Das Verhältnis zwischen einem Autor und seinem Lektor ist ambivalent: Der Lektor muss das Talent des Autos erkennen, es aber gleichzeitig kanalisieren ohne die einzigartige Handschrift des kreativen Schöpfers dabei zu verfälschen. Und der Autor ist auf die Branchenerfahrung und das Gespür des Lektors angewiesen, um überhaupt veröffentlicht und so von einer interessierten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.
Um diese fragile Zweckgemeinschaft dreht sich auch dieses Biopic. Der Autor ist Thomas Wolfe und wird von Jude Law verkörpert, seinen Lektor Max Perkins spielt Colin Firth und ihre Geschichte ist im New York der 1920er Jahre angesiedelt. Perkins gilt als Entdecker der Schriftsteller-Legenden Ernest Hemingway und F. Scott Fitzgerald, die er beide für seinen Verlag erstmals unter Vertrag nahm. Als ihn ein Roman von Wolfe in Form einer wenig ansehnlichen Loseblattsammlung erreicht, erkennt er zwei Dinge: Das Talent des unkonventionellen Autors, und dass hier viel Arbeit auf ihn wartet, um das Werk in eine herausgebbare Form zu bringen. So sitzen beide tage- und nächtelang über Wolfes Debüt und aus diesem intensiven Ringen um Formulierungen entwächst schließlich eine Freundschaft. Der Roman „Schau heimwärts, Engel“ wird nach seiner Veröffentlichung ein voller Erfolg, Wolfe über Nacht zum Star und auch international als Genie gefeiert. Doch bei Wolfes nächstem Buch wartet eine noch größere Herausforderung auf Perkins, und die gemeinsame Arbeit daran stellt das freundschaftliche Verhältnis der Beiden auf eine harte Probe.
Ein Film über die Entstehung eines Buches stellt generell eine Gratwanderung dar. Denn Film lebt von ausdrucksstarken Bildern, die Literatur erst einmal nicht liefert. So gibt es auch hier das Problem, dass Regisseur Michael Grandage dem Zuschauer lediglich durch Zitieren begreiflich machen kann, warum Wolfes Prosa so einzigartig ist. Dies gelingt zwar recht gut, ist nur leider nicht besonders aufregend. Und auch das Aufeinandertreffen eines exaltierten Schriftsteller-Genies am Rande des Wahnsinns mit einem intellektuell zwar ebenso brillanten, aber etwas biederen Lektor hat man zwar mit anderen Berufen, aber in ähnlichen Konstellationen schon des Öfteren gesehen. Einiges wieder gut macht die prominente und gewohnt souverän aufspielende Besetzung mit Jude Law, Colin Firth und Nicole Kidman in einer – zugleich leider etwas stiefmütterlich angelegten – Rolle als Wolfes Freundin. So sind die Schauspieler dann auch das größte Plus dieses Schriftsteller-Lektor-Porträts, das ansonsten aufgrund seiner allzu braven und konventionellen Erzählweise nur bedingt zu begeistern versteht.
Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft
Länge: 104 Min.
Regie: Michael Grandage
DarstellerInnen: Nicole Kidman, Colin Firth, Jude Law
Kinostart: 11. August 2016