Was haben Drake, Kanye West und Frank Ocean gemeinsam? All diese Größen setzten in der Vergangenheit auf die Stimme des britischen Sängers Sampha.
Ich, Prozessor
Eine Stimme, aus der er durch Mut zur technischen Imperfektion das große Charisma herausholt. Sampha klingt nie operettenhaft druckvoll, eher zart und zerbrechlich, wenn sich seine Songs aufbauen, im Höhepunkt dann angestrengt und rau, und deshalb wirkt der Gefühlsausdruck so echt und berührend. Sein Solodebüt hört auf den Titel „Process“. Wird dieser Begriff von Künstlern der Postmoderne auch etwas inflationär verwendet, beschreibt er doch diese ungezwungene Verwandlung von Eindrücken in Noten sehr passend. Während der Produktion des Albums verarbeitete Sampha den Tod seiner Mutter. Sich selbst bezeichnet er als Instrument, als Prozessor.
Nichts als Sorgen
Samphas Eltern waren Einwanderer aus Sierra Leone. Die Kontraste zwischen dem afrikanischen Familienverständnis und der hektischen Arbeiterrealität im Osten Londons prägen die innere Zerrissenheit, die sich in seine Musik überträgt. Der Vater verstarb schon eine Dekade vor der Mutter, beide an Krebs. Zwischen diesen Tragödien hatte sein Bruder einen Herzinfarkt, der ihn körperbehindert zurückließ. In den Egoismus und die Isolation der westlichen Großstadt und ihres Arbeitsmarktes hineingesogen, verspürt Sampha im Nachhinein Schuld für die Momente, in denen er von seinen Liebsten räumlich oder emotional distanziert war. Der Song „What shouldn’t I be?“ setzt sich mit diesem Konflikt auseinander. Die erste Single „Blood on me“ ist eine bildhafte Beschreibung einer Flucht vor anonymen Peinigern, seien sie Schuldgefühle oder andere Sorgen. An solchen scheint es Sampha nicht zu mangeln. Hört man „Process“ am Stück, kann man von der wahnhaft-getrieben-traurigen Atmosphäre ganz schön erdrückt werden. Wie so oft bei großen Stimmen scheint auch Samphas Werk von seiner seelischen Invalidität ein Stück weit abhängig zu sein. Wir danken es ihm auf dem RAW-Gelände.
Live am 18.3. im Astra Kulturhaus