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[030] Filmkritik: The Girl King

Das Leben der schwedischen Königin Kristina bietet reichlich Stoff für einen Kinofilm – findet auch Mika Kaurismäki, der die schillernde Monarchin aus dem 17. Jahrhundert in einer internationalen Koproduktion porträtiert. Anders als seine faszinierende Hauptfigur bleibt der optisch auf TV-Niveau angesiedelte Historienfilm allerdings etwas blass.

Als ihr Vater Gustav II. Adolf 1632 während des Dreißigjährigen Krieges auf dem Schlachtfeld ums Leben kommt, rückt die erst sechsjährige Kristina (Lotus Tinat) nominell zur Herrscherin Schwedens auf. Bis zu ihrem 18. Geburtstag führt jedoch Reichskanzler Axel Oxenstierna (Michael Nyqvist) die Regierungsgeschäfte und überwacht zudem die Ausbildung der zukünftigen Königin, die nach dem Willen ihres Vaters wie ein Junge erzogen wird. Bei der offiziellen Krönung überrascht die volljährige Kristina – nun gespielt von Malin Buska – ihren Hofstaat mit der Ankündigung einer Bildungsoffensive und dem Bekenntnis, den seit langem in Europa wütenden Glaubenskrieg endlich beenden zu wollen. Ein Affront für die protestantischen Meinungsführer ihrer Heimat, die außerdem entrüstet sind, dass die Monarchin keine Heiratspläne verfolgt, sondern ein Verhältnis mit ihrer Kammerzofe Ebba (Sarah Gadon) beginnt.

the girl king, kino, filmSchon der Handlungsabriss lässt erahnen, dass es sich bei Kristina von Schweden um eine hochgradig faszinierende Persönlichkeit handelt. Malin Buska spielt die kulturell und wissenschaftlich interessierte Herrscherin als energische, selbstbewusste, gleichzeitig aber auch verletzliche junge Frau, die sich mit großer Leidenschaft gegen damalige Rollenmuster und Zuschreibungen stemmt. Die angenommenen lesbischen Neigungen der Königin finden ebenso Eingang in die Handlung wie ihre Auseinandersetzung mit dem französischen Gelehrten René Descartes (Patrick Bauchau), mit dem sie unter anderem über die persönliche Freiheit des Menschen – als Gegensatz zur kirchlich propagierten Vorbestimmung – diskutiert.

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Obwohl der Film immer wieder philosophische Überlegungen anstrengt, wirkt „The Girl King“ die meiste Zeit wie eine historische Seifenopfer mit episodenhaftem Charakter. Die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden, die Kristina immerhin mit auf den Weg brachte, werden leider nur beiläufig beleuchtet, während das höfische Ränkespiel nach altbekanntem Muster abläuft. Unfreiwillig komisch wirken die Momente, in denen Martina Gedeck als dem Wahnsinn anheimgefallene Mutter der Königin hysterisches Overacting betreibt. Dass das Geschichtsdrama trotz fesselnder Protagonistin und überzeugender Hauptdarstellerin nur selten echtes Kinoformat erreicht, liegt auch an der recht faden Optik, die vielmehr an einen Fernsehfilm erinnert. Vorherrschend sind Nahaufnahmen. Und ein Großteil des Geschehens spielt sich in eher kargen Innenräumen ab, was wahrscheinlich auf das nicht allzu üppige Budget zurückzuführen ist.

The Girl King

Länge: 106 Min.

Regie: Mika Kaurismäki

DarstellerInnen: Malin Buska, Sarah Gadon, Michael Nyqvist, Lucas Bryant, Laura Birn, Hippolyte Girardot, Peter Lohmeyer, Martina Gedeck, Patrick Bauchau, Lotus Tinat

Kinostart: 21.07.2016

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