Vor zwölf Jahren wurde er zum „European Shooting Star“ gekürt, danach spielte Maximilian Brückner, 40, in „Kirschblüten“ von Doris Dörrie, „Räuber Kneißl“ von Marcus Rosenmüller oder in „Rubbeldiekatz“ von Detlev Buck. Auch Steven Spielberg engagierte den Schauspieler für sein Kriegsdrama „Die Gefährten“ – doch dieser Auftritt fiel weitgehend der Schnitt-Schere zum Opfer. Künstlerpech auch beim „Tatort“. Trotz guter Quoten wurde der Bayer als Kommissar in Saarbrücken vom Sender entlassen.
Nun präsentiert sich Brückner in „Das schönste Paar“ als verzweifelter Held, der die Vergewaltigung seiner Partnerin miterleben muss – und zwei Jahre später zufällig dem Täter von einst begegnet. Mit dem Schauspieler unterhielt sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald.
Herr Brückner, der Film ist ziemlich starker Tobak. Dachten Sie das auch beim Lesen des Drehbuchs?
Klar, die Dinge stehen schließlich explizit dort drin. Vor allem aber dachte ich, welch ein grandioses Drehbuch mit einem starken Thema da vor mir liegt. Es gab ja bereits etliche Filme darüber, aber hier wird die Geschichte aus der Perspektive des betroffenen Paares erzählt: Was macht dieses schlimmer Ereignis mit diesen zwei Menschen? Solche Drehbücher bekommt man wirklich nur ganz selten.
Wie gut können Sie Ihre Figur Malte verstehen?
Als Schauspieler muss man seine Figur immer ein bisschen verstehen, selbst wenn es ein Massenmörder wäre, muss man sich dem irgendwie annähern. Wobei ich vorab gar nicht so genau weiß, wie ich eine Rolle anlege, das entwickelt eher sich durch Ausprobieren. Im Nachhinein würde ich für Malte sagen: In der Ruhe liegt die Aggressivität.
Als Zuschauer macht man sich Gedanken, wie man selbst in solch einer extremen Situation handeln würde. Geht es dem Darsteller ebenso oder nimmt man das professionell wie jede andere Rolle auch?
Solche Fragen stelle ich mir eigentlich gar nicht. Bei Malte ist die Sache relativ klar: Er erlebt ohnmächtig mit, wie seine Freundin vergewaltigt wird. An diesem Tag werden ihm gleichsam die Eier abgeschnitten und die sucht er dann den Rest des Filmes. Krass dabei finde ich, wie unterschiedlich die Geschlechter mit solch einer Situation umgehen. Auch Malte erlebt sein Trauma, er fühlt sich psychisch vergewaltigt, weil er seine Frau nicht beschützen konnte.
Wie ist die Atmosphäre am Set, wenn solche Szenen auf dem Drehplan stehen?
Die Atmosphäre ist sehr konzentriert und ruhig. Diese Sequenzen haben wir gleich zu Beginn gedreht, was sich später als sehr hilfreich erwies, denn danach wusste jeder gleich, wovon man redet.
Sie präsentieren sich ziemlich freizügig vor der Kamera. Gehört Exhibitionismus einfach zum Beruf?
Ich bin privat nicht der Typ, der so etwas unbedingt forciert. Aber in diesem Moment bin ich das ja nicht. Da denke ich keine Minute an mich selber. Zudem haben wir mit Daniela Knapp eine großartige Kamerafrau, die diesen ganz schmalen Grat bei diesen Vergewaltigungsszenen schafft, ohne jemals voyeuristisch zu werden. Wenn dabei kurz das Geschlechtsteil zu sehen ist, bringt einen das nicht aus der Fassung. Im Unterschied zu manchen anderen Filmen hat man als Zuschauer nicht das Gefühl, das wird einem nun zu viel.
Bisweilen fühlt man sich an „Funny Games“ von Michael Haneke erinnert. Ging Ihnen das ähnlich?
Da habe ich schon öfters gehört. Mir selbst kam dieser Vergleich mit „Funny Games“ allerdings nie in den Sinn.
Nehmen Sie so eine Rolle nach Feierabend mit nach Hause?
Nein, auch wenn sich das in diesem Fall vielleicht blöd anhören mag: Mir macht das Spielen immer Spaß, auch wenn es solche Rollen sind. Für mich zählt vor allem, dass man etwas Großartiges umsetzen kann. Ich gehöre nicht zu denen, die sich nach Drehschluss ins Zimmer einschließen und nicht mehr angesprochen werden möchten. Aber jeder Schauspieler hat da seinen ganz eigenen Weg. Wie man das Ziel erreicht, ist letztlich völlig egal.
Was ist die wichtigste Qualität für Ihren Beruf?
Leidenschaft und dass man für etwas brennt. Es geht immer nur um die Szene, Eitelkeiten haben dabei nichts zu suchen.
Eitelkeit konnten bei Steven Spielbergs „Gefährten“ kaum aufkommen. Dort fiel Ihre Szene der Schnittschere zum Opfer gefallen – wie fühlt man sich da?
Das ist überhaupt kein großes Drama, ich kann völlig verstehen, dass Spielberg bei einem Film mit zu viel Überlänge die Szenen mit unbekannten deutschen Schauspieler heraus schneidet. Für mich zählt die Erfahrung, einmal mit solch einem großartigen Regisseur gearbeitet zu haben – das allein war bereits ein wunderbares Erlebnis.
Haben Sie den herausgeschnittenen Schnipsel wenigstens nachträglich als Souvenir von Spielberg bekommen?
(Lacht) Nein, den Schnipsel habe ich nicht bekommen. Bei solchen Filmen unterschreibt man Verträge, die ein halbes Buch füllen und die genau vorgeben, was man alles darf und nicht tun darf. Ich schätze, diese Szenen liegen vermutlich in einem Tresor im Hochsicherheitstrakt von Hollywood.
Was haben Sie von Spielberg gelernt?
Spielberg sieht bei der Arbeit sehr genau hin, er ist präzise und er hat einen ausgesprochen guten Humor – bisweilen zynisch, aber immer gut!
Gibt es einen Karriereplan bei Ihnen?
Nein, abgesehen davon, dass man nicht unbedingt danach strebt, nun zwanzig Komödien nach einander zu drehen. Aber das dürften die meisten Schauspieler ganz ähnlich sehen. Die Abwechslung ist es, die diesen Beruf so spannend macht.
Was wäre bei „Das schönste Paar“ Ihr Ratschlag für Kinogänger?
Sich zu freuen auf einen Film, der ständig seine Farbe und sein Tempo wechselt. Ein ganz harter Anfang. Dann ein Liebesfilm. Danach ein Thriller. Um zum Schluss wieder das ganz harte Drama. Am besten nicht alleine ins Kino gehen, dann kann man danach noch gut quatschen darüber.
‚Das schönste Paar‘ startet am 2. Mai in den Kinos.
Foto: © One Two Films