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In Polen werden Abtreibungen „Mord an ungeborenen Kindern“, „Völkermord“ oder „Triumph des Satans“ genannt. Sie sind nicht strafbar, führen aber zu Stigmatisierung der Frauen. Eine Ausstellung greift das Problem auf.

Abtreibungen sind tabu in Polen. Tausende schwangere Frauen suchen im Ausland Hilfe, oft in Deutschland. Mit dem Projekt „Borderline“ will das Online-Magazin „Cafébabel“ diese bedrückende Situation ausleuchten. 16 europäische Journalisten und Fotografen haben acht Arbeiten produziert, die das Leid der polnischen Frauen abbilden. Krankenhaus-Szenerien sind darauf zu sehen. Der Betrachter erkennt die Frauen zwar nicht, er spürt aber die Verzweiflung. Auf einem Bild sieht man nur die Füße einer Frau, die abgetrieben hat, sie liegt auf einem Krankenhausbett. An ihrer Hand hängt das Plastik-Armband mit ihrer Patienten-Nummer. Details, die vor dem Hintergrund des Themas starke Wirkung auf den Betrachter haben. Eine Auswahl aus den besten Fotografien wird im „Club der polnischen Versager“ in der Ackerstraße ausgestellt. Die Institution fördert den deutsch-polnischen Kulturaustausch.

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Eine polnische Frau, die abgetrieben hat. Foto: © Anna-Kristina-Bauer

Die Frau kann sterben

Das ist nicht das einzige Problem. Nach polnischem Recht dürfen Ärzte wegen einer „Gewissensklausel“ sich weigern, Verhütungsmittel zu verschreiben. Das ist oft die Ursache für weitere ungewollte Schwangerschaften, ein Teufelskreis. Er treibt die Frauen in Notlagen. Offiziell sind es etwa 1000 Abtreibungen jährlich, der Verband für Frauenrechte schätzt die Zahl auf 150.000. „In Polen zählt vor allem das Kind, erst danach kommt die Frau“, sagt Kasia, eine Frau aus Polen, die in Prenzlau (Brandenburg) ihre Abtreibung hat vornehmen lassen. „Die Frau kann sterben, aber Hauptsache sie bleibt (vorher) schwanger“, fügt Kasia hinzu und meint damit, dass die Geburt des Kindes wichtiger ist, als das Leben der Frau und ihr Tod billigend in Kauf genommen wird.

Erst das Kind

Bei der Vernissage werden die Journalisten und Fotografen vor Ort sein, von ihnen stammen die Werke. Sie informieren mit Fakten rund um die Arbeiten und ergänzen die Fotos mit Hintergrundwissen. Es gibt noch ein drittes Problem. Neben der „Gewissensklausel“ der Ärzte gibt es auch an Schulen große Defizite. Sexualkunde gibt es nicht und das hat Folgen. Anstelle der Aufklärung hat die Regierung das Fach „Erziehung zum Leben in der Familie“ eingeführt. Meistens wird es von Pfarrern unterrichtet. Für Kasia aus Polen war die Schwangerschaft aus mehreren Gründen ein Problem. Sie hat Krebs. „Ich wollte nicht schwanger werden, weil ich krank bin. Aber die Verhütungsmethode hat versagt“, sagt sie. Als der Gynäkologe von der Schwangerschaft erfährt, sagt er wütend, er sei nicht sicher, ob die Krankheit von der Schwangerschaft beeinflusst werden könne. Deswegen könne er nicht helfen. Fest steht: Polen hat ein Problem. Das zeigt die Ausstellung. Hier geht’s zu einem Tipp von uns.

Vernissage: “Borderline” 
19, Oktober, 19 Uhr
Club der polnischen Versager
Ackerstraße 168, 10115 Berlin

Mehr Infos findet ihr hier. 

Foto: © Anna-Kristina-Bauer