Läuft für Damian Hardung. Mit der TV-Serie „Club der Roten Bänder“ spielte er in einem Quoten-Coup, der es bis zur „Emmy“-Auszeichnung brachte. Im vorigen Jahr war er in Aron Lehmanns hochgelobtem Teenie-Drama „Das schönste Mädchen der Welt“ als tapsiger Hübschling Rick zu erleben.
„Ich bin völlig pleite da oben!“, stöhnt er dort laut Drehbuch. Im echten Leben bekam Hardung als Vierzehnjähriger ein Stipendium für Hochbegabte an einer Privatschule in New York City. Bevor er demnächst im TV-Remake von „Der Name der Rose“ an der Seite von John Turturro zu erleben ist, übernimmt er für die Kinoversion vom „Club der Roten Bänder“ abermals die Rolle des sensiblen Jonas. Mit dem 20jährigen Schauspieler unterhielt sich [030] Mitarbeiter Dieter Oßwald.
Herr Hardung, vom Aussehen könnten Sie als Model arbeiten. Zudem sind Sie hochbegabt – zufrieden mit dem Schicksal?
Von dem Ausdruck „hochbegabt“ halte ich nicht viel, das würde ich ganz schnell von mir weisen. Und was das Aussehen anlangt: Voriges Jahr spielte ich in „Das schönste Mädchen der Welt“ und dessen zentrale Botschaft lautet einmal mehr, dass Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt.
„Das schönste Mädchen der Welt“ war einer der besten deutschen Filme im Vorjahr. Noch so ein Glückslos gezogen?
Ich bin ja auch unheimlich dankbar für alles. (Lacht) Die Produzentin hat immer gesagt: ‚Damian, dir scheint die Sonne irgendwie aus dem Arsch!’. Diesen Satz muss ich mir jetzt bei jedem Treffen immer anhören. Und so richtig habe ich es noch nicht geschafft, zu widersprechen. Ich habe einfach ein Vertrauen ins Leben, weil es bisher so schöne Sachen parat gehabt hat.
Zu den schönen Sachen gehören auch jene über 175.000 Follower auf Instagram. Wird es langsam Zeit für eine Tarnkappe?
Ich habe unheimlich Respekt davor, was da vielleicht auf mich zukommt. Schon jetzt spüre ich, was es heißt, in der Öffentlichkeit zu stehen und etwas von seiner Privatsphäre aufzugeben. Man hat ständig das Gefühl, irgendwelche Dinge könnten von irgendwelchen Leute auf bestimmte Art interpretiert werden. Aber sich deswegen immer zu verstecken, macht schließlich auch keinen Spaß mehr
Fährt man noch gerne U-Bahn, wenn man ständig seltsam angestarrt wird?
Keine Ahnung, ich fahre nie U-Bahn, sondern bin überall mit dem Fahrrad unterwegs.
Wie lernt man den Umgang mit dem Ruhm?
Es ist wichtig, die Rolle von der eigenen Person zu trennen. Dafür braucht man entsprechende Menschen um sich herum. Deswegen habe ich mich bewusst dagegen entschieden, nach Berlin zu ziehen und weiter in Köln zu bleiben, wo meine Familie und langjährigen Freunde leben – die haben beruflich mit der Schauspielerei ziemlich wenig zu tun.
Im Fernsehen geriet „Der Club der Roten Bänder“ zum Quotenhit, Preisregen samt Emmy inklusive. Woher kommt dieser enorme Erfolg für ein trauriges Thema Krankheit und Tod?
Wir haben die Krankenhaus-Serie nicht neu erfunden, aber wir haben es geschafft, die Thematik aus der Sicht von Kindern zu erzählen. Den Figuren wurde unglaublich viel Raum gegeben, wodurch eine ganz besondere Atmosphäre entstand. Jeder Zuschauer konnte sich aussuchen, wer ihm besonders am Herzen lag. Weil der Club aus so unterschiedlichen Typen bestand, ergab sich ein sehr komplexes Gebilde. Es war ein Gemälde aus verschiedenen Farben: Der Schöne, der Schlaue, der Anführer, der gute Geist. Sie alle verbindet durch die Krankheit eine außergewöhnliche Freundschaft.
Was passiert, wenn der Club auf die Wirklichkeit trifft? Gibt es nicht etliche Betroffene, die sich an die Schauspieler mit dem vermeintlich gleichen Schicksal wenden?
Die Erwartungshaltung kann bisweilen problematisch sein, wenn der gute Kumpel aus der Serie auch im realen Leben gesucht wird. Diese Funktion der psychologischen Unterstützung kann ich als Schauspieler natürlich gar nicht bieten. Das müssen Menschen machen, die dafür professionell ausgebildet sind.
Wie wirkt sich die das traurige Thema auf die Stimmung beim Drehen aus?
Es gab schon Tage, sogar Wochen, die einen extrem heruntergezogen haben. Ganz extrem passierte das in der dritten Staffel der TV-Serie, als es um Leos Abschied ging. Beim Blick auf den Drehplan dachte man sich da bisweilen schon: ‚Oh wow, wie komme ich da jetzt seelisch am besten durch!’.
Wie lautete dafür die Antwort?
Meine Lösung war, einen Raum für mich zu erschaffen. Ich saß abends im Garten und habe versucht, das alles aktiv loszulassen. Da starrt man eben eine Stunde lang nur einen Baum an und lässt dabei die Rolle gehen. Das ist zwar anstrengend, zugleich aber auch enorm befreiend.
Was wäre für Sie die wichtigste Qualität für den Schauspiel-Job?
Man muss unglaublich ehrlich mit sich sein. Natürlich eignet man sich für eine Figur vorab ein gewisses Wissen an. Aber am Ende des Tages geht es darum, seine eigenen Impulse möglichst gut zu kennen. Und sich seiner Ängste und Wünsche bewusst zu sein, damit man sie eben auch einsetzen kann. Das ist oft hart. Sich verletzlich zu machen, erweist sich als eine immer wieder schwere Aufgabe.
Demnächst erlebt man Sie im Remake von „Der Name der Rose“ in jener Rolle, die einst Christian Slater spielte. Haben Sie sich das Original zur Vorbereitung nochmals angeschaut?
Nein, den Film habe ich mir bewusst nicht angeschaut. Ich wollte meine ganz eigene Rolle spielen und mich dabei von Christian Slater nicht beeinflussen lassen.
Hat der Emmy für die TV-Serie bereits Auswirkungen auf die Karriere gehabt? Müssen Sie das Medizin-Studium an den Nagel hängen?
Es gibt schon Auswirkungen, aber dazu darf ich nichts verraten. (Lacht) Mein Medizinstudium habe ich begonnen, vom Zeitaufwand ist das allerdings gerade nicht so ganz einfach. Auf jeden Fall finde ich es spannend, diese andere Welt mitzubekommen.
Lucas Hedges und Timothée Chalamet haben es mit rigorosen Rollen in Hollywood zu Oscar-Kandidaten gebracht. Sind das Vorbilder für Sie?
„Call me by your Name“ war mein Lieblingsfilm im vorigen Jahr, da habe ich mich total in Timothée Chalamet und seine Darstellung verliebt. Was er da geboten hat, ist einfach großartig und auch eine wunderbare Inspirationsquelle für mich selbst. Demnächst spiele ich in der Verfilmung von Bov Bjergs „Auerhaus“ mit, da musste ich beim Lesen des Drehbuchs oft an Timothée Chalamet denken.
„Der Club der Roten Bänder – Wie alles begann“ läuft seit dem 14. Februar im Kino.