Achtung berlin, Filmfestival, 030 Magazin, berlin

Sie machen das Dutzend voll. Zum 12. Mal rollt das Festival Achtung Berlin – New Berlin Film Award der eigenen Stadt den roten Teppich aus und präsentiert was die regionale Filmszene im vergangenen Jahr geschaffen hat. Vom 13. bis 20. April werden über 70 Filme in den verschiedenen Sektionen "Spielfilm", "Dokumentarfilm", "Mittellanger Film", und "Kurzfilm" gezeigt. Eine thematische Vorgabe gibt es hierbei wie immer nicht. Die einzige Regel: jeder eingereichte Film muss einen Berlinbezug haben. Ob hinter oder vor der Kamera ist egal.

Die treffendsten Schlagwörter zum Festival liefert der hauseigene Trailer, in dem dutzende Filmemacher ihr eigenes, facettenreiches Bild vom Festival zeichnen. So nennt die Schauspielerin Amelie Kiefer, die in diesem Jahr auch Teil der Kurzfilmjury sein wird, das Festival "bodenständig glamourös", während Regisseur Christian Klandt es ganz liebevoll als "Geburtshelfer" betitelt. Das Festival Achtung Berlin ist schließlich nicht nur das zweitgrößte Festival der Stadt, sondern auch eine Bühne für Debüts, Experimente und Nischenprodukte abseits der Norm. So waren die Festivaldirektoren Sebastian Brose und Hajo Schäfer in der Vergangenheit essentiell an der Bekanntmachung vieler aufstrebender Filmemacher sowie der Berliner Mumblecore Bewegung beteiligt, der sie auch in diesem Jahr treu bleiben. Das Festival, das in fünf verschiedenen Kinos von Berlin bis nach Kleinmachnow stattfindet, widmet sich auf den unterschiedlichsten Wegen allen Aspekten unseres Hier und Heute. Für den Blick zurück ist die Retrospektive zuständig, die sich in diesem Jahr mit dem Thema "Berlin in Fashion – Modestadt Berlin" auseinandersetzt. Um bei der Preisverleihung am Ende des Festivals einen der begehrten 13 Preise zu erhalten, gilt es nicht, längst etabliert sein, man braucht keine staatliche Förderung und sich an keine Konventionen zu halten. Was es abzuliefern gilt, sind die guten Geschichten, die berührenden Bilder, das mutige Andere.

Unsere achtung berlin Filmtipps:

Rabbi Wolff

Darum geht es:

William Wolff ist der wohl ungewöhnlichste Rabbiner überhaupt. Mit beinahe 70 Jahren entscheidet sich der heute fast 90-Jährige dazu, noch einmal umzuschulen. "Rabbi Wolff" begleitet den außergewöhnlichen Mann voll Lebensenergie und Weisheit durch seinen rastlosen, sich ständig verändernden Alltag. Willy – wie ihn seine Freunde nennen – pendelt nämlich durch die Weltgeschichte. Sein Herz hängt an England, sein Job bringt in nach Mecklenburg, die Familie lebt aber in Israel. Überall, wo er hinkommt, zieht der betagte Rabbiner die Menschen mit seinen Worten und seinem Humor in seinen Bann. Und auch seine Art, das Judentum zu leben, ist so erfrischend und unkonventionell, wie er selbst.

Was du zum Film wissen musst:

Regisseurin Britta Wauer hat schon öfter Dokumentarfilme mit Schwerpunkt auf das Judentum und Leben von Juden gedreht. Sie traf William Wolff zum ersten Mal während ihrer Dreharbeiten für einen Film über den jüdischen Friedhof in Berlin Weissensee. Fasziniert von seiner Persönlichkeit und seinem Humor war schnell klar, dass der Rabbiner zum Mittelpunkt einer eigenen Dokumentation erklärt werden muss. "Seinetwegen könnte ich fromm werden!", schwärmt Wauer.

