Megaloh, HipHop, Regenmacher, 030, interview

Megaloh ist mit drei Monaten nach Berlin gekommen und hier aufgewachsen. Ein Moabiter Junge. Er rappt seit 20 Jahren und hat bereits mit Max Herre, Samy Deluxe, K.I.Z, Fler und Xavier Naidoo gearbeitet. Und trotzdem muss er morgens um vier aufstehen, um im Paketlager zu arbeiten. Das soll sich mit seinem neuen Album „Regenmacher“, welches Anfang März erscheint, ändern.

Im ersten Track „Regenmacher“ auf dem gleichnamigen Album beantwortest du die Frage, ob du noch beim Paketdienst arbeitest damit, dass man dich morgens um 4 immer noch im Bus trifft. Ist das generell deine Zeit, weil du ein Nachtmensch bist oder würdest du um diese Zeit eigentlich lieber schlafen?

Ich schlafe ja nachts, ich stehe nur richtig früh auf. Früher habe ich eher so gelebt, dass ich nachts wach war. Jetzt ist es so, dass ich nicht wirklich spät ins Bett gehen kann, weil die Nacht eben sehr kurz ist. Das was ich früher nachts gemacht habe, muss ich jetzt tagsüber machen: Studioarbeiten, texten etc. Wenn ich die Nacht dann doch mal durch mache, weiß ich, dass ich am nächsten Tag richtig gerädert bin. Früher habe ich sogar noch Doppelschichten geschoben, das war hart. Da habe ich abends um zehn angefangen, bis um zwei gemacht, hatte dann ein paar Stunden Pause und habe um fünf wieder losgelegt. Das war allerdings bevor ich mit der Musik Geld verdient habe. Ich hoffe natürlich, dass das immer weniger wird und mit der neuen Platte der Job vielleicht auch komplett wegfallen kann.

Wenn du dort am Paketband stehst, ist das ein Ort, an dem du Textideen sammeln oder dich zum Aufschreiben zwischendurch zurückziehen kannst?

Also ausruhen kann ich mich überhaupt nicht. Wir haben da nicht eine Sekunde Pause. Du bist die ganze Zeit damit beschäftigt Pakete von A nach B zu hieven, auszuladen und aufs Band zu legen. Aber dadurch kannst du den Kopf ganz gut frei machen. Es ist eine sehr routinierte Arbeit, bei der du abschalten kannst. Es ist auf jeden Fall schon vorgekommen, dass ich während der Arbeit komplette Strophen im Kopf geschrieben habe. Eigentlich ist es also ganz gut, dass die Arbeit so körperlich ist, dann bleibt der Kopf frei für Gedanken.

Wie sehen deine optimalen Schreibbedingungen aus?

Eine gewisse Ruhe ist auf jeden Fall nötig. Zu wissen, dass ich in der nächsten Stunde keinen Termin habe, dass mich niemand anrufen kann, weil ich das Handy entweder ausgemacht oder weggelegt habe. Genügend Musik, genügend Kräutertee und dann läuft das. (lacht) Generell reicht mir ein Umfeld, wo ich weiß, dass ich mich da wohlfühlen kann. Das muss nicht unbedingt zu Hause sein. Ich schreibe auch gerne mal draußen, in der Natur. Wenn ich Zeit habe und das Wetter gut ist, setze ich mich manchmal in den Park. Das hat dann noch einmal einen ganz anderen kreativen Einfluss auf die Texte.

Trifft es bei dir zu, dass Menschen die viel schreiben, auch viel lesen?

Ich habe früher sehr viel gelesen. Das war auch teilweise ein Mittel meiner Mutter mich von schlechten Einflüssen fernzuhalten, mich nicht so oft auf der Straße zu sehen. Ich habe sie oft zu ihren Einkaufstouren begleitet und mich in der Bücherei absetzen lassen, wo ich Comics und Bücher gelesen habe. Aber auch in den Ferien habe ich früher viel gelesen. Und das auch gerne. Leider fehlt mir dafür mittlerweile die Zeit. Ich habe jahrelang kein Buch mehr zu Ende gelesen. Man liest ja auch viel im Internet. Ich denke aber, ich zehre immer noch vom vielen Lesen in der Kindheit. Es war schon recht wichtig, dass ich früh mit Wörtern in Berührung gekommen bin.


