Wir geben ja zu: Wissenschaft und sexy? Nicht gerade das, wo die Leute abgehen. Ein paar verdrehen die Augen – oder rennen weg. Nee, ist klar… Jetzt mal kurz auf Reset und umparken im Kopf.
Let me entertain you
Vergiss die Schule, Mathe, Physik, Zahlen. So ein Zeug. Alles, was dich daran früher genervt hat. Was jetzt kommt ist was völlig alles anderes: nämlich Show und Unterhaltung. Das Zauberwort heißt: Science Slam. Im Heimathafen Neukölln kamen fünf Slammer auf die Bühne. Vor ausverkauftem Haus präsentierten sie ihre Arbeit, 400 Leute waren da. Wie war das mit »unsexy«? Poetry Slam sagt dir was? Science Slam ist anders – völlig. Das Einzige, was sie gemeinsam haben: in beiden taucht »Slam« auf, das bedeutet »Wettbewerb«. Raus aus muffigen Hörsälen, rein ins hippe Neukölln. Die Techniker Krankenkasse (TK) förderte den Abend und holte fünf Nachwuchsforscher auf die Bühne. Die fünf Slammer zeigten, was Forschung kann. Das Motto das Abends, gleichzeitig Slogan der TK: »Fortschritt leben«. Das heißt: Leben und Gesundheit verbessern. Wo wir bei den fünf Forschern wären. Sie arbeiten an Projekten, die unser Leben verändern. Von Atomphysik bis Tiefenpsychologie ist beim Science Slam alles erlaubt. Zehn Minuten: soviel Zeit hatten die Nachwuchsforscher, um ihre Arbeit zu präsentieren. Als Rap, Dance oder Comedy. Wichtig war der Show-Faktor. Und den quittierte das Publikum dann mit Applaus. Wer am meisten davon bekam, hatte gewonnen. [030] hat mit einem der Forscher in der Pause gesprochen. Dennis Schulz, 28 Jahre, Physiker aus Heidelberg, sein Thema ist Tieftemperatur-Physik. What? Haben wir auch gesagt. Und ihn gefragt. Dennis: »Wir entwickeln Geräte, mit denen man Teilchen messen kann, um die Entstehung des Universums zu erforschen«. Okay, es geht also gleich an den Endgegner, das Universum. Puh! Dennis hat das Gerät, das man Detektor nennt, mit entworfen. In seiner Masterarbeit.
Show-Talente aus der Uni
Die übrigen Slammer können auch was: Jochen Müller, Biologe aus Berlin, („Ich glaub’ mich trifft der Schlag“) arbeitet an Geräten, mit denen man bei Schlaganfällen bessere Diagnosen bekommt. Geethanjali Pickert, Immunologin aus Mainz spricht über den Darm, der die Wurzel der Gesundheit ist. Auch interessant: Peter Westerhoff, Medizintechniker aus Berlin stellt „Instrumentierte Implantate“ vor. Der Gewinner des Abends war übrigens Simon McGowan (Bioverfahrenstechnik aus Hannover): „Pimp my bioplast“ hießt sein Thema, es handelt von neuen Kunststoffen. Moment, Plastik? Ja, aber Bio! Rainer Holl war der Moderator. Rainer ist, wie lustig, zufällig Poetry-Slammer. Das hat, wie er sagt, gar nichts mit Science Slams zu tun. Er sorgte mit seinen Sprüchen für Lacher im Publikum. Auch mit ihm haben wir gesprochen. Rainer: »Die Kernidee des Science Slams ist, Themen von morgen schon heute in den Fokus zu rücken«. Beim Thema Gesundheit, für das die TK steht, geht es darum neue, relevante, intelligente und digitale Lösungen zu entwickeln. Zum Beispiel durch medizinische Innovationen, neue Geräte etwa. Die TK will den Maßstab für die Digitalisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung setzen. Warum die Krankmeldung nicht per App verschicken, statt per Post? Mit dem Science Slam tourt die TK durch Deutschland. In diesem Sommer in acht deutschen Städten. Klar: Berlin durfte nicht fehlen. Raus aus der Uni, rein ins wahre Leben! Und vor allem: Fortschritt leben.
Fotos: © F. Frerichs / [030] Magazin