Rollkragen, Baskenmützen, benebelte Kellerbars und eintöniges Fahrstuhlgeklimper – Schön und gut. Aber aktuell? Wie Herbie Hancock schon meinte: „Jazz is about being in the moment“. So steht das vierte XJAZZ-Festival für die Loslösung vom altbekannten Klischee in Richtung totaler Klangfreiheit. Einflüsse von elektonischer Musik bis hin zum Songwritertum bereichern das Genre wie nie zuvor. Vor allem lokale Künstler stellen dies vom 3. bis 7. Mai in diversen Kreuzberger Locations unter Beweis.
Wallis Bird And The Irish Migration
Die gebürtigeIrin brachte sich als linkshändisches Kind die Rechtshändergitarre bei, weil ihr durch einen Rasenmäher-Unfall ein Finger der linken Hand fehlt. Seit der ersten Gitarre folgt sie ihrer Bestimmung, gefühlvolle Songs zu schreiben, die auch mal trotziger klingen. Die Wahlberliner Singer-Songwriterin brachte letztes Jahr das siebte Album „Home“ heraus, in welchem sie das Zuhause in einer neuen Liebe findet. Mit dieser Beflügelung und befreundeten Musikern aus Irland spielt sie den Auftakt im Lido.
MiI 3.5. ab 20 Uhr im Lido
Dillon
Die gebürtige Brasilianerin, welche in Köln aufwuchs und nun in Berlin lebt, ist wohl am ehesten bekannt für die Single „Thirteeen Thirtyfive“. Mit kindlicher Stimme besingt sie darin ein zartes Klavierspiel, begleitet von elektronischen Elementen. Dominique Dillon de Byington veröffentlichte zwei Alben namens „This Silence Kills“ und „The Unknown“, welche inhaltlich zusammengehören. Letztes Jahr performte Dillon im Haus der Berliner Festspiele und brachte dabei erwählte Songs in einen neuen Rahmen.
DO 4.5. ab 20 Uhr in der Emmauskirche
Malky
Sänger Daniel Stoyanov und Produzent sowie Keyboard-Spezialist Michael Vajna, die zunächst eher im musikalischen Hintergrund mitwirkten, verstanden sich von Anfang an ohne Worte. Das Soul Duo nennt sich Malky, was auf Bulgarisch „kleiner Junge“ heißt. Die Stimme von Daniel Stoyanov hat tatsächlich einen jungenhaften Anklang, kann aber auch mal die Seele erschüttern: Die Single „Lampedusa“ der LP „Where is Piemont“ verbirgt hinter der poppigen Melodie eine Stimme des Mitgefühls für Geflüchtete.
FR 5.5. ab 19 Uhr im Lido
Federico Albanese
Sein Debütalbum „The Houseboat And The Moon“ nahm er mit einem 1969er Royal Deluxe Recorder auf, um kleine Imperfektionen und Geräusche nicht zu vernachlässigen, welche die berührenden Melodien des Komponisten begleiten. Der Pianist spielt mit Titeln wie „Disclosed“ in derselben Klasse wie Poppy Ackroyd, mit welcher er des öfteren im Line Up steht. Nach der zweiten LP „The Blue Hour“ ließ er vier Tracks seines Debüts von Musikern wie dem Techno-Mäzen Cassegrain aus Berlin überarbeiten.
FR 5.5. ab 24 Uhr in der Emmauskirche
Ätna
In Dresden fanden sich zwei unterschiedliche Geschmäcker zusammen um etwas außergewöhnliches zu kreieren. Während Inéz minimalistische Klaviertöne schätzt, will Demian diese Strukturen brechen. Sein energetischer Einsatz des Schlagwerks und untermalende elektronische Klänge treffen auf eine eindringliche Stimme und höchst gefühlvolles Tastenspiel. Der bizarre Sound von Ätna findet in einer gleichnamigen EP sein Debüt, welche von Moses Schneider im Transporterraum Berlin produziert wurde.
SA 6.5. ab 21.30 Uhr im FluxBau
Jacob Collier
Multitasking-Experte Jacob Collier begann seinen Weg in das Musikgeschäft im Alleingang über YouTube. In seinem Musikzimmer nahm er Mosaik-Videos auf, die bald zu seinem Erkennungsmerkmal wurden. Sein Stevie Wonder-Cover „Don’t You Worry 'Bout A Thing“ wurde beinahe zwei Millionen Mal angeklickt. Der Multiinstrumentalist musste mit Ben Bloomberg am MIT erstmal eine Art der Live-Darbietung erarbeiten, die seinen vielen Talenten gerecht werden kann und keine Klangverluste mit sich bringt.
SO 7.5. ab 18 Uhr im Funkhaus Berlin
Fotocredit Header: Ulla C. Binder