Die Bundestagswahl 2025 ist vorbei – und das Ergebnis ist ein Weckruf. Die AfD hat sich als zweitstärkste Kraft etabliert. In manchen Regionen hat sie fast die absolute Mehrheit geholt. Eine Partei, die unser demokratisches Fundament verachtet, die Spaltung über Zusammenhalt stellt und mit Hetze statt Lösungen Politik betreibt, sitzt nun mit einer beispiellosen Stärke im Parlament. Wer jetzt noch glaubt, das sei eine normale politische Entwicklung, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
Demokratie ist kein Selbstläufer
Unsere Demokratie wurde nicht geschenkt – sie wurde hart erkämpft. Von Menschen, die für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit auf die Straße gegangen sind, die sich gegen Diktaturen gewehrt haben, die gegen Faschismus und Totalitarismus gekämpft haben. Wir können es uns nicht leisten, diese Errungenschaften als selbstverständlich zu betrachten. Jeder, der sich in den letzten Monaten und Jahren gefragt hat, ob es wirklich so schlimm ist, wenn die AfD ein paar Stimmen mehr bekommt, hat jetzt die Antwort vor Augen. Sie haben sich tief in das politische System gegraben, ihre Positionen radikalisieren sich weiter – und das mit dem Segen von Millionen Wählerinnen und Wählern. Doch das bedeutet nicht, dass wir diesen Kurs einfach hinnehmen müssen. Im Gegenteil: Jetzt ist der Moment, in dem wir unsere Demokratie verteidigen müssen – in Parlamenten, auf der Straße, in Schulen, in Unternehmen, am Wahlstand.
Gewinner: CDU, AfD – und überraschend: Die Linke
CDU/CSU: Trotz interner Herausforderungen und eines als schwach eingeschätzten Kanzlerkandidaten konnte die Union von der Unzufriedenheit mit der vorherigen Ampel-Koalition profitieren und ihre Position als stärkste Kraft behaupten.
AfD: Mit einem Rekordergebnis, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern, festigte die AfD ihre Stellung als bedeutende politische Kraft. In einigen Regionen Ostdeutschlands erzielte sie über 40 % der Stimmen.
Die Linke: Gegen alle Erwartungen schaffte es die Linke, ihr Überleben zu sichern und sogar an Zustimmung zu gewinnen. Nach jahrelangen internen Querelen und Wahlniederlagen hat die Partei ihre linke Kernwählerschaft mobilisiert und konnte vor allem mit sozialen Themen überzeugen. Dies zeigt: Es gibt ein Wählerpotenzial für eine starke linke Alternative zur AfD – wenn die Botschaft klar ist.
Verlierer: SPD, Grüne, BSW, FDP
SPD: Die Sozialdemokraten mussten erhebliche Verluste hinnehmen und erreichten ein historisches Tief. Parteiintern werden bereits personelle Konsequenzen diskutiert, wobei Lars Klingbeil als neuer Fraktionschef vorgeschlagen wurde.
Grüne: Nach einem Jahrzehnt des Aufstiegs mussten die Grünen starke Verluste hinnehmen. Die Partei konnte in der Klimadebatte nicht mehr punkten und verlor sowohl an progressive Wähler als auch an enttäuschte Pragmatiker, die sich wirtschaftlich vernachlässigt fühlten.
Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Nach anfänglicher Euphorie erlebte das BSW ein durchwachsenes Ergebnis. Während die Partei in Ostdeutschland einige Erfolge verbuchen konnte, blieb die bundesweite Unterstützung hinter den Erwartungen zurück. Die Frage ist, ob das BSW langfristig eine stabile Kraft bleibt oder eine kurzlebige Protestbewegung war.
FDP: Nach enttäuschenden Wahlergebnissen kündigte Parteichef Christian Lindner seinen Rückzug aus der Politik an, was die Krise der Liberalen weiter vertieft.
Europa muss zusammenstehen – Sicherheitspolitik
ist jetzt entscheidend
Während Deutschland mit sich selbst kämpft, wächst die Unsicherheit auf der Welt. Russland führt seinen Krieg gegen die Ukraine fort, autoritäre Kräfte erstarken in Europa und die USA steuern auf eine ungewisse Wahl zu. Es kann kein „Zurück zur Normalität“ geben. Die Europäische Union muss enger zusammenrücken, sich als sicherheitspolitische Kraft positionieren und nicht länger von anderen abhängig machen. Die Wahl zeigt deutlich: Nationalismus ist auf dem Vormarsch – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Wenn wir das nicht entschieden bekämpfen, stehen wir in wenigen Jahren vor einer EU, die von Spaltern, Populisten und Autokraten unterwandert ist. Deutschland hat jetzt die Verantwortung, mit demokratischen Partnern eine klare Linie gegen rechtsnationale Strömungen zu ziehen.
Bildung, Klima, soziale Gerechtigkeit – Es gibt so viel zu tun
Die Wahlergebnisse spiegeln auch wider, dass viele Menschen sich von der Politik der letzten Jahre abgewandt haben. Sie fühlen sich nicht gesehen, nicht gehört – und wählen aus Protest eine Partei, die sich gegen alles stellt, aber nichts löst. Das ist der Preis einer Politik, die zu lange weggeschaut hat, wenn es um soziale Gerechtigkeit, Bildungschancen und Klimaschutz ging. Es reicht nicht, sich über das Wahlergebnis zu empören – es braucht eine Politik, die den Menschen Perspektiven gibt.
Bildung muss Priorität haben. Nur mit einem starken Bildungssystem, das kritisches Denken fördert und Chancengleichheit schafft, können wir verhindern, dass noch mehr Menschen in die Fänge rechter Propaganda geraten. Schulen müssen modernisiert, Lehrpläne überarbeitet und Lehrkräfte entlastet werden.
Der Klimawandel wartet nicht. Während Rechtspopulisten weiter über „grüne Verbote“ hetzen, erleben wir Rekordhitzewellen, Überschwemmungen und Umweltkatastrophen. Die Politik muss endlich konsequent handeln – und das so, dass Menschen mitgenommen und nicht abgehängt werden.
Soziale Sicherheit ist die beste Antwort auf Populismus. Wer Angst vor der Zukunft hat, wählt radikal. Wer sich von der Politik im Stich gelassen fühlt, sucht einfache Antworten. Es ist die Aufgabe demokratischer Parteien, diese Menschen zurückzugewinnen – mit ehrlichen, greifbaren Lösungen, die nicht nur Wohlhabenden nützen, sondern allen.
Jetzt ist die Zeit zu handeln
Die Bundestagswahl 2025 ist nicht nur eine Momentaufnahme. Sie ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Sie zeigt, wie tief die Gräben sind, wie groß die Enttäuschung, aber auch wie stark der Widerstand sein kann. Doch Demokratie ist keine Einbahnstraße. Sie lebt davon, dass wir uns einbringen. Dass wir nicht schweigen, wenn Hetze zur Normalität wird. Dass wir wählen gehen, aber auch danach aktiv bleiben. Dass wir Menschen aufklären, unterstützen, für unsere Werte einstehen. Jetzt ist nicht die Zeit für Resignation. Jetzt ist die Zeit für Entschlossenheit. Für eine Politik, die nicht nur reagiert, sondern gestaltet. Die nicht nur verwaltet, sondern Visionen hat. Die nicht nur redet, sondern handelt. Deutschland steht an einem Scheideweg. Welche Richtung wir einschlagen, hängt von uns allen ab.
Euer
Tim Schäfer