Parallel zur Berlinale findet Mitte Februar zum fünften Mal die GENRENALE statt. Das Filmfestival widmet sich zu 100% dem deutschen Genrekino. Wir sprachen mit den Organisatoren Krystof Zlatnik und Paul Andexel über Genredefinitionen, mangelnde Anerkennung und die Lust auf Abseitiges.
Bezieht ihr euer Programm vollständig aus Einsendungen, die noch ohne Verleih und Kinostart sind?
Krys: Manchmal nehmen wir auch Kontakt zu Filmen auf, die interessant sein könnten. Größtenteils sind es aber die Einsendungen, die dann oft selbstproduzierte No-Budget-Filme sind. Wir haben den Anspruch, neue Sachen zu zeigen. Wir schließen keine Filme aus, die auf anderen Festivals liefen, es kommen aber genug spannende neue Sachen rein, dass man keine Werkschau zeigen muss.
Was ist euer Anspruch?
Krys: Das oberste Credo ist, die Zweifler zu überzeugen, dass deutscher Genrefilm funktionieren kann. Nach diesem Qualitätsanspruch werden die Arbeiten ausgewählt. Es soll keine Veranstaltung sein, auf die nur die Freaks kommen, die auf Horror und Splatter stehen, sondern eine Bandbreite abbilden und Leute überzeugen, die nicht damit rechnen, überzeugt zu werden.
Ihr verwendet demnach eine weite Definition des Begriffs Genrefilm.
Krys: Diese Entscheidung muss man beim Sichten immer wieder treffen. Es gibt viele Grenzgänger. Es gibt Filme, die auf Genreart gemacht sind, was die Musik und die Visualität angeht und sich am Ende inhaltlich als Drama oder als Thriller herausstellen. Genauso kann man aber eindeutige Genrethemen wie Vampire oder Zombies total arthousig inszenieren, wie etwa bei „Let the right one in.“
Paul: Die Leute sind oft überrascht, wie unblutig unser Festival ist. Ich habe schon mit meinen Eltern immer die Diskussion: „Paul, willst du, dass in Deutschland jetzt nur noch Horrorfilme laufen?“ Nein! Horror ist vielleicht die einprägsamste und prägnanteste Genreart, wodurch das ständig gleichgesetzt wird. Es ist aber unsere Aufgabe gerade Facetten zu zeigen, die man in Deutschland selten sieht.
Es ist nur dem Genrefilm eigen, dass man ein durchwachsenes Werk sehen, dabei aber durchgehend gut unterhalten sein kann. Nach einem Drama denkt man nicht: Das war zwar schwach, aber ich war immer wieder traurig, hat also funktioniert.
Paul: Es geht immer um den Unterhaltungswert. Wir sind in den 80ern mit einer bestimmten Art von Filmen aufgewachsen, die uns in erster Linie unterhalten haben. Deshalb gehe ich ins Kino. Ich möchte danach nicht depressiver sein als davor. Man kann selbst „Transformers“ gucken, obwohl es der größte Scheiß ist, weil es eskapistisch ist.
Ihr führt im Rahmen der Genrenale auch Podiumsdiskussionen. Hat sich das Thema „Warum funktioniert Deutsches Genrekino nicht?“ langsam ausgelutscht?
Krys: Das könnte man immer weiterführen, aber letztendlich muss man proaktiv sein. Dafür ist der Rest des Programms da.
Paul: Wir glauben, ein Mal im Jahr ein Festival zu veranstalten reicht nicht, um eine Kultur aufzubauen. Proaktiv werden heißt, zu zeigen, welches Potential vorhanden ist und am Besten auch noch selbst Filme zu machen. Dafür ist auch der ARRI Genre Pitch da. Dabei sitzen a la „Deutschland sucht das Supergenre“ Menschen aus der Industrie auf der Bühne und sollen Pitches, die sie vorher noch nie gehört haben, kommentieren und bewerten.
Krys: Das Schöne daran: Der Pitcher muss ganz schön viel Mut haben, aber sobald es darum geht, warum etwas funktioniert oder nicht, haben Alle im Saal einen Lerneffekt.
Wie ergeht es euch als Veranstalter auf der Suche nach Sponsoren und Förderern?
Paul: Es ist eine Ansage, schon im fünften Jahr parallel zur Berlinale ein Genrefilm-Festival zu veranstalten, das auch stetig gewachsen ist. Ausgerechnet dieses Jahr ist es aber schwer, Sponsoren zu finden. Wir haben damit noch nie Geld verdient und machen es aus purer Leidenschaft und dieses Jahr wird es noch riskanter, da wir drei oder vier Tage veranstalten.
Zumindest das Publikum macht es euch nicht schwer. Wächst unter den Menschen, die aus Leidenschaft Risikoprojekte stemmen eine Community zusammen?
Krys: Die Stimmung ist wirklich bemerkenswert. Bei jedem Film sind andere Filmemacher im Publikum und es findet ein reger Austausch statt. Das habe ich so noch bei keinem anderen Festival erlebt. Man hat nicht mehr wie an der Filmhochschule das Gefühl, ein Außenseiter zu sein, sondern wird motiviert, weiterzumachen.
Paul: Dieses Jahr hatten wir über 170 Einreichungen, davon 26 Langfilme. Wir waren sehr überrascht von der Resonanz. Da wundert man sich, zu hören, in Deutschland gäbe es keine Genrekultur.
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KRYSTOF ZLATNIK ist kreativer Leiter der Genrenale. Er hat Regie an der Filmakademie Ludwigsburg studiert. Seit seinem Diplom 2009 ist er als selbstständiger Regisseur und Autor tätig. Sein Langfilmdebüt „The Immigration Game“ feiert auf der GENRENALE#5 Weltpremiere.
PAUL ANDEXEL ist Organisationschef des Festivals. Er studierte Film- und Fernsehproduktion an der HFF Konrad Wolf und ist hauptberuflich als Postproduction Supervisor & VFX Koordinator sowie Produktionskoordinator für verschiedene Kino- und Fernsehproduktionen tätig.[/su_box]
Fotocredit: Alexander Indra