Sophie Scholl, Grab, Weiße Rose, Widerstand, Berlin, 030, CREDIT Dage:flickr Kopie (1)

Heute vor 76 Jahren wurden sie ermordet: Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst. Sie konnten nicht mehr zusehen bei der Vernichtung von Millionen unschuldiger Juden. Die drei jungen Studenten und ihre Freunde bezahlten mit ihrem Leben, weil sie nicht schwiegen. Eine Rekonstruktion.

Der Abschied

Der Vater beugt sich nochmal über die Absperrung. Noch eine Stunde bis zur Hinrichtung, Er umarmt seine beiden Kinder. „Ihr werdet in die Geschichte eingehen.“ Es wird so kommen. Seine Kinder werden in die Geschichte eingehen, sie werden historische Persönlichkeiten. Für immer 21 und 22 Jahre alt. Das Alter, in dem sie starben für ihr Land. Im Kampf gegen ein Verbrecher-Regime.

Das Flugblatt

„Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen.“

Ihr letztes Flugblatt hatten sie im Februar 1943 verteilt. Vor den Hörsälen, im Lichthof der Uni. Der Hausmeister hatte das gesehen und sie der Polizei übergeben. Hans und Sophie werden am 22. Februar 1943 hingerichtet. Zusammen mit ihrem Mitstreiter Christoph Probst. Sie hatten zusammen mit anderen mit friedlichen Mitteln gegen das System der Nazis gekämpft. Mit Worten.

Der Nazi-Staat

Hans war Medizinstudent. Sophie studierte Philosophie. Ihr Vergehen war, Flugblätter gegen Nazi-Deutschland verteilt zu haben. Das Land, in dem sie lebten, dass sie liebten, aber bei deren menschenverachtender Politik und Vernichtung von Millionen Juden sie nicht mehr zusehen wollten und konnten. Sie waren junge Menschen. Studenten, Freunde. Interessierten sich für Kunst,  Literatur und Musik. Sie taten nichts, außer das Unrecht anzusprechen. Aber in einem verbrecherischen Staat reicht das, um umgebracht zu werden.

Die Mehrheit

„Die aufrecht gehn sind in jedem System nur historisch hoch angesehn.“

„Die aufrecht gehn sind in jedem System nur historisch hoch angesehn“, diese Zeile hat Komponist Konstantin Wecker viele Jahre später über die „Weiße Rose“ gesungen. Weiße Rose, so nannten sich die Freunde. Sie stammten aus einem bürgerlich-liberalen Elternhaus, anfangs konnten sie sich sogar für die Nazis begeistern. Doch irgendwann nicht mehr. Und dann taten sie etwas, was der Großteil der Deutschen nicht tat. Wie die Mehrheit der Deutschen tatenlos zusah bei den Verbrechen, teilnahmslos oder als Profiteure des Systems, das ertrugen sie nicht mehr.

Der Anfang

Sie hatten den Mut, Flugblätter gegen das Naziregime zu verteilen. Und wiesen auf Massenmorde gegen Polen und Juden hin. „Einer muss ja schließlich damit anfangen“, sagte Sophie Scholl am Tag ihrer Hinrichtung. Einer muss ja damit anfangen. Sie sahen die Mitschuld dafür bei allen Deutschen, die nichts taten. „Sie haben geschrien, wo alle schwiegen. Obwohl ein Schrei nichts ändern kann. Aber es ging ums Tun und nicht ums Siegen“, singt Konstantin Wecker.

Die Botschaft

Die sechste Flugblatt-Aktion wird ihnen zum Verhängnis. Im Strafgefängnis München-Stadelheim sterben sie. Durch das Fallbeil. Jahrzehnte später entdeckt die Sophie Scholls Schwester zufällig eine letzte Botschaft, weder Gefängniswärter noch Gestapo hatten sie entdeckt. Auf der Rückseite der Anklageschrift stand sie, nur ein Wort. Mit Bleistift steht dort in kunstvollen Schwüngen geschrieben: „Freiheit.“

Sie wurden 21, 23 und 24 Jahre alt. Und werden es immer sein.

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Foto: © Dage:flickr