Vater, Mutter und Kind wohnen in einem Bunker mitten in den Wäldern. Auf der Suche nach Ruhe, um sich auf seine Abhandlung über ein Thema der Teilchenphysik konzentrieren zu können, mietet sich "der Student" bei ihnen ein. Doch die versprochene Ruhe findet er nicht, "der Student" wird sogleich mit der Erziehung des achtjährigen Klaus betraut. Er löst dabei den Vater im Hausunterricht ab, um den Jungen, "der schließlich mal Präsident (der USA) werden soll", für seine Lebensaufgabe vorzubereiten.

Als eine wesentliche Fertigkeit sehen die Eltern die Kenntnis aller Länder der Welt und deren Hauptstädte an. Klaus stellt sich als schlechter Schüler heraus. Mit einer Spickaktion können die Eltern vorübergehend überlistet werden, doch als der Vater beim Essen fragt: "Klaus, was ist die Hauptstadt von Nigeria?", fällt die List wie ein Kartenhaus in sich zusammen, denn "Mamachussets" ist es definitiv nicht. Fortan zieht der unter Druck gesetzte "Student" bei seinem Schüler neue Saiten auf und siehe da, der Gebrauch körperlicher Züchtigung fruchtet. Eine zweite Handlungsebene, die sich um die Figur der Mutter dreht, konterkariert die "Familienidylle". Sie glaubt sich von einem Geist beherrscht, der aus ihrer offenen Wunde am Bein zu ihr spricht und ihren vergrämten-depressiven Charakter anleitet. Der deutsch-griechische Regisseur Nikias Chryssos hat mit "Der Bunker" ein stilsicheres, äußerst komisch-absurdes Spielfilmdebüt geschaffen. Die sorgfältig ausgewählte Einrichtung der Wohnung und Kleidung erinnern an die 1970er Jahre und geben dem Film eine sympathisch-altmodische Erscheinung. In seiner Grundhandlung liest sich der Film wie eine Parodie ¸ber Erziehung und Bildung. Die heute verpönte Vorstellung, Kinder mit Hilfe von körperlicher Züchtigung, sei sie noch so banal wie eine Ohrfeige, Ohrenziehen oder Klaps auf den Hintern, zu erziehen oder zum Lernen anzutreiben, liegt der Geschichte zu Grunde. Erst als seine Hände blutig geschlagen werden, kann sich Klaus (Daniel Fripan) die Hauptstädte der Welt merken. Mit der Züchtigung entwickelt er richtig Spaß am Lernen. 

Familienidylle im Bunker - Foto ©: Kataskop Filmproduktion & Geßendörfer Film- und Fernsehproduktion KG © 2015

Familienidylle im Bunker – Foto ©: Kataskop Filmproduktion & Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion KG

Auch die Ambitionen des "Studenten", der keinen eigenen Namen hat, werden vom Autor belächelt. Und zuletzt mockiert sich der Film über den Drang, für jede Leistung einen Beweis in Form eines Diploms oder einer Urkunde besitzen zu wollen. Die Eltern stellen dem "Studenten", um ihn wieder los zu werden, ein Proforma-Zeugnis aus, das das Ende des Abenteuers anzeigen soll. Die Handlung des Films erzählt der Autor mit viel Witz, Sinn fürs Detail und mit einem Geschmack fürs Absurde. Die Besetzung mit Daniel Fripan, der den zerknirschten, bleichen Achtjährigen als Erwachsenen erstaunlich glaubwürdig spielt und insbesondere mit David Scheller als Vater könnte optimaler nicht sein. Scheller übermittelt den trockenen, etwas naiven Humor des Films mit Bravour. Deswegen ist es schade, dass seine Figur, wie auch die der Mutter, nicht mehr ausgebaut wurden. Der Vater, der "auch Diplome besitzt" und sich beim Eintreffen des Studenten auf den "geistigen Austausch von einem Intellektuellen zum anderen" freut, erprobt sich nämlich auch als Hobbyclown, malt sich Abend für Abend das Gesicht an und rezitiert seine neusten Witze. Dem Film hätte es gut getan, sich beispielsweise mehr auf diesen Aspekt zu konzentieren. Dennoch ist der Bunker eine wunderbar skurrile Komödie, wie sie im deutschen Kino zu – seinem Schaden – nur selten vorkommt. Einzelne Szenen, haben das Potenzial, Kultstatus zu erlangen. – Text: Teresa Vena

Der Bunker

Regie: Nikias Chryssos

Darsteller: Pit Bukowski, Daniel Fripan, Oona von Mandel, David Scheller

Kinostart: 21. Januar 2016

In Zusammenarbeit mit Berliner Filmfestivals.

 
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