Berlin I love you, Movie, Film, Keira Knightley, Helen Mirren, Luke Wilson, Hollywood, Berlin, 030 CREDIT Youtube Trailer Berlin, I love you

Nach Paris, New York und Rio sind wir dran: Hollywood dreht einen Berlin-Film. «Berlin, I Love You» heißt er. Und die Deutschen meckern und pöbeln über den ersten Trailer. Journalisten surfen die Fäkal-Welle genüsslich mit. Der Reflex ist peinlich. Eine Abrechnung mit den Zynikern. 

Zyniker auf der Fäkal-Welle

Zyniker glauben, dass wir auf dem Weg zur Hölle sind – und wollen in Fahrtrichtung sitzen.

Keira Knightley spielt mit. Und Hannelore Elsner. Britische und amerikanische Weltstars, sie treffen mit ihren deutschen Kollegen in Berlin aufeinander. Die Hauptstadt als Bühne für eine Komödie mit Herz und mit internationaler Besetzung, plus ein paar deutsche Schauspieler. Durchs Netz tobt ein Fäkalien-Tornado, es wird geschimpft und gepöbelt und zwar über den Trailer. Ein paar kurze Szenen aus dem Film, zweieinhalb Minuten. Das reicht vielen – ob Journalist oder Privatperson – um draufzuhauen auf den Episodenfilm. Sie werfen mit Dreck, mit beißendem Spott. Dabei hat noch keiner den Film gesehen.

Welt, Vice und Affenzirkus

Zyniker glauben, dass wir auf dem Weg zur Hölle sind – und wollen in Fahrtrichtung sitzen. Der Deutsche kann offenbar nur Zyniker sein. „Schimpansen würden einen besseren Film machen“ ätzt die Welt etwas dämlich und begibt sich selbst auf Primatenniveau. Vice schreibt von „filmgewordener Schuppenflechte“. Aha. Die Vice-Leute fragen wirklich, warum der Berlin-Film nicht „Berlin, ick liebe dir?“ statt „Berlin, I Love You“. Die Vorgänger-Filme würden auch „Paris, je t’aime“ und „New York, I Love You“ heißen. Wie kleinkariert muss man sein, um sich darüber aufzuregen. Das Netz kotzt auch über einen zwei Minuten langen Trailer ab. Was weder für noch gegen ihn spricht. Aber was uns ärgert, ist folgendes.

Spott(billig)

Zynismus ist die Haltung der Hipster. der Möchtegern-Coolen.

Wir mögen diesen Zynismus nicht. Er ist ein billiger Reflex von Leuten, die davon leben, Meinungen zu haben und in die Welt zu blasen. Redakteure, wie der Verfasser dieser Zeilen. Der schämt sich aber diesmal fremd für seine Kollegen, die alle immer nur eins tun: draufhauen, runtermachen, diskreditieren. Mit Zynismus stellt man sich über andere. Der Zyniker verachtet alles, macht sich mit keiner Sache gemein. Diese Haltung kultivieren vor allem Journalisten. Der Autor dieser Zeilen weiß, warum seine Kollegen das tun, denn er selbst tut es auch bisweilen. Es geht um Aufmerksamkeit durchs Aufregen. Unterhaltung. Es ist lustig, wenn jemand in derben Worten so richtig verbal abkotzt. Nur halt auch eklig. Aber auch Ekel hat seinen Reiz.

Im Zweifel für Hundekacke

Zynismus ist die Haltung der Hipster. der Möchtegern-Coolen. Der Vorwurf lautet, dem Trailer fehle Authentizität. Die Vice-Leute fragen, warum keine Hundekacke zu sehen sei. Darin steckt die Kritik, die Berlin-Bilder seien zu schön um wahr zu sein. Was für ein Blödsinn. Wenn man wirklich keine Ahnung mehr hat, ist man für Hundekacke. Es geht hier nicht um einen Dominik-Graf-Film oder ein Werk von Michael Haneke. An einer romantische Hollywood-Komödie den Maßstab des Autorenfilms anzulegen, ist völlig daneben und zeigt, dass die Kritiker nicht wirklich viel von Filmen verstehen. Es geht hier um Unterhaltung, nicht um eine Dokumentation oder Reportage. Man braucht keine Hundekacke, um Berlin authentisch zu zeigen. Weil es bei Unterhaltung nicht um reinen Naturalismus geht. Ein bisschen darf die Kerze auf dem Kuchen auch brennen. Bloß: Für die Zyniker im Netz geht es nicht um Kuchen, sondern um in schimmeliges Graubrot.

Kein Verstand, wenig Herz

Wir finden auch nicht toll, dass Veronica Ferres mitspielt und Til Schweiger zum Teil Regie führt. Wirklich bizarr ist aber nicht der Trailer, sondern die Reaktion auf ihn. Die Deutschen haben einfach keine Ahnung von Gefühlen. Sie haben Verstand, aber wenig Herz. Deshalb greifen sie alles an, was sich der Logik entzieht, was sie nicht verstehen. Das Gute, das Schöne. Gefühle sind was für Weicheier. Um es mit einem Sprichwort zu sagen: „Für den Romantiker ist die Welt eine Komödie, für den Zyniker ein Trauerspiel.“

Foto: © Youtube Trailer „Berlin, I Love You“