Johannes Nichelmann beleuchtet mit seinem neuen Buch „„Nachwendekinder. Die DDR, unsere Eltern und das große Schweigen“ den blinden Fleck in der Geschichte vieler Ostdeutscher Familien.
Einwanderer ohne Heimatland
Die Mauer fiel und plötzlich standen die ehemaligen DDR-Bürger*innen ohne Land da. Das sozialistische System war gescheitert. Viele von ihnen fühlten sich wie Einwanderer, deren Land nicht mehr existierte. Was ist das für ein Gefühl zwar immer noch an alle Orte gehen zu können, an denen man aufwuchs und trotzdem in einem neuen Land zu stehen? Ein Land ist nicht nur ein begrenztes Gebiet. Sondern auch Identitätsstifter. Diese Identität erfuhr nun eine komplette Neuordnung. Wie integriert man das Alte ins Neue und das Neue ins Alte?
Blinde Flecken
Für viele Ostdeutsche Familien, gilt die eigene DDR-Geschichte als blinder Fleck. Manch einer hat beispielsweise nie seine Stasi-Akten eingefordert. Zu enttäuschend wäre es zu erfahren, dass man vielleicht von den Liebsten ausspioniert worden ist. Und doch kann man den Teil der eigenen Geschichte nicht einfach tot schweigen, oder? Der preisgekrönte Journalist Johannes Nichelmann möchte das jedenfalls nicht und beleuchtet nun diese blinden Flecken durch verschiedene Begegnungen.
Für schwarz-weiß ist kein Platz
So erzählt Nichelmann von Lukas, der erfährt, dass sein Vater für die Regierung spioniert hat. Dann ist da Maximilian, der sich wie einer dieser Einwanderer ohne Heimatland fühlt. Und auch Franziska und ihre Familie haben einiges an Aufarbeitung nachzuholen. Nichelmann versucht sich an einer Erinnerung, die nicht schwarz weiß ist, sondern auch Grautöne kennt. Diese Begegnungen sind das „Echolot einer problematischen Erinnerungskultur, aus der sich auch die Konstellation für aktuelle gesellschaftlich-politische Schieflage im Osten speist.“
„Nachwendekinder. Die DDR, unsere Eltern & das große Schweigen“| Museum in der Kulturbrauerei
01. Oktober 2019 | 19:00 bis 20:30
Knaackstraße 97
10435 Berlin
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Foto: © Sarah Lötscher auf Pixabay