Deutschlandmuseum, Kultur, Museum

Museum und Freizeitpark in einem? Was auf den ersten Blick unvereinbar scheint, geht im Sommer 2023 eröffneten Deutschlandmuseum am Leipziger Platz in Berlin eine faszinierende Fusion ein. In rund einer Stunde bringt das Museum auf eine neuartige sinnlich-berührende Weise 2.000 Jahre deutsche Geschichte nahe. Für dieses Konzept gab es bereits den begehrten „Museum-Oscar“.

Auf den ersten Blick wirkt das Deutschlandmuseum durch und durch historisch: der Standort am Leipziger Platz in Berlins Mitte, der Eröffnungstermin am 17. Juni 2023, dem Jahrestag des mit russischer Panzergewalt niedergeschlagenen Volksaufstandes in der damaligen DDR, und schließlich das Thema des Hauses – es will Jung und Alt rund 2.000 Jahre deutsche Geschichte näher bringen.

„Immersives Erlebnis“:
Besucher lernen nicht Geschichte, sie tauchen in sie ein

Doch genau hier enden die Gemeinsamkeiten mit so vielen anderen, ruhmreichen Museen. Das privat geführte Deutschlandmuseum geht seit seiner Eröffnung vor rund einem Jahr einen anderen – und bereits mehrfach ausgezeichneten – Weg. Das Museum verspricht nicht nur ein interaktives Erlebnis, sondern vor allem auch ein „immersives“. Das bedeutet: kleine und große Besucherinnen und Besucher, ob geschichtsgebildet oder eher Anfänger auf diesem Gebiet, werden durch eine einzigartige Ausstellungskonzeption regelrecht hineingezogen in die Themen – und tauchen ab. Insgesamt warten auf die Besucherinnen und Besucher jeden Tag von 10 bis 20 Uhr und das 365 Tage im Jahr zwölf aufwendig gestaltete Räume, real gebaute Szenerien und spektakuläre Effekte auf insgesamt 1.400 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Mit dem Deutschlandmuseum wurde ein völlig neuartiges Museumskonzept erfunden: Die Kombination von Museum und Theme Park Design, um die Geschichte Deutschlands jedem zugänglich zu machen.

Von der Varusschlacht bis zur Wiedereinigung in zwölf Themenräumen

Obwohl oder gerade weil die zwölf Themenräume so interaktiv und immersiv gestaltet sind, springt während der ein- bis eineinhalbstündigen Besuchszeit der geschichtliche Funke auch auf weniger Interessierte über, insbesondere auf die Generation der Smartphone-Kids. Den Machern des Museums ist es gelungen, in Dutzend Themenräumen selbst die Varusschlacht – als neun nach Christus ein Germanenherr die römische Armee vernichtend schlug –, die Gründung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen oder die Reformation immersiv darzustellen. So erzählt eine Buchdruckwerkstatt des 16. Jahrhunderts die Geschichte der Reformation. Höhepunkt dieses Raumes ist eine interaktive Gutenberg-Druckpresse

Deutschlandmuseum, Museum, Kultur

Foto: Wiedervereinigung – 1990. Eine S-Bahn mit aufwändigen Videozusammenschnitten führt durch den zwölften und letzten Raum: Von der Euphorie des Mauerfalls, über die Loveparade bis zur Flüchtlingswelle 2015. © Deutschlandmuseum

Zwei Staaten – 1972. Im elften Raum werden mittels interaktiver Vitrinen und eines unendlichen Kauf-hauses die durch den Eisernen Vorhang getrennten deutschen Staaten präsentiert. © Deutschlandmuseum

