Er zählt zu den wenigen Stars des deutschen Kinos. Mit der „Fack Ju Göhte“-Trilogie lockte Elyas M’Barek, 36, als cooler Aushilfslehrer Zeki Müller zuverlässig ein Millionenpublikum. Den ersten Auftritt hatte der Sohn eines tunesischen Vaters und einer österreichischen Mutternoch während seiner Schulzeit in „Mädchen, Mädchen“. Für seine Rolle in der ARD-Serie „Türkisch für Anfänger“ bekam er den Deutschen Fernsehpreis.
Es folgten Filme wie „Die Welle“ und „Zeiten ändern dich“, wo er den jungen Bushido spielte. Im Jahr 2011 trat er an der Seite von Matthias Schweighöfer in „What a man“ auf. Nach dem Historien-Spektakel „Medicus“, dem Thriller „Who am I“, der Satire „Willkommen bei den Hartmanns“ oder dem Drama „Dieses bescheuerte Herz“ kommt M’Barek nun an der Seite von Franco Nero im Polit-Thriller „Der Fall Collini“ nach dem Roman von Bestseller-Autor Friedrich von Schirach in die Kinos. Mit dem Schauspieler sprach unser Mitarbeiter Dieter Oßwald.
Herr M’Barek, im Film verteidigen Sie Franco Nero. Gab es da ein bisschen Deutsch für Anfänger für die Western-Legende?
M’Barek: Es gab tatsächlich Deutsch für Anfänger, ich habe mit Franco seine Sätze einstudiert. Er hatte zwar seinen eigenen Sprachtrainer, aber meist habe ich ein bisschen geholfen und ihm die Dialoge vorgesprochen. Bisweilen hat er sich furchtbar aufgeregt und sich selbst angeschrieen, wenn er die deutschen Sätze nicht gleich hinbekam. Ich finde, das Resultat klingt jetzt sehr überzeugend.
Plaudert man mit Franco Nero über die guten alten Western-Zeiten?
Klar wollte ich wissen, wie das früher so war. Und er erzählte bereitwillig die Anekdoten von Senta Berger oder Clint Eastwood. Franco ist eine unglaublich beeindruckende Persönlichkeit und ein großartiger Schauspieler. Es ist ein großes Kinoerlebnis, wenn er mit seinen eiskalten Augen einfach nur da sitzt und ohne etwas zu sagen alle Emotionen offen legt. Wir haben uns richtig angefreundet, bei einem Besuch in Rom hat er mir sein Lieblingsrestaurant gezeigt und eine Kurz-Visite im Vatikan ermöglicht.
Ist man bei der Begegnung mit Leinwand-Legenden leicht nervös?
Nein, dazu mache ich den Job schon lange genug. Man merkt, dass die Menschen dahinter eigentlich alle gleich sind und auch nur mit Wasser kochen. Nach meiner Erfahrung sind die größten Stars jene, die am entspanntesten auftreten und keinen Zirkus um sich herum brauchen. So war es auch mit Franco. Das ist ein ganz lieber Mensch, dem ständig der Schalk im Nacken sitzt und seine Jugendlichkeit überhaupt nicht verloren hat.
Ist solch eine ernsthafte Rolle die willkommene Abwechslung vor Komödie? Muss man sich bisweilen neu erfinden?
Ist das ein neu erfinden? Zumindest habe ich das nicht bewusst gemacht. Natürlich ist es schön, etwas anderes zu machen. Vor allem auch, das Publikum zu überraschen. Aber für mich es die Arbeit eigentlich immer die gleiche. Ich versuche, Drehbücher auszuwählen, die mir zusagen und die ich gern verfilmt im Kino sehen möchte.
Welche Rolle spielt das Bauchgefühl bei der Auswahl von Projekten?
Mein Bauchgefühl sagt mir meistens das Richtige. Das gilt nicht nur für den Beruf, sondern ebenso bei Entscheidungen oder im Umgang mit anderen Menschen. Ich glaube, dass ich ein gutes Bauchgefühl habe, auf das ich immer höre und worauf ich sehr vertraue
Spielt man solch einen Film mit größerem Ernst als eine Komödie?
Nein, man übernimmt jede Rolle mit derselben Ernsthaftigkeit. Auch Komödien spielt man ernst, ich blödele da ja nicht herum. Die Herangehensweise ist für mich immer dieselbe: Es geht darum, die Zuschauer zu berühren.
