Musik liegt dem irischen Filmemacher John Carney im Blut. Nach der feinfühligen Ballade „Once“ und dem Großstadtmärchen „Can a Song Save Your Life?“ kehrt der frühere Rockbandbassist mit einer romantischen Coming-of-Age-Geschichte auf die Leinwand zurück, die nicht nur in den 1980er Jahren spielt, sondern auch den Sound dieser Ära wiederaufleben lässt.
Während Irland von einer sozioökonomischen Krise heimgesucht wird, kämpft der Teenager Conor (Ferdia Walsh-Peelo) im persönlichen Umfeld an unterschiedlichen Fronten. Seine Eltern (Maria Doyle Kennedy und Aiden Gillen) streiten sich ständig, haben kein Geld mehr für eine Privatschule und müssen ihren Sohn daher auf eine öffentliche Einrichtung schicken. Dort herrschen strikte Kleiderregeln. Und schon am ersten Tag wird Conor vom rüpelhaften Barry (Ian Kenny) drangsaliert, der in dem Neuankömmling ein leichtes Mobbingopfer erkennt. Conors Stimmung hellt sich erst auf, als er eines Tages der hübschen, etwas älteren Raphina (Lucy Boynton) begegnet, die er zu seiner eigenen Verwunderung einlädt, in einem Musikvideo mitzuspielen. Dummerweise hat Conor bislang aber gar keine eigene Band, weshalb er sich kurzerhand mit seinem Mitschüler Darren (Ben Carolan) und einigen anderen Jungs zusammentut, um erste musikalische Schritte zu unternehmen.
Boy-Meets-Girl-Geschichten sind im Kino ein alter Hut. Umso erstaunlicher, dass es Regisseur und Drehbuchautor John Carney gelingt, das konventionelle Handlungsmuster zu keinem Zeitpunkt abgeschmackt erscheinen zu lassen. Die Annäherung zwischen Conor und Raphina hat Charme und wirkt alles andere als kitschig, was freilich auch dem unbekümmerten, natürlichen Spiel der beiden Hauptdarsteller zu verdanken ist. Ferdia Walsh-Peelo, der mit „Sing Street“ sein Kinodebüt feiert, und die bereits leinwand- und fernseherprobte Lucy Boynton geben ein sympathisches, aber auch eigenwilliges Pärchen ab, dessen Entwicklung nie langweilig zu werden droht.
Eine besondere Note verleiht Carney dem autobiografisch gefärbten Geschehen dadurch, dass er die aufkeimende Romanze mit seiner großen musikalischen Leidenschaft verbindet. Diverse Hits – unter anderem von „The Cure“ und „Duran Duran“ – laden den Zuschauer zum Mitwippen ein und werden durch fetzige Songs ergänzt, die extra für die Band im Film entstanden. Als Gegengewicht zur eher bedrückenden Wirtschaftskrisenrealität in Dublin etabliert „Sing Street“ die knallig bunte Popwelt, die auch in den damaligen Musikvideos zum Vorschein kommt und den jugendlichen Protagonisten vor allem in puncto Kleidungsstil Möglichkeiten bietet, ihre äußere Persönlichkeit zu formen. Wer das Lebensgefühl der 1980er Jahre genießen möchte, macht mit dieser schwungvoll inszenierten und berührenden Tragikomödie sicher nichts verkehrt.
Sing Street
Länge: 106 Min.
Regie: John Carney
Darsteller:
Ferdia Walsh-Peelo, Lucy Boynton, Jack Reynor, Maria Doyle Kennedy, Aiden Gillen,
Ben Carolan, Mark McKenna, Percy Chamburuka, Conor Hamilton, Karl Rice, Ian Kenny
Kinostart: 26.05.16