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Fünf Schwestern ein letztes Mal vereint © Weltkino

[030] Filmkritik: Mustang

Die Sonne strahlt mit den fünf bezaubernden jungen Schwestern um die Wette, als sie beschließen nicht mit dem Schulbus nach Hause zu fahren, sondern gemeinsam mit ihren Mitschülern den Weg entlang am Strand des Schwarzen Meeres zu nehmen. Sie albern herum, raufen, schreien, toben und lachen. Rennen losgelöst ins kühle Nass und bekämpfen einander kichernd auf den Schultern der Jungen. Ihre Kleider trocknen auf dem Weg, auf dem sie den Garten des Nachbarn kreuzen und einige herrlich reife Äpfel von den Bäumen pflücken, bis der sie vertreibt.

Zuhause angekommen, ahnen sie nicht, dass mit diesem Tag ihr bisheriges Leben abrupt ein Ende finden wird. Onkel und Großmutter, bei denen sie nach dem Tod der Eltern aufwachsen, sorgen sich um den Ruf der Familie in einer Gesellschaft, in der die Grenze zwischen spielenden Mädchen und lüsternen Nymphen fließend zu verlaufen scheint. Zur Schau sollen sie sich gestellt und damit den Ruf der Familie beschädigt haben. Die Erziehungsberechtigten nehmen die Mädchen von der Schule und beginnen damit, Hochzeiten zu arrangieren. Die freiheitsliebenden, wilden Mädchen wehren sich. Gemeinsam und jede für sich, um das sich zuschnürende Korsett zu lockern. Ein Kampf für ihr Recht auf Leben. Wie selbstverständlich emanzipieren sie sich – und stehen doch ohnmächtig einer Umgebung gegenüber, die sich leichter weiter verschließt, als sich zu öffnen.

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Die Schwestern wissen nicht, was sie falsch gemacht haben © Weltkino

Dramaturgisch, so Regisseurin Deniz Gamze Ergüven, sei "Mustang" ein Gefängnisfilm. Eine Metapher, wie so vieles in dem Coming-Of-Age-Drama. Schon der Filmtitel beschreibt die Geschwister als ungestüme, wilde Tiere, die gegen das Eingesperrtsein aufbegehren. Gefangen hält sie eine Gesellschaft, die den Kompass verloren hat, wenn es um die Einordnung von Frauen und deren Benehmen geht. Die von Männern dominierte Welt quetscht die jungen Frauen in Rollen des Gehorsams – und das noch ehe sie die Pubertät erreichen. Dank ihres wundervollen Casts und einer grandiosen Kameraarbeit von David Chizallet und Ersin Gok konterkariert Regisseurin Deniz Gamze Ergüven die erdrückenden Umstände und entwickelt Momente großer Zärtlichkeit und Geborgenheit zwischen den Schwestern, die sich aufrecht ihrer Welt stellen und den Kampf um ihrer selbst Willen aufnehmen. Auch wenn die türkisch-stämmige Regisseurin, die zwar in Ankara geboren, aber in Frankreich aufgewachsen ist, biographische Bezüge ebenso verneint, wie die Inspiration durch Sofia Coppolas "The Virgin Suicides", scheinen die beiden Filme doch miteinander verwandt, da sie nicht nur die vielköpfige Geschwister-Konstellation, sondern vor allem diese trotz der dramatischen Zuspitzung der Ereignisse beschwingte Stimmung teilen. Als stelle Ergüven der rückständigen Männerwelt eine Frauenwelt voller Schönheit entgegen, die irgendwann Siegen muss.

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Fünf Schwestern ein letztes Mal vereint © Weltkino

Das Werk begeisterte in der die Quinzaine des Réalisateurs von Cannes ebenso wie bei seiner Deutschland-Premiere beim Filmfest Hamburg, am Wochenende könnte bei den Oscars, wo „Mustang“ als bester fremdsprachiger Film ins Rennen geht, die Krönung folgen. Er verdient ein aufmerksames und waches Publikum, das die Kritik der bezaubernden Bilder mit zurück nimmt und beginnt Dinge zu ändern. Viele Mädchen, die vielleicht noch nicht geboren sind, werden es danken. Text: Denis Demmerle

Mustang

Regie: Deniz Gamze Ergüven

DarstellerInnen:

Doğa Zeynep Doğuşlu, Güneş Nezihe Şensoy, Doğa Zeynep Doğuşlu, Elit İşcan,

Tuğba Sunguroğlu, İlayda Akdoğan, Nihal Koldaş, Ayberk Pekcan, Burak Yiğit

Kinostart: 25. Februar 2016

 

 

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