der Nachtmahr, AKIZ, BERLIN, TECHNO, film, Kritik

Obwohl in letzter Zeit einige Regisseure bemüht sind, das deutsche Kino um düster-fantastische Filme zu bereichern, fällt das von Achim Bornhak unter dem Pseudonym Akiz gedrehte Coming-of-Age-Horrordrama „Der Nachtmahr“ noch immer in die Kategorie „Exotische Erscheinungen“. Wann, bitteschön, kommt man hierzulande zwischen all den konfektionierten Komödien und erbaulichen Geschichtsstoffen schon mal in den Genuss eines pulsierend-mysteriösen Teenage-Angst-Trips, der sich auf den expressionistischen Stummfilm der 1920er Jahre bezieht?

Der Alltag der 17-jährigen Tina (überzeugend: Carolyn Genzkow) ähnelt dem Leben vieler Heranwachsender, die ihr Abitur vor Augen haben. Mit Partys und lauten Beats schlagen sich die Teenager die Nächte um die Ohren. Gerne auch an verbotenen Orten wie einem Schwimmbad, das sich kurzerhand in eine Techno-Oase verwandelt. Als Tina während einer ausgelassenen Feier von unheimlichen Visionen befallen wird und kurz darauf ein seltsames Geschöpf entdeckt, das offenbar nur sie erkennen kann, verliert sie mit einem Mal den Boden unter den Füßen. Während die überforderten Eltern (Arnd Klawitter und Julia Jenkins) einen Psychiater (Alexander Scheer) zu Rate ziehen und ihre Freundinnen zunehmend auf Abstand gehen, nähert sich die anfangs verunsicherte Tina ihrem nächtlichen Besucher, einer buckligen Kreatur mit blinden Augen, mehr und mehr an.

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Tina (Carolyn Genzkow) zwischen Abistress und Technobeats. © Koch Media/FilmAgentinnen

Der Film hat durchaus seine Schwächen. Vor allem dann, wenn klischierte Nebenfiguren wie Tinas Eltern auf den Plan treten und die beklemmende Atmosphäre durch merkwürdige Verhaltensweisen plötzlich ins Lächerliche kippt. Nichtsdestotrotz ist „Der Nachtmahr“ im wahrsten Sinne des Wortes ein Erlebnis, das – verglichen mit manch anderem deutschen Kinobeitrag – eine erstaunliche Sogwirkung entfaltet. Isochromatische und binaurale Sounds nehmen den Zuschauer gefangen und entführen ihn in eine entrückt erscheinende Partywelt, die mit der Zeit alptraumhafte Züge annimmt und an den Psychohorror eines David Lynch erinnert. Böse Vorahnungen zeichnen sich ab. Logische Strukturen werden außer Kraft gesetzt Und das Geschehen bleibt bis zum Schluss für unterschiedliche Deutungen offen.

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© Koch Media/FilmAgentinnen

Anstatt die Ängste und Sorgen junger Menschen in einen betont seriösen Problemfilm zu packen, setzt Regisseur und Drehbuchautor Akiz auf symbolisch aufgeladene Bilder und fantastische Motive, die uns das turbulente Seelenleben der Protagonistin nachempfinden lassen. Äußerst gelungen ist dem Filmemacher und seiner Crew das titelgebende Wesen, eine Mischung aus E.T. und verkrüppeltem Embryo, das – so widersprüchlich es auch klingen mag – abstoßend und niedlich zugleich aussieht. Selbst wenn nicht alle Rädchen ineinandergreifen, ist eines offensichtlich: Genre-Experimente wie dieses stehen dem häufig eintönigen deutschen Kino gut zu Gesicht!

Der Nachmahr
Länge:
88 Min.
Regie: Akiz
Darsteller: Carolyn Genzkow, Sina Tkotsch, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Arnd Klawitter, Julika Jenkins, Lynne Femme, Alexander Scheer

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