Amos Oz zählt zu den bekanntesten und weltweit erfolgreichsten israelischen Schriftstellern. Sein 2004 erschienenden Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ ist das erfolgreichste Buch in Israel. Darin verarbeitet Oz seine eigene Kindheit in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre, als Israel noch unter britischem Protektorat stand, bevor es international als eigenständiger Staat durch die UN anerkannt wurde.
Als Drehbuchautorin und Regisseurin zeichnet die amerikanische Schauspielerin Natalie Portman für die Verfilmung dieses Bestsellers verantwortlich. Sie selbst spielt darin die Hauptrolle der Fania. Fania ist die Mutter des sechsjährigen Amos (Amir Tessler) und lebt in Jerusalem. Ihr Mann Arieh (Gilad Kahana) ist Bibliothekar und Sprachwissenschaftler, der soeben sein erstes Buch veröffentlicht hat. Aber Fania ist es, die den jungen Amos mit ihren fantasievollen Geschichten aus ihrer Heimat Polen begeistert, bei denen man nie genau weiß, was an ihnen frei erfunden und was wirklich passiert ist. Amos ist fasziniert von dem Talent seiner Mutter, während ihr intellektueller Mann seine Frau und deren Bedürfnisse nicht sonderlich ernst nimmt und seinem Sohn lieber Vorträge über die Herkunft und Entstehung von hebräischen Wörtern hält.
Als der Staat Israel gegründet wird, bricht Krieg mit den Nachbarländern aus und das junge Land und die kleine Familie machen eine schwere Zeit durch. Doch auch danach, in einer Zeit des Aufbruchs, ändert sich für die freigeistige Fania nichts. Das gelobte Land, in dem sie mit ihrer Familie nun endlich in Frieden leben kann, wird immer mehr zum Gefängnis, keiner ihrer Träume scheint sich zu erfüllen. Der einzige Lichtblick in ihrem Leben ist ihr Sohn Amos.
Natalie Portman, die selbst in Jerusalem geboren wurde, liefert mit ihrem Regiedebüt einen beschaulichen Film ab, dem man deutlich anmerkt, dass er auf einer Buchvorlage beruht. Das Literarische scheint in jeder Szene durch, sei es durch die Erzählstimme aus dem Off oder die perfekt ausformulierten Dialoge. Verbunden mit der sepiafarbenen Tönung der Bilder wirkt dieses Drama auch auf der visuellen Ebene aus der Gegenwart gefallen und eher wie ein Werk aus der Zeit, in der es spielt. Auf diese Weise schafft es Portman einen sehr persönlichen, fast schon intimen Film abzuliefern, der seiner jungen, von Amir Tessler erstklassig gespielten Hauptfigur den nötigen Respekt zollt. Wer sich an dieser altmodischen Betulichkeit nicht stört, erlebt die bewegende Geschichte eines Heranwachsenden in einer schwierigen politischen Zeit vor dem Hintergrund der israelischen Staatsgründung.
Eine Geschichte von Liebe und Finsternis
Länge: 98 min.
Regie: Natalie Portman
Darsteller: Natalie Portman, Amir Tessler, Gilad Kahana
Kinostart: 3. November