Magical Girl, 030 Magazin, Kritik

[030] Filmkritik: Magical Girl

Carlos Vermuts "Magical Girl" eröffnete 2015 das das Spanische Filmfest in Berlin. Der Thriller, der in Spanien sehr positiv aufgenommen wurde und verschiedene Preise gewonnen hat, unter anderem erhielt die Hauptdarstellerin Bárbara Lennie den Goya als beste Schauspielerin, kommt nun in die deutschen Kinos.

Luis kümmert sich alleine um seine an Leukämie erkrankte Tochter Alicia. Von der Situation überfordert, klammert er sich daran, dem Mädchen ihren großen Traum von einem maßgeschneiderten Kostüm einer japanischen Zeichentrickheldin zu verwirklichen. Als sein Geld auch nach dem Verkauf all seiner Bücher nicht ausreicht, entschließt er sich zu einer Verzweiflungstat. Noch ehe er den Plan in die Tat umsetzt trifft er auf Bárbara – oder sie auf ihn -, schläft mit ihr und nutzt nun diese Tatsache, um von ihr Geld für das Kleid für die Tochter zu erpressen. Um sich vollends in das Fantasie-Vorbild zu verwandeln, fehlt aber noch ein Zauberstab. Luis bleibt sich treu und verlangt abermals Geld von Bárbara. Die hatte sich auf eine einmalige Erpressung eingelassen. Beim zweiten Mal zahlt sie zwar, beschließt aber sich an Luis zu rächen. Um an das Geld heranzukommen, geht Bárbara auf sexuelle und gewalttätige Rituale bei reichen Freiern ein, die sie zwar vor ihrem Mann verheimlicht, ihr aber offenbar aus ihrer beruflichen Vergangenheit vertraut sind. Eines dieser erotischen Treffen läuft aus dem Ruder, womit sie eine gefährliche Lawine an Ereignissen lostritt. Dank geschickter Manipulation gelingt es ihr, einen alten Bekannten dazu zu bewegen, als Komplize an ihrer statt erbarmungslos Rache zu üben.

Magical Girl, 030 Magazin, Kritik
© Spanisches Filmfest Berlin

Als Film noir haben Kritiker den Film bisher bezeichnet. Tatsächlich greift er sowohl formal als auch inhaltlich auf Genremittel wie ein intensives Spiel mit Licht und Schatten, sparsame Ausleuchtung oder eine ausgesprochene Vorliebe für Anti-Helden und ein unversöhnliches Ende zurück. Die komplexeste Figur bleibt die Frau in diesem Spiel. Ihre Motivation entzieht sich einer rationalen Erklärung, was wiederum ins Bild passt, da sie an einer bipolaren Persönlichkeitsstörung leiden soll. Die Besetzung ist nicht nur im Fall von Bárbara Lennie als Bárbara gelungen, sondern insbesondere bei Luis Bermejo als Luis. Trotz einzelner Drehbuch-Ungereimtheiten schafft Vermut ein stimmungsvolles Werk, das solides Handwerk in der Technik vorweist und Spannung erzeugt. Die Themen Macht, Besessenheit und sexuelle Energie mischen sich zu einem ästhetisch bemerkenswert fotografierten Film. Mit "Magical Girl" präsentiert Vermut seinen zweiten Langspielfilm. Er kommt selbst ursprünglich aus der Welt des Comics, die ihm immer wieder als Basis für die Konzeption und Darstellung seiner Geschichten dient. Die Anzahl der Charaktere ist reduziert, was den Film im Wesentlichen zu einem kleinen Kammerspiel macht, die Zeichnung der Figuren wenig tiefgründig und der Dialog nur nebensächlich. Die von Vermut verwendeten harten Schnitten ergänzen das Ganze zu einem schlüssigen Genrebild. – Text: Teresa Vena

Magical Girl

Regie: Carlos Vermut

Darsteller: Bárbara Lennie, Luis Bermejo, José Sacristán, Israel Elejalde, Lucía Pollán

Kinostart: 17. März 2016

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