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Sex ist tabulos? She She Pop beweisen mit „50 Grades of Shame“ das Gegenteil. Hinter dem kongenialen Titel steckt ein Spektakel unserer Schamgefühle. Mehr noch: eine Aufklärungsrevue mit lebenden Bildcollagen und parodistischem Frontalunterricht über Sexualität und Körper. Wir sprachen mit Lisa Lucassen über eine der größten menschlichen Dunkelkammern. 


Über sexuelle Scham spricht kaum jemand. Schämen für das Schämen, sozusagen. Aber wieso schämt man sich überhaupt?

Schenkt man der Bibel glauben, kommt das von Adam, Eva und diesem Apfel. Ich denke, so ist das menschheitsgeschichtlich zu begründen.

Wie oft schämst Du Dich?

Passiert oft.

Auch auf der Bühne?

Ja, klar, aber bei diesem Stück gar nicht. Wir extrahieren die Körper von Männern und Frauen, Jung und Alt, in einer Live-Performance und mixen sie. Das hervorragende an „50 Grades of Shame“ ist also, dass man Teile seines Körpers in die Bilder einspeist, aber dennoch halb versteckt ist. 

Man kommt nicht umhin zu sagen: Der Titel der Performance ist nicht zu toppen.

Dabei kam der einfach nur durch einen Versprecher. Irgendwann kannten wir den ursprünglichen Titel des Romans nicht mehr und dachten: Was so eine starke Wirkung auf uns hat, taugt auch für andere.

Inspiriert hat Euch neben „50 Shades of Grey“ Wedekinds „Frühlingserwachen“. Wie passt das zusammen?

In beiden Fällen geht es um Unwissenheit, Jungfräulichkeit und Scham. Nur Wedekind war uns auch zu schwierig. Deswegen mussten wir einen ganz undramatischen Text hinzufügen. 

In Wedekinds Drama von 1891 herrscht ein repressives Sexualsystem. Inwiefern trifft das auch auf die Shades-Welt zu, von der gesagt wird, sie sei pornografisch veranlagt.

Letztendlich ist „50 Shades of Grey“ kaum weniger repressiv. Es geht immer noch darum, dass Anastasia natürlich jungfräulich ist und sich noch nie selbst angefasst hat. So ein Quatsch!

Eure Performance soll in diesem Sinne ein „Lehrkörper“ sein. Was meint ihr damit?

In Frühlingserwachen gibt es ein völlig beknacktes Lehrerkollegium. Die Lehrer sind Idioten, aber die Vorstellung von einer Lehranstalt und 14 Lektionen hat uns als Rahmen für die- se Veranstaltung gefallen. Lehrkörper fanden wir auch ein schönes deutsches Wort – weil es um Körper geht.

Muss sexuelle Scham am Ende der Lektionen überwunden werden?

Ich weiß gar nicht, ob ich das will. Ich finde nur den Vorgang des Schämens interessant und wie man seine Körper- und Scham-Grenzen auslotet. Ob man sie dann überschreitet oder das bleiben lässt, ist letztendlich nicht wichtig. 

Live DO 11. – SA 13.5. im HAU1

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She She Pop ist ein siebenköpfiges Performance-Kollektiv mit Mitgliedern in Berlin und Hamburg. Ihre aktuelle Produktion ist ein Mix aus der fesselspielerotischen Trilogie von E. L. James, Frank Wedekinds Pubertäts-Tragikomödie "Frühlingserwachen" und eigenen Erfahrungen.

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Foto: © Benjamin Krieg.