, die die Zweitbühne übernahmen, waren fast durchgehend Ansammlungen springender und pogender Menschen zu beobachten, die mit ihren Fischerhüten und Sportanzügen stilecht den Turnup hochhielten. Da können die klassischen Hip-Hop Hände halt nicht so ganz mithalten. LGoony und Crack Ignaz waren noch bis vor Kurzem zusammen auf Tour und konnten dementsprechend ihre Spielzeiten einfach mal größtenteils zusammenlegen und knapp 70 Minuten lang zusammen Turnup machen, während stilverwandte Leute wie Juicy Gay, Kulturerbe Achim und Yung Hurn mit auf der Bühne herumsprangen. Juicy Gay durfte dann als spätester Act dem Oberdeck auch noch einmal solo den Rest geben. Und das macht Sinn, der 19-jährige Hüpfer ist auf der Bühne nämlich eine echte Maschine, und wenn man schon ein paar Bier im Kopf hat und etwas sucht, das die letzten Energie- und Adrenalinreserven fordert, ohne sich groß zu hinterfragen, ist sein intuitiver Schlagertrap genau das Richtige.

LGoony (mit Juicy Gay und Crack Ignaz) arbeitet am Turnup

LGoony (mit Juicy Gay und Crack Ignaz) arbeitet am Turnup

Den größten einzelnen Ausrastmoment des Tages hatten Celo & Abdi durch einen heiß ersehnten Gastauftritt auf ihrer Seite. Als Abschluss des etwas wahllos zusammengestellten Sets der Frankfurter kamen nämlich die Lokalmatadoren Gzuz und Bonez MC von der 187 Straßenbande auf die Bühne, um auf den Beat von "Hazebusters" einen Part abzuliefern. Das wirkt angenehm fanfreundlich und bodenständig von den Beiden, wenn man bedenkt, dass es auch um einiges weniger erfolgreiche Rapper gibt, die sich sehr ungern gratis anbieten, weil sie fürchten, damit ihrem Marktwert zu schaden. MoTrip, der letztes Jahr mit „So wie du bist“ für einen echten Pophit verantwortlich zeichnete, war inklusive Schlagzeuger am Start und klingt live fast genau so wie auf Platte. Was Sound, Stimmpräsenz und Timing angeht, muss man da ein Kompliment aussprechen. Der von vielen Besuchern sicher am sehnlichsten erwartete Brite Skepta war live sehr on point, leider aber vergleichsweise leise abgemischt, was der individuellen Turnup-Stimmung schaden kann.

Celo & Abdi betreiben Abriss auf der Main Stage

Celo & Abdi betreiben Abriss auf der Main Stage

Die Drunken Masters, die schließlich auf der dritten Bühne, die ausschließlich DJ-Sounds gewidmet war, für viele Festivalbesucher den Abend beschließen durften, sorgten mit ihren droplastigen Electro-Remixes für genau die richtige Stimmung, um sich bettfertig auszupowern. Leider schielen die Jungs manchmal etwas viel in Richtung Popmusik und verwursten auch Musik, die selbst beim Open Stage Abend im Pub eher auf die schwarze Liste gehört. "Wonderwall" von Oasis animiert zwar zum Mitsingen, ist aber vielleicht nach einem Hip-Hop Festival nicht die passendste Wahl als Rausschmeißer. Im Rahmen war noch etwas nervig, dass man an allen Imbissbuden mindestens eine halbe Stunde anstehen musste. Da hat sich mit Sicherheit der eine oder Andere dann doch für ein weiteres Bier anstelle eines Burgers entschieden, was ja auf Dauer auch nicht so ganz gesund sein kann. Die Anfahrt aus der Hamburger Innenstadt gestaltete sich durch Schienenersatzverkehr plus Shuttlebus plus Fußweg auch etwas langwierig, aber dafür ist Vorfreude ja die schönste Freude. Davon abgesehen lief das Spektrum sehr rund, die Stimmung hielt vom frühen Nachmittag bis nach Mitternacht an und besonders Festivalwütige auf der Suche nach einer Aftershow hatten sogar die Möglichkeit, verbilligt zum Vogelball zu kommen – die Gelände grenzen nämlich direkt aneinander an – und sich noch bis weit in den Morgen Techno und Elektro zu geben.