Seit mehr als 20 Jahren umtreiben den gebürtigen Bremer Steve Bug die Auswüchse elektronischer Musik. Zuerst als DJ in Hamburg, dann als Produzent und Labelchef mit Hauptwohnsitz Berlin. Wir treffen Steve Bug zur Mittagszeit in einem italienischen Restaurant ganz in der Nähe seines Studios im Prenzlauer Berg. Die Bedienung begrüßt den Pokerflat Chef mit Vornamen, nimmt die Bestellung auf und geht ihrer Wege. Ein kulinarisches Gespräch über Arbeitsethos, das "alte" Berlin und Techno als Nischenprodukt. Guten Appetit!

Steve, es ist gerade kurz nach halb zwei am Mittag für viele Musiker fängt der Tag jetzt erst an. Wie ist das bei Dir?
Ich habe heute schon Sport gemacht und ein bisschen Office Arbeit. Ich gehe immer früh ins Studio und höre dann um 22Uhr auf statt mir wie früher die Nächte um die Ohren zu schlagen. Ich bin dann einfach produktiver. Für mich ist also eher Mittagszeit als Frühstück angesagt.

Ist dein geregelter Arbeitstag der Grund warum man dich so selten im Berliner Nachtleben an den Reglern sieht?
Nein. Ich bin einfach extrem viel unterwegs. Außerdem habe ich mir, als ich im Jahr 2000 von Hamburg nach Berlin kam gesagt, dass ich nicht noch ein zugezogener DJ sein will, der sich dann ständig in allen Clubs zeigt. Ich habe anfangs zwar öfter auf unserer Pokerflat Reihe im Sternradio aufgelegt aber wir haben dann intern entschieden dass wir unsere Kräfte lieber bündeln für einige wenige Events. Dann macht es auch mehr Spaß zu spielen und die Leute sind nicht so schnell genervt. (lacht)

Apropos Spaß. Du kennst die Berliner Techno und Clubszene seit den Neunziger Jahren. Wie siehst Du die heutige Clublandschaft. Sehnst Du dich nach der alten Zeit als Techno noch subversiver Underground war?
Nein nicht wirklich. Natürlich bekommt man ab und zu nostalgische Anwandlungen. Ich habe mir letztens mit Freunden die Dokumentation „We Call It Techno“ angeschaut. Das war ganz lustig, aber wenn ich ehrlich bin: Ich möchte nicht mehr in Clubs spielen, wo eine Scheiß Soundanlage drin steht, Strobo und 'ne Nebelmaschine. Wo der Schimmel an den Wänden wächst und alles nach Feuchtigkeit stinkt. Das hat man alles gehabt und das muss echt nicht mehr sein.

Du hast also mit dem „alten“ Berliner Nachtleben abgeschlossen?
Es war okay am Anfang dabei gewesen zu sein und diese Seite von Berlin mitbekommen zu haben. Aber die Frage ist ja eher, wie sehen und erleben das die Kids von heute wenn sie in die Stadt kommen? Haben die auch das Gefühl, das etwas Kleines losgetreten wird, das wächst und man ist mittendrin, so wie wir das hatten. Man kann nicht abschätzen, ob es für die nicht weniger hysterisch ist als es für uns damals war.

Kinder hört gut zu!
[lacht] Mal ehrlich. Techno existiert mittlerweile schon so lange und das Ding war auch definitiv mal größer als heute. In den Neunzigern war es einem ja fast unangenehm zu sagen: Ich spiele House und Techno. Da dachten doch alle man ist Marusha. Nee, gut das dass vorbei ist. Ich bin sehr zufrieden mit der heutigen Zeit. Immerhin kann man auch wieder Deep House sagen, ohne geköpft zu werden. Das war auch nicht immer so. (lacht)

Foto ©: Hannes Caspar