Das Thema Nazi-Vergangenheit könnte sperrig geraten und abschrecken. Geben Sie da den Türöffner um ein junges Publikum anzulocken?
Ob das funktioniert, wird sich nach dem Kinostart zeigen. Es würde mich freuen, wenn der eine oder andere, der sich bislang nicht für deutsche Thriller begeistern konnte, jetzt einen Grund sieht, ins Kino zu gehen. „Der Fall Collini“ ist künstlerisch wertvoll, zugleich aber durchaus für ein großes Publikum zugänglich. Das ist kein schwermütiges Drama, es ist berührend und sehr emotional. Aber eben auch spannend und unterhaltsam.
Sie haben für die Rolle reichlich recherchiert, besuchten etliche Prozesse und beherrschen das Juristen-Deutsch – könnten Sie sich mittlerweile selbst vor Gericht verteidigen?
Auf gar keinen Fall! Ich habe hier nur das getan, was ich als Schauspieler immer tue: Zu behaupten, eine Figur zu sein. Ich habe nach wie vor keinen blassen Schimmer von Paragrafen. Allerdings weiß ich durch den Film, was es mit diesem weitgehend unbekannten „Dreher-Gesetz“ auf sich hat – und von diesem Skandal wird auch der Zuschauer in „Der Fall Collini“ erfahren wird.
„Der Fall Collini“ ist nicht Ihr erster politischer Film, auch „Willkommen bei den Hartmans“ oder „Who am I“ hatten gesellschaftliche Anliegen. Wie politisch verstehen Sie sicht? Welche Noten gibt der Ex-„Fack ju Göhte“-Lehrer der aktuellen „Fridays for Future“-Bewegung?
Die „Fridays for Future“-Demos finde ich unglaublich wichtig. Das hat auch mir die Augen für Themen geöffnet, mit denen ich mich zuvor gar nicht so richtig beschäftigt hatte. Es ist sehr beeindruckend, dass so junge Menschen sich so derart engagieren und diese Bewegung ins Leben gerufen haben. Ich würde von mir behaupten, ein gerechter Mensch zu sein. Umso mehr gefällt mir, wenn Leute aufstehen und etwas gegen Ungerechtigkeit tun – genau davon handelt auch unser Film.
Wie vertraut waren Sie mit den Büchern von Ferdinand von Schirach?
Ich bin ein großer Fan von ihm und habe alle seine Bücher gelesen. Was mich an ihnen schon immer besonders fasziniert hat, ist ihre unglaubliche Nüchternheit – sie wirken wirklich echt, authentisch, nah am Leben. Man kann sich da sehr schnell hineinfinden: Wenn man diese Bücher liest, ist man sofort Teil der Geschichte.
Was lesen Sie sonst noch gerne?
Derzeit leider viel zu wenig, weil ich kaum dazu komme und fast nur Drehbücher lese. Mir gefallen Krimis und Thriller ziemlich gut. Ich habe mir fest vorgenommen, endlich „Der goldene Handschuh“ von Heinz Strunk zu lesen.
Hätten Sie in der Verfilmung die Rolle des sadistischen Serienkillers auch gern gespielt?
Mit Fatih Akin zusammen einen Film zu drehen ist einer meiner großen Träume, bislang hat sich das leider noch nicht ergeben. Fatih war einer der Filmemacher, durch die ich zum ersten Mal gerne deutsche Filme gesehen habe.
Wim Wenders müsste auch noch auf Ihrer Wunschliste stehen. Nach ihrem gemeinsam Eiskrem-Werbespot war er sehr angetan von Ihnen…
Wim Wenders hat mich wohl vergessen, seit dem habe ich leider nichts mehr von ihm gehört. Aber wenn wir schon groß denken, Martin Scorsese könnte sich auch gerne bei mir melden, wenn er möchte. Oder Quentin Tarantino.
Abgedreht haben Sie gerade die Komödie „Das perfekte Geheimnis“ von„Fack ju Göhte“-MacherBora Dagtekin. Worum geht’s?
Es geht um drei Frauen und vier Männer. Und was so passieren kann, wenn diese sieben Freunde ihre Smartphones auf den Tisch und alle Nachrichten und Anrufe geteilt werden. Erleben kann man das dann ab Oktober im Kino.
‚Der Fall Collini‘ läuft seit dem 18. April im Kino.
Fotos: © Constantin Film