Mit dem Flugzeug sind es 9 Stunden, von Berlin in die USA. Bis man einen echten US-Burger essen kann. Nicht zu verwechseln mit »US-Bürger«. Was für ein Gag. Die kann man – oder sollte man – nicht essen. Wem der Flug zu lang ist, der steigt in die U3. Denn da gibt’s echte Burger.
Ein-Burgerung
Die USA sind gerade nicht ums Eck. Mit der U-Bahn kann man ihr aber ein Stück näher kommen. Ein Freund hatte uns von einem original amerikanischen Burger-Laden erzählt, hier soll es echte amerikanische Burger geben und ein ehemaliger US-Soldat soll sie machen. Coole Story, dachten wir und fuhren hin. Mit der U3 bis freie Universät (Thielplatz), schon ist man da. Der Imbiss ist direkt im U-Bahnhof, quasi ein kulinarisches Konsulat der USA – denn hier gibt’s echten American Hamburger. Stanley Greene hat den Laden vor ein paar Monaten eröffnet, kurz darauf wurde der U-Bahn-Eingang wegen Bauarbeiten geschlossen. Blöd für ein frisch eröffnetes Schnellrestaurant. Wo andere das Handtuch werfen, machte Stanley weiter. Und der Laden läuft. Die Burger kommen an, vor allem bei den jungen Leuten. Als wir zum Essen kommen, spielen ein paar Jungs Fußball vor dem Imbiss, lassen sich American Spareribs schmecken. Hannes, Jonathan und Max grinsen zufrieden.
Quatsch mit Sauce
Stanley streckt ein Tablett durchs Fenster. Darauf Baby Back, American Spareribs, American Cheeseburger und ein Barbecue Beef Burger. Wir beißen zu und holen uns fettige Finger. Schnell merken wir, wer der heimliche Star ist: nicht der Burger, sondern die Sauce. Die macht der Chef selbst, schon seit 30 Jahren. Im Gegensatz zu den Patties. Die Hackfleisch-Scheiben, die zwischen die Brötchen kommen, sind vom Supermarkt. Ein Manko. Dafür ist das Brot vom Bio-Bäcker, kein Weizen, sondern Dinkel. Pluspunkt. Dazu gibt’s eine Biolimo. »I can recommend«, sagt Fotograf Franz, der als Kind sechs Jahre in den USA lebte und daher schon Vergleichsmöglichkeiten hat. Franz, seit 2002 wieder zurück, attestiert einen »ungewohnten Rib-Geschmack«. »Aber das Fleisch löst sich gut vom Knochen«. Wir greifen zu den Feuchttüchern. Kauen, Finger abwischen.
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Rezept von Dad
Der gut gelaunte Stanley kommt aus Florida. 1979 kam er als Soldat der US-Army nach Berlin, war Kameramann für die Nachrichtenagentur der Army, die American Forces Network (AFN). Aus dieser Zeit hängt ein Bild im Stanleys Imbiss – es zeigt Willi Brandt, davor ein großer stämmiger Kameramann. Es ist Stanley. Später wechselte er zum deutschen Privatfernsehen, arbeite lange für das Sat.1-Frühstücksfernsehen. Danach wollte er in Rente gehen, aber es kam anders und eröffnete seinen Burger-Laden in Dahlem, nur wenige Meter entfernt vom ehemaligen US-Hauptquartier. Auf seine Sauce ist »Stan« besonders stolz. Das Rezept stammt von seinem Vater, der war Chefkoch in einem »All you can eat«-Restaurant im Südosten der Vereinigten Staaten. Stanley arbeitete mit seinem Vater zusammen, der brachte ihm das Kochen bei. Wahl-Berliner Stanley lernte in der Hauptstadt seine deutsche Frau kennen, sie haben zwei Kinder. Der Imbiss-Chef weiß seine Story gut zu vermarkten. In seinem Laden hängen mehrere Schwarz-weiß-Fotos aus Army-Zeiten, auf einem Bildschirm läuft ein professionelles Image-Video. In Dauerschleife.
Dahlem oder Miami
Zu Stanley kommen reiche Leute und Studenten. Beides gibt es in Dahlem. Ach, und dass Stanley die Burger-Patties nicht selbst macht, wie er auf Nachfrage sagt, ist zwar Fakt, dafür kommen die Veggie-Patties von ihm. Zucchini, Aubergine, Kidneybohnen, Karotten, Paprika. Aber in Wahrheit dreht sich alles um seine Sauche, auf die weist er immer wieder hin. Sein Laden ist eigentlich eine Verkaufsstelle für seine Sauce – mit Burger-Ausgabe. Stanley meint, es gebe außer ihm keinen solchen Imbiss in Berlin, wo es echte amerikanische Burger gibt.»Deutschland war gut zu mir«, sagt er zum Schluss. Florida sei ihm zu heiß. Sein Poloshirt strahlt weiß. »Vielleicht« sagt er, »höre ich in zwei Jahren auf«. Aber nur vielleicht.
Fotos: Franz Mangel / [030] Magazin