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Im Schmelztiegel zwischen den Stühlen – Sepalot im Interview

Blumentopf sind seit 17 Monaten Geschichte. Da muss man Beatbastler Sepalot auch nicht mehr mit Fragen zu seiner Ex-Band belästigen, wenn man sich anlässlich seines fünften Soloalbums „hide&“ trifft. Darauf ist zwar eine Affinität zum Loop und zum Viervierteltakt hörbar, ebenso jedoch moderne elektronische Musik. Wir fachsimplen von Genrebegriffen, Sampling und so.

Auf „Chasing Clouds“ folgte dein letztes Album „Black Sky“. Jetzt heißt die erste Single „Hard Rain“. Es wird immer düsterer.

„Black Sky“ war wirklich düster. Ich weiß gar nicht, was ich da ausgelebt habe, mir ging es eigentlich fantastisch zu dieser Zeit. „hide &“ hat eigentlich sehr viel Licht. „Hard Rain“ ist ein Codewort für Bombenhagel im zweiten Weltkrieg gewesen. Der Text vertritt, ohne zu explizit zu sein, eine pazifistische Botschaft. Das ist natürlich ein melancholischer Song.

Du warst schon vor 10 Jahren auf einer Rush Hour-Compilation namens „Beat Dimensions“ vertreten, die den Sound, der heute als „Future Beats“ bezeichnet wird, maßgeblich geprägt hat. Fühlst du dich unter diesem Label adäquat eingeordnet?

Genrebegriffe sind schwierig geworden, weil es heute dermaßen viele Mikrogenres gibt. Im Graubereich zwischen Instrumental HipHop und Downtempo Electronica kursieren dann solche Begriffe. Diese Compilation hat da sehr früh eine Fahne reingesteckt und ich finde es rückwirkend interessant, wie sich die Leute, die daran beteiligt waren (u.A. Hudson Mohawke u. Tom Trago, Anm. d. Red.) seither entwickelt haben.

Im Electronica-Bereich scheinen sich Hörer bewusst zu sein, dass Genreübergänge immer fließend sind. Klassischer Instrumental HipHop möchte aber manchmal ungern mit Soulection- oder NinjaTune-Acts in einen Topf geworfen werden.

Ich nehme da keine Trennung wahr, da es inzwischen erfolgreiche Künstler gibt, die genau dafür das Bindeglied sind. Ta-Ku zum Beispiel verwendet noch so ein Boombap-Sample-Feeling, aber auch Elemente, die Flume oder Kaytranada oder House-Produzenten verwenden. Der schließt diese Lücke total krass. Wenn man von der Uptempo Electronica Seite ausgeht, gibt es wiederum auch Acts wie beispielsweise Bonobo, die Sampling- und Boombap-Ästhetik verwenden, obwohl sie ganz klar ein anderes Genre vertreten.

Obwohl du aus dem HipHop-Bereich kommst, würdest du deine Musik demnach wohl nicht als Instrumental HipHop bezeichnen.

Was viele Instrumental HipHop nennen, finde ich leider oft künstlerisch langweilig, wenn es bedeutet, da ist ein Beat und es rappt niemand darüber. Dann hat der Produzent sich nicht den Raum genommen, das Stück auszufüllen. Ich liebe die Beat-Loop-Ästhetik total, wenn es aber auch noch so arrangiert wird, als wäre es ein Rapsong, nur konnte man keinen Vokalisten finden, dann ist das schade. Dann war man nicht in der Lage, den guten Loop zu Ende zu denken und einen ganzen Song daraus zu bauen. Techno- und House-Produzenten dagegen machen auch loopbasierte Musik, es klingt aber kein Loop exakt wie der vorherige, sondern wird ständig durchmoduliert. Es gibt wenige Leute, die Instrumental-Musik, die aus dem HipHop kommt so begreifen und so arrangieren können.

Wie zuträglich ist es der Hörerschaft und den Bookings, zwischen den Stühlen zu sitzen?

Ich merke dadurch, dass ich mit sehr unterschiedlichen Musikern zusammenarbeite immer wieder, wie viel vom Blickwinkel abhängt. Klar bin ich den HipHop-Fans zu elektronisch und den Electronica-Fans zu viel HipHop. Dann finden aber plötzlich selbst Blues- und Rock-Musiker wie Jesper Munk oder die Beatsteaks, mit denen ich zusammengearbeitet habe, vertraute Schemata darin. Früher habe ich mich immer sehr alleine gefühlt in diesem Raum zwischen den Stühlen. Inzwischen sitzen dort viele Künstler und ich finde es total spannend, dass diese Musik so ein Schmelztiegel ist.

Versuchst du, eine Brücke zwischen tanzbarem Clubsound und Home Listening zu schlagen?

Dadurch, dass ich viel auflege, schwingt das im Hinterkopf immer mit. Ich versuche es aber auszuschalten, denn je mehr ein Song eine Funktion haben soll, desto mehr geht die eigentliche Intensität der Idee kaputt. Manchmal merkt man, dass die eine tolle Energie hat, manchmal geht es aber eher um eine Stimmung, die man nicht mit brutalen Drums unterstützen kann.

Was bedeutet es dir, mit analogem Outboard Equipment zu arbeiten?

Ich mag die Patina, die entsteht, wenn etwas klares Digitales auf etwas verrauschtes Analoges trifft. Ich arbeite zum Beispiel gerne mit Gitarrenamps und nehme Sachen, die ich am Rechner gebastelt habe nochmal mit einem Mikrofon auf und verstärke sie. Außerdem mag ich am analogen Arbeiten, dass man manchmal Entscheidungen schnell treffen muss, die dann genau so stehen bleiben. Gleichzeitig liebe ich es aber manchmal auch, am Sequencer Ewigkeiten an einem Sound zu basteln.

Verfolgt dich „Beat Konducta Bavaria“?

Nicht im negativen Sinne, aber es taucht schon immer wieder auf. Es hat mir totale Freude bereitet, so eine Forschungsarbeit zu machen. Es ging mir darum, damit zu spielen, wie man Musik zitiert und die Transformation zu reflektieren. Wo kommt das her? Was mache ich daraus? Auch so völlig unverschämt und frei durch die Weltgeschichte zu samplen, daran hatte ich Freude.

Auf deinen weniger wissenschaftlichen Arbeiten scheint Sampling eine geringere Rolle zu spielen.

Ich mag nach wie vor diese Mosaikästhetik. Es ist ja, als würde man etwas zu Scherben zerschlagen und dann die Teile neu zusammensetzen. Ich mag, dass kompositorisch dabei Dinge entstehen, die man am Instrument nie so einspielen würde und ich mag, was klanglich dabei entsteht. Die Schnitte, die Brüche, die Fugen, das hat eine ganz eigene künstlerische Sprache. Trotzdem ist auf „hide&“ kein einziges Sample zu hören. Es klingt aber so. Ich denke, meine Arbeitsweise des Schneidens und Sounds neu aufzunehmen, kommt daher, dass mein Ohr diese Mosaikästhetik gewöhnt ist.


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VÖ: 24.03. bei Eskapaden Musik
Online erhältlich: iTunes / Amazon


Fotos: Alexander Indra

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