Termine bei achtung berlin:

Do, 14. April, 19:15, FaF 1

Fr, 15. April, 17:45, Tilsiter

So, 17. April, 18:00, Kammerspiele

 

Luca tanzt leise

Darum geht es:

"Luca tanzt leise" begleitet die Mittzwanzigerin Luca beim Versuch, ihrem Leben endlich eine neue Richtung zu geben. Abitur nachholen, die falschen Freunde loswerden, Prioritäten setzen. Doch allein der feste Wille genügt nicht. Luca muss erkennen, dass es sich gegen die Widrigkeiten in ihrem Leben immer neu zu beweisen gilt.

Was du zum Film wissen musst:

Berlin Mumblecore die Zweite. Sowohl für Regisseur Philipp Eichholtz, der mit seinem seinen Debütfilm "Liebe mich!" erst im vergangenen Jahr beim Achtung Berlin! Berlin-Premiere feierte, als auch für die Hauptdarstellerin Martine Schöne-Radunski, die bereits 2013 in "Käptn Oskar" von Tom Lass ihr Improvisationstalent unter Beweis stellte. Ein unerwartet ruhiger Berlinfilm über das Leben auf dem zweiten Bildungsweg.

Termine bei achtung berlin:

Fr, 15. April, 18:00, Babylon 1

Sa, 16. April, 22:15, Tilsiter

So, 17. April, 20:15, Babylon 3

 

Der Nachtmahr

Darum geht es:

Die 17-jährige Tina feiert mit ihren Freundinnen bei lauter Musik, Alkohol und Drogen. Eines Nachts hat Tina eine Art übersinnliche Erfahrung, die sie aus der Bahn wirft. Fortan begleitet sie ein unheimlich-aussehendes, grunzendes und gefressiges Wesen, das offenbar nur sie sehen und hören kann. Die Verbindung zwischen den beiden intensiviert sich und nimmt sowohl geistig als physisch ungesunde Ausmasse an.

Was du zum Film wissen musst:

Einen "Monsterfilm" nennt Akiz sein Spielfilmdebüt "Der Nachtmahr", in dem er die Grenzen zwischen Realität und Traum vermischt und der als erster Teil einer Trilogie zu den Themen "Geburt, Liebe, Tod" fungieren soll. Es handelt sich um ein Genrefilm aus Deutschland, der viele Parallelen zu US-amerikanischen Filmen wie "E.T." oder "Aliens" aufweist, ohne aber in einen moralisierenden Schluss zu verfallen. Neben der Hauptrollenträgerin Carolyn Genzkow wirken Julia Jenkins und Arnd Klawitter als peinliche, unfreiwillig komische Eltern besonders überzeugend.

Termine bei achtung berlin:

Fr, 15. April, 21:30, FAF 1

Di, 19. April, 21:15, FAF 5

 

Fado

Darum geht es:

Einer spontanen Eingebung folgend wirft Fabian seinen Job als Arzt in Berlin hin und reist seiner Ex-Freundin Doro nach Lissabon hinterher. In fremder Umgebung soll den beiden ein gemeinsamer Neuanfang gelingen. Doch Fabians Eifersucht lässt sich auch in Portugal nicht dämmen, wächst sich stattdessen nur immer mehr zur beunruhigenden Krankheit aus.

Was du zum Film wissen musst:

Intensive Bildsprache. Spärliche Dialoge. Atmosphäre eines Sonntagskrimis. Regisseur Jonas Rothlaender ist mit seinem Debüt ein Film zwischen Beziehungsstudie und Psychothriller gelungen. Wahn und Realität verschwimmen dabei für den Zuschauer ebenso wie für Protagonist Fabian. Mit einer Wertung hält der Film sich lange zurück. Rückt das Visuelle immer in den Vordergrund und bietet Fabians Eifersucht eine Bühne. Wen die Präsenz des Hauptdarstellers Golo Euler mitreißt, dem sei geraten, sich bei achtung berlin! auch "Die Verwandlung" in der Sektion "Mittellanger Film" anzusehen. Auch dort spielt das Nachwuchstalent die Hauptrolle.

Termine bei achtung berlin:

Sa, 16. April, 19:15, FaF 1

So, 17. April, 19:45, Babylon 2

So, 17. April, 20:15, Kammerspiele

 

Texte:  Teresa Vena, Cindy Böhme, Emily Grunert

 

Post tags: