Henrike Iglesias, GRRRRL, Performance, theater, Feminismus, Sophiensaele, Berlin, 030, Magazin, Interview

"GRRRRRL" – das klingt schon ziemlich grimmig. Abgeleitet von den Riot Girls, zelebriert das Performance-Theater-Kollektiv Henrike Iglesias mit seiner dritten Produktion den Widerstand gegen das Angepasste. Um die selbstbewusste Frau von heute herauszulocken, arbeiten sie sich dabei an auferlegten Verhaltensregeln ab. Mit Marielle Schavan sinnieren wir, warum Frauen auf jeden Fall böse sein sollten. 


Marielle, was ist eine „böse Frau“?

Wir haben böse nicht als das moralische Böse definiert. Nach unserer Definition sind das Frauen, die sich nicht an die Grenzen halten, die die Gesellschaft ihnen auferlegt hat…

…nach denen man sich richten soll, um ein „good Girl“ zu sein?

Genau. Wir haben uns gefragt: Wer wird in unserer Gesellschaft als „böse Frau“ angesehen? Welche Erzählungen von „bösen Frauen“ existieren. Und: Was dürfen Frauen und was dürfen „bösen Frauen“ nicht?

Der Produktion ging eine Recherchephase voraus, für die Ihr Expertinnen getroffen habt. Was für Frauen waren das?

Wir waren beui einer praktizierende Hexe, bei einer politischen Aktivistin und haben mit einer Domina gesprochen.

Welche Alltagssituationen beobachtest Du, in denen Frauen den „Böse-Stempel“ verpasst bekommen?

Ein konkretes Beispiel sind Frauen, die kein romantisches oder sexuelles Interesse oder sogar das Gegenteil ausdrücken – ob aus Gründen der Nicht-Heterosexualität oder weil sie auf einer Party sein wollen, ohne von Typen angemacht zu werden. Anderes Beispiel: Frauen, die keine Kinder haben wollen, ihre Karriere an die oberste Stelle setzen oder offen über Sexualität sprechen.

Was für Figuren habt Ihr daraus entwickelt?

Wir sind als wir selbst auf der Bühne. Unsere Körper funktionieren als Medium, durch das wir andere Frauen zu Wort kommen zu lassen. In diesem Stück zum Beispiel Britney Spears. Wir haben ein Interview rausgesucht, in dem sie heult, weil sie immer wieder auf das Versagen als Mutter angesprochen wird. Sie ist in der Figur „Nettes Mädchen von nebenan“ gefangen, die ihr anerzogen wurde.

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Das Stück beginnt an einem Ort, an dem jede Frau so böse sein kann, wie es ihr beliebt. Was ist das für ein Ort?

Ein geiler! Ein queer-matriarchales Camp. Ein Ort, an dem alle Frauen ohne Begrenzungen sein können und an dem Diversität gefördert wird.

Was ist zu tun, damit die Utopie Realität wird?

Laut werden! Aufmerksamkeit auf sich ziehen! Im Idealfall schürt das Stück genug Wut dazu. Wir nennen das „Die Eintreibung des Bösen“. Einfach Produktiv böse sein, um an Orte zu kommen, die bisher verschlossen geblieben sind und denen verschlossen bleiben, die immer nur mitmachen. 

Live 5. &. 6.5. in den Sophiensaelen

Fotos: © Mascha Mihoa Bischoff