Die Schrecken des Ersten und Zweiten Weltkriegs gehen den Besucherinnen und Besuchern besonders unter die Haut. So erahnen sie in einem nachgebauten Schützengraben die Schrecken des Ersten Weltkriegs. Ein Grabenperiskop mit einer fotorealistischen Großformat-Projektion gibt Einblicke in das verwüstete Niemandsland der Westfront. Die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte, der Nationalsozialismus von 1933 bis 1945, wird im beklemmenden neunten Raum als emotionale Simulation dargestellt. Gesichtslose Silhouetten im Schlaglicht verbunden mit Soundinstallationen zeigen die Gefahr des Populismus. Auch die Wiedervereinigung 1990 und die neue deutsche Einheit dürfen zum Schuss nicht fehlen: Dafür „fährt“ eine S-Bahn mit aufwändigen Videozusammenschnitten durch den zwölften und letzten Raum: von der Euphorie des Mauerfalls über die Loveparade bis zur Flüchtlingswelle 2015. Ein einzigartiges Museum, das sich bereits nach erst einem Jahr des Bestehens einen festen Platz in der Mitte-Berlins erarbeitet hat – auch dank des glänzenden Urteils internationaler Fachjurys: Im November 2023 gewann das Deutschlandmuseum den „THEA Award for Outstanding Achievement“. Er ist besser bekannt als „Museums-Oscar. Überreicht wurde er im März 2024 in einer feierlichen Gala in Hollywood. 

In einer Liga mit Disneyland oder dem Victoria & Albert Museum

Damit ging der Preis zum ersten Mal an ein deutsches Museum. Der THEA Award gilt als eine der höchsten Auszeichnungen der Unterhaltungsbranche. Der Preis wird seit 1994 von der Non-Profit-Organisation Themed Entertainment Association mit Sitz in Kalifornien an Freizeit-, Themen- und Vergnügungsparks, Museen, Restaurants und Casinos verliehen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Institutionen wie die Universal Studios, Disneyland, das Shanghai Astronomy Museum oder das Victoria & Albert Museum in London. „Der THEA Award ist eine ganz besondere Auszeichnung, denn er würdigt die außergewöhnliche Art und Weise, wie wir im Deutschlandmuseum Geschichte erlebbar machen. Unser Ziel war es, ein Museum zu schaffen, das die komplexe Geschichte Deutschlands für jeden zugänglich macht. Dass der Preis in diesem Jahr zum ersten Mal an ein deutsches Museum geht, zeigt eindrucksvoll, dass unser Konzept zukunftsweisend für die Museumslandschaft ist“, sagt der Gründer des Deutschlandmuseums, Robert Rückel. Er leitet unteranderem auch das Deutsche Spionagemuseum in Berlin. Rückels Ziel war es, ein Museum zu konzipieren, das Geschichte hautnah erlebbar macht. Inspiriert von Freizeitparks und der Filmbranche, arbeitete das Historiker-Team des Museums eng mit Chris Lange, dem früheren Chef-Designer des Europa-Parks, zusammen.

Deutschlandmuseum, Museum, Kultur

Zwei Staaten – 1972. Im elften Raum werden mittels interaktiver Vitrinen und eines unendlichen Kauf-hauses die durch den Eisernen Vorhang getrennten deutschen Staaten präsentiert. © Deutschlandmuseum Foto: Presse

Im März 2024 – also just dem Monat, in dem der THEA Award in Los Angeles überreicht wurde – folgte gleich die nächste Auszeichnung für das junge Museum. Und gleich die wichtigste Auszeichnung des Tourismus: Bei den World Travel Awards (WTA) wurde das Deutschlandmuseum in der Kategorie „Europe’s Leading New Tourist Attraction 2024“ ausgezeichnet. Der Preis würdigt das Berliner Museum als beste touristische Neueröffnung Europas. Die World Travel Awards wurden 1993 ins Leben gerufen, um herausragende Leistungen in allen wichtigen Bereichen der Reise-, Tourismus- und Gastgewerbebranche anzuerkennen. Heute gilt die Marke World Travel Awards weltweit als prestigeträchtigste Auszeichnung der Branchen. Robert Rückel: „Die Auszeichnung ist ein weiterer Beweis, dass wir es geschafft haben, Geschichte auf ganz neue Art und Weise zu erzählen. Nicht ein Wachsfigurenkabinett, eine Achterbahn oder ein Disney-Schloss sind die führende neu eröffnete Attraktion Europas, sondern ein historisches Museum.“ Damit ist in Berlin der Beweis erbracht: Geschichte kann und muss durchaus Spaß machen.

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