Antons Fest, Filmkritik, 030, berlin

Antons Fest – Auf einem restaurierten Gut "irgendwo an der Grenze zu Polen" treffen sich acht Personen, um den 30. Geburtstag eines gewissen Antons zu feiern. Darunter: Antons Mutter, Vater, Bruder, Schwester, deren Freund, Antons Ex-Frau, eine Freundin und der Gutshofbesitzer.

Schon in der ersten Szene des Films wird klar: Das Leben ist kein Ponyhof und das Zusammentreffen dieses bunten Haufens erst Recht kein Zuckerschlecken. Antons Vater beispielsweise ist vor 15 Jahren abgehauen und will nun alles wieder gut machen. Antons Mutter trinkt und rastet schnell mal aus, besonders wenn Antons Ex-Freundin – kettenrauchend und mit schwarzer Perücke – sie provoziert. Antons Bruder massiert der Mutter gerne mal den nackten Rücken, schließlich wohnt er mit 33 Jahren noch bei ihr und die Schwester des Gastgebers tut so, als ginge sie das alles nichts an. Nachdem der Schauplatz der Neurosen ziemlich schnell eröffnet ist, geht es hoch her.

Big Brother auf dem Bauernhof

Immer wieder brechen die Konflikte zwischen den einzelnen Protagonisten neu auf, der einzige, der sich raushält, ist – richtig – Anton. Der große Unbekannte ist wohl schon seit einiger Zeit von niemandem mehr gesehen worden und lässt auch jetzt auf sich warten. In diesem Punkt bleibt "<em>Antons Fest</em>" von John Kolya Reichart konsequent. Und das ist auch gut so, denn ansonsten wäre die Spannung des Films dahin. 

Antons Fest, Filmkritik, 030, berlin

Alle wollen sich streiten, nur der liebe Anton nicht. – Foto ©: Darling Berlin

Der Ludwigsburger Filmstudent – der während des Drehs mit seinen Schauspielern vier Wochen auf dem Hof zusammen gelebt hat – verlangt dem Zuschauer einiges ab: Die Geschichte versucht gar nicht erst, einen einzigen dramaturgischen Spannungsbogen aufzubauen, sondern funktioniert eher als ein in Einzelteile untergliedertes soziales Experiment, zusammengehalten durch den Willen, auf die Ankunft des Geburtstagskindes zu warten. Für das Drehbuch verfolgte Reichart zusammen mit dem Drehbuchautor Frank Hoffmann denn auch eine besondere Strategie: Sie teilten die Protagonisten untereinander auf und entwickelten deren Konflikte weiter, ohne sie sich zu erzählen. Erst später prallten so die Dramen aufeinander und manches Mal sieht das ein bisschen nach Übungen im Schauspielkurs aus. Dass die einzelnen Szenen dieser Neuinterpretation von Thomas Vinterbergs "Das Fest" aber dennoch im Großen und Ganzen funktionieren, liegt an dem stimmig gecasteten Ensemble und den authentischen Dialogen, die das Duo Reichart/Hoffmann den Mitgliedern in Mund legt. Am Ende gehen alle zusammen baden – da wird ausnahmsweise mal nicht gestritten, sondern versöhnlich geschwiegen.

Text: Cosima Grohmann

Antons Fest

Regie: John Kolya Reichart

Darsteller:

Andreas Bichler, Brigitte Böttrich, Milena Dreissig, Alexandra Finder,

Frank Jacobsen, Matthias Lier, Natalia Rudziewicz, Oliver Törner

 Kinostart: 4. Februar 2016