Weil du gerade die Comics angesprochen hast: auf deinem neuen Album ist der Track „Zapp Brannigan“ nach einer Figur aus Futurama benannt. Ist das eine Serie, die du feierst?

Nee, eigentlich nicht. Ich kenn die Serie natürlich, habe das auch mal wie z.B. Simpson geguckt. Aber es war eigentlich eher die Figur des Zapp Brannigan die mich gereizt hat. Ghanaian Stallion ist Futurama-Fan und hat mich auch erst auf die Idee gebracht. Nachdem wir Dr. Cooper und Yogibär auf der letzten Platte gebracht haben, dachten wir, dass das doch ganz gut passen würde. Gerade auch, weil ich besonders bei Selbstbeweihräucherungssongs gerne mit einem Augenzwinkern ran gehe und als Metapher jemanden heranziehe, der auch denkt, er ist der krasseste, aber eigentlich voll viele Macken hat. Sheldon Cooper aus der Big Bang Theory ist dafür ein gutes Beispiel. Der hat unglaublich viele Marotten und ist sozial schwer anpassungsfähig, aber er ist  trotzdem ein krasses Genie. Bei Zapp Brannigan ist das ähnlich. Er ist eine Art General der nie Hosen trägt und sich für den Größten hält. Letztendlich ist er aber gar nicht so krass, wie denkt. Auch dieses Bild, dass er keine Hosen trägt, hat etwas davon, wie ich mich in meiner Musik nackig mache, Ehrlichkeit über alles stellen und auch mal über Sachen spreche, die mir vielleicht nicht immer angenehm sind.

„Regenmacher“ ist wieder ein Album mit einigen Features (Joy Denalane, Max Herre, Tua, Maxim, Jan Delay, Musa, Motrip, Patrice). Was ist zu erst da: die Songidee und die Überlegung, wer dazu passen könnte oder der Feature-Wunschgast, mit dem das Songthema in der Folge entwickelt wird?

Ich habe auf diesem Album Features eher als Farben betrachtet. Klar, wenn man die Liste liest, könnte man schon denken, ok, das sind schon extrem viele Gäste. Wenn man sich aber die Platte anhört wird man merken, dass das meistens kurze Passagen sind. Es ist nicht so, dass jeder Künstler eine komplette Strophe samt Refrain macht. Manchmal ist es nur ein Refrain oder ein Outro-Part oder ähnliches. Tatsächlich steht meistens erst die Songskizze oder der Beat, also meine Idee zu dem Track, und dann gucken wir, was es braucht, um diesen Song fertig zu machen. Oft ist es dann eben eine Farbe die eine andere Stimme hinzufügt oder jemanden mit einem anderen künstlerischen Backround, der einen anderen Inhalt zu geben hat. Genau danach haben wir die Features eigentlich ausgewählt.

In „Wohin“ feat. Musa geht es um einen Flüchtling. Ich nehme an, der Song ist der aktuellen Situation gewidmet? Setzt du dich auch sonst für das Thema ein?

Nicht so viel, wie ich könnte. Ich war auch schon beim LaGeSo und habe Sachen abgegeben, denke aber, dass da auf jeden Fall noch mehr geht und sehe da auch klar die Verantwortung bei mir. Am Wochenende erst hat mir Ronny Trettmann erzählt, dass er einmal pro Woche mit ein paar Jungs Tischtennis spielen geht. Und das ist etwas, was letztendlich gar nicht so viel Aufwand ist, aber den Leuten viel gibt. Man muss sich eben keinen Arm abhacken, um etwas zu tun. Ich denke, da könnte jeder bei sich ansetzen und schauen, was man noch so alles machen könnte, mich eingeschlossen. Gerade als Künstler hat man aber meiner Meinung nach auch eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung. Diesen Song, habe ich ja auch schon 2014 geschrieben, zu einer Zeit, wo das Thema noch nicht ganz so dominierend bei uns war. Ich habe das Thema schon länger aus der Ferne betrachtet und mir meine Gedanken dazu gemacht. Vielleicht auch einfach weil ich es kenne, von der Gesellschaft nicht unbedingt von Anfang an integriert zu werden. Zum anderen, weil meine Mutter in ihrer Studentenzeit in Nigeria einen Bürgerkrieg mitgemacht hat und innerhalb des Landes fliehen musste. Auch sie musste Familie zurücklassen. Sie spricht da nicht viel drüber, aber die Geschichte hat mich zusätzlich für das Thema sensibilisiert. Außerdem wird in den Medien gerade zu viel über Statistiken geredet, es werden Prognosen erstellt und Kapazitäten errechnet. Dabei wurde einfach versäumt persönliche Geschichten zu erzählen und eine Informationstransparenz zu schaffen, damit der Bürger hier nicht Angst vor einem Gedankenkonstrukt hat. Eine Verbindung zu den Menschen muss geschaffen werden, um den Mensch als Mensch zu betrachten.

