Nicht noch ein Film, der sich am Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen abarbeitet! Das könnte einem bei der dänisch-deutschen Koproduktion „Unter dem Sand – Das Versprechen der Freiheit“ als Erstes in den Sinn kommen, die 2015 in Toronto ihre Weltpremiere feierte. Sehenswert ist Martin Zandvliets Historiendrama allerdings schon deshalb, weil es ein Kapitel in den Blick nimmt, das im Kino über die Nazi-Zeit bislang keine Beachtung gefunden hat.
Dänemark im Mai 1945: Nach dem Ende des Krieges wird eine Gruppe blutjunger deutscher Soldaten dazu gezwungen, an einem Nordseestrand Nazi-Tretminen aufzuspüren und unschädlich zu machen. Unter den Argusaugen des Feldwebels Carl Rasmussen (Roland Møller) kriechen die schlecht ausgebildeten Jugendlichen durch den Sand und müssen jede Sekunde damit rechnen, sich selbst in die Luft zu sprengen. Da sie kaum Essensrationen erhalten, lässt ihre Konzentration rapide nach. Und schon bald kommt es zu einem ersten dramatischen Zwischenfall, der den dänischen Aufseher langsam ins Grübeln bringt. Vor allem der besonnene Sebastian (Louis Hofmann) findet Zugang zu Rasmussen, der nach fünfjähriger Nazi-Besatzung eigentlich alle Deutschen verabscheut.
Knapp 2,2 Millionen Landminen ließ Hitler aus Angst vor einem Einfall der Alliierten an den Küsten des Nachbarlandes vergraben – mehr Sprengkörper als im gesamten Rest Europas. Pittoreske Strände waren folglich auch nach Abschluss der Kriegshandlungen noch gefährliche Todeszonen, in denen zahlreiche Minensucher, darunter viele junge Menschen, ums Leben kamen. Nicht nur in Dänemark, sondern auch hierzulande ist wenig über diesen Einsatz bekannt, dem Regisseur und Drehbuchautor Martin Zandvliet nun erfreulicherweise zu etwas mehr Aufmerksamkeit verhilft. Erzählerisch verläuft das in erdig-ausgewaschene Farben getauchte Kriegsdrama größtenteils in konventionellen Bahnen. Zeigt sich Rasmussen anfangs als unnachgiebiger Schleifer ohne Mitgefühl, schlittert der Unteroffizier mit der Zeit in einen Gewissenskonflikt, da er begreift, dass die ihm anvertrauten Soldaten als billiges Kanonenfutter missbraucht werden. Inmitten einer unnachgiebigen Atmosphäre erwacht ein Stück Menschlichkeit, wobei der Film die Wandlung des Feldwebels leider nicht sorgfältig genug herausarbeitet und gegen Ende ein wenig überhastet erscheint.
Dass „Unter dem Sand“ trotz dieser Schwächen zu fesseln weiß, liegt an den durchweg überzeugenden Darstellern und einigen ergreifenden Gesprächsmomenten, in denen die trügerische Hoffnung der Jungen auf ein normales Leben aufblitzt. Wie ernst Zandvliet seine Geschichte nimmt, zeigt sich auch daran, dass der Filmemacher manchmal nicht vor drastischen Bildern zurückschreckt, die dem Zuschauer die missliche Lage der Protagonisten schonungslos vor Augen führen.
Länge: 101 Min.
Regie: Martin Zandvliet
Darsteller:
Roland Møller, Mikkel Boe Følsgaard, Louis Hofmann, Joel Basman,
Oskar Bökelmann, Emil Belton, Oskar Belton, Leon Seidel, Karl Alexander Seidel, Aaron Koszuta