In Hamburg steht das Spektrum Festival an. Am 3. August wurde auf der Elbinsel in Hamburg-Wilhelmsburg eine Momentaufnahme der Beatkultur gefeiert. Die Spannweite an Künstler*innen war groß, daher war es Zeit, einige Acts genauer unter die Lupe zu nehmen.

Turn-Up mit Haiyti

Haiyti ist immer für eine Überraschung gut. Angefangen damit, dass ihr Tape „City Tarif“ mehr oder weniger zu einem Instant-Classic der modernen Deutschrapschule geworden ist, bis hin zu ihrem eigenwilligen und scheinbar nie endenden Output an Singles, Mixtapes und Alben. Ihr aktuelles Albumrelease „Perroquet“ kündigte die Rapperin einen Tag vorher bei Instagram an. Keine klassischen Promowerkzeuge, kein Standard-Sound. An den Beats war dieses Mal maßgeblich der Produzent Macloud beteiligt und hat Haiyti dabei viele Möglichkeiten gegeben, ihren technisch äußert anspruchsvollen Flow stärker in den Vordergrund zu rücken. Dass die Hamburgerin auf einem Festival für Beatkultur genau richtig ist, zeigen die vielfältigen und hochkarätigen Produzent*innen mit denen sie bereits an vorigen Projekten gearbeitet hat, darunter AsadJohn und KitschKrieg. Ein Interview zu ihrem von KitschKrieg produzierten Album „Montenegro Zero“ könnt ihr euch hier durchlesen.

DIY-Projekte mit Trettmann

Apropos KitschKrieg. Nennt man den Namen des Teams für Visuelles und Audio, gelangt man schnell zu Rapper Trettmann. Der rasante Aufstieg des Chemnitzer seit 2016 ist unmittelbar mit den Produktionen und stilvollen schwarz-weiß Grafiken von KitschKrieg verbunden und zeigt beispielhaft, wie sich eine kreative Idee bis zur eigenen Marke entwickeln kann. Erfolg funktioniert für das Team dabei ohne großartige Unterstützung von etablierten Kräften im Musikbusiness. Trettmanns Höhenflug hat seinen vorläufigen Höhepunkt im Album „#DIY“ gefunden, das 2017 erschien. Auf dem Spektrum könnte es daher Zeit für neues Material sein und man hoffentlich erfahren, in welche Richtung sich Trettis Sound weiterentwickelt.. Die musikalischen Einflüsse von KitschKrieg könnt ihr übrigens in unserer Rubrik „10 Platten“ nachlesen.

Wavyness mit Dexter

„Haare nice, Socken fly“ ist nicht nur das Motto von Produzent und Rapper Dexter, sondern sicherlich auch ein wichtiges Kriterium beim Zusammenstellen des Festival-Outfits. Nachdem Dexter in der Rolle des Produzenten nicht nur für einige der spannendsten Künstler*innen Deutschlands Beats gebaut hat und zudem als ein Drittel der Betty Ford Boys agiert, welche in Sachen Instrumental-Alben ganz vorne dabei sind, hat er mit fortschreitenden Karriere auch das Rappen für sich entdeckt. Das erste größere Projekt dieser Leidenschaft ist sein unverkrampftes Rap-Debütalbum, welches neben eigenen Texten auch vielseitige Featuregäste enthält, die von Retrogott bis hin zu LGoony reichen. Letzterer ist übrigens auch beim Festival anwesend und wird Material aus seinem aktuellen Projekt „Lightcore“ spielen.

Berliner Untergrund-Attitüde mit Shacke One und MC Bomber

Deutlich härtere Klänge darf man den Vertretern aus dem Wedding, Shacke One, und aus Prenzlauer Berg, MC Bomber, erwarten. Textlich geht es bei den beiden Rappern gerne mal unter die Gürtellinie, aber gekonnt. Shacke One lässt seine Zuhörer*innen dabei an seinem Alltag im Kiez teilhaben, zeigt wo die Action geht und setzt sich zum Ausklang regelmäßig in die Kneipe. Die Beats von Achim Funk lassen sich zwar zum Genre BoomBap zuordnen, aber wirklich niemand sollte diese Bretter mit einer ausgedienten Oldschool-Soundästhetik verwechseln. Und während MC Bomber in seinen Lyrics oft dem Zeitgeist hinterherhinkt und immer wieder in sexistische Sprache abgleitet, zeigte er sich bei den Beats zu seinem Album „Gebüsch“ progressiv und holte sich Unterstützung von DJ Cool Berlin aka House-Produzent Max Gaef. Wie man auch zu den provokativen Zeilen stehen mag, an Können fehlt es den beiden Berliner Rappern mit Sicherheit nicht.

Informationen zu allen weiteren Künstler*innen findet ihr auf spektrum.ms.