Megaloh, HipHop, Regenmacher, 030, interview

Megaloh macht sich über vieles Gedanken. – Foto ©: Robert Winter


Wie verbringst du deine Zeit, wenn du nicht arbeitest, im Studio oder auf Tour bist?

Ich mache gerne Sport, Fitness. Ich wollte eigentlich auch wieder mit Kampfsport anfangen, aber aktuell reicht die Zeit leider gerade nicht. Ansonsten einen guten Film gucken, Serien mag ich auch sehr. “The Wire“ oder “Breaking Bad“ feier ich zum Beispiel sehr.  

Du bist in Moabit aufgewachsen. Was geht da so? Hast du Lieblingsecken?

Also es gab früher ein Jamaikanisches Restaurant „Soon Come“, das war der legendäre Treffpunkt von uns. Da habe ich Max Herre zum ersten Mal kennengelernt, da habe ich mit meinen Moabiter Jungs gechillt und die WM 2006 dort verbracht, gut gegessen und gut getrunken. Ansonsten ist Moabit für mich eher so ein privates Ding, da wohnen halt meine Kumpels mit denen ich aufgewachsen bin. Es gab früher mal am S-Bahnhof Tiergarten einen Club der hieß „Funana“, der war ziemlich berüchtigt, weil er ständig geschlossen hatte und alle zwei Wochen der Besitzer wechselte. Da waren wir ab und zu, am Ende des Abends, wenn sonst um 4 Uhr morgens nirgends mehr was ging. Dann gibt es noch den Bierkeller, da war ich auch öfter mal. Wobei ich nicht der Biertrinker bin. Da bin ich lieber bei Kumpels zu Hause mit einer Whiskeyflasche und der Musik die ich hören und mit den Leuten mit denen ich reden mag.

Was steht in den nächsten Wochen, abgesehen von der Album-VÖ und der Tour, an, worauf du dich besonders freust?

Ich freue mich natürlich auf den Festivalsommer. Ich spiele seit drei Jahren das gleiche Album, ich habe Bock neue Mucke zu präsentieren. Auf`s Frauenfeld und Summerjam habe ich besonders Lust. Ansonsten fliege ich bald für zwei Wochen mit Viva con Agua nach Uganda und begleite dort ein Brunnenbauprojekt, dass die Menschen in der Region mit Wasser versorgen soll. In dem Zusammenhang arbeite ich auch mit ein paar Künstlern vor Ort, wie z.B. mit Bebe Cool, mit dem ich dann auch ein Konzert gebe. Es wird spannend zu sehen, wie die Menschen, die mich nicht kennen und meine Sprache nicht verstehen, auf die Musik reagieren.

Gibt es in Kürze eine Veranstaltung, die unserer Leser auf keinen Fall verpassen sollten?

OG Maco spielt auf der CTM (Anm. d. Red.: 06.02., 23 Uhr, Yaam). Das ist ein Künstler den sicher die kennen, die sich mit Trap beschäftigen. Unbedingt anschauen. Ich plane auch, dort vorbei zu gehen. (Weitere Empfehlungen zur CTM gibt es hier)

Bist du sonst noch viel auf Partys unterwegs?

Nee, die Zeiten sind ein bisschen vorbei. Ist ja auch immer das Gleiche. Berlin ist auch nur ein Dorf. Und wenn man zu lange zu einschlägig auf Partys unterwegs war, dann sollte man vielleicht ein bisschen Gras über bestimmte Sachen wachsen lassen. (lacht)

 

Megaloh “Regenmacher“ erscheint am 4. März bei Nesola/Universal Music.

„Regenmacher“ – Clubtour zum Release:

02.03. STUTTGART – FREUND & KUPFERSTECHER 

03.03. MÜNCHEN – CRUX 

04.03. KÖLN – YUCA 

05.03. BERLIN – YAAM 

06.03. HAMBURG – KLEINER DONNER 

www.megaloh.de

Fotos ©: Robert Winter