Venus Transit, Rezension, 030, Comics, Graphics

[030] Comictipp: Venustransit

IT-Job, Wohnung und Frau in Berlin – eigentlich ist für Ben Rama alles geritzt. Doch schlecht gelaunt und geprägt von einer gewissen Ziellosigkeit und Unzufriedenheit gleitet der Protagonist in der Graphic Novel "Venustransit" willenlos durch sein Leben. Er nimmt uns mit auf seine Reise durch Berlin, durch Clubs und Spätis, über Schallplattenflohmärkte, vorbei an nervenden Touristen, und auch fragwürdige Berliner Events wie die Gemüseschlacht zwischen Kreuzbergern und Friedrichshainern werden fulminant ins Bild gesetzt.

Als Ben von seiner Freundin verlassen wird ("es wird das Beste für uns sein, wenn wir uns eine Weile nicht sehen"), fällt er in dieser Turbulenz noch weiter ab. Erst ein Trip nach Indien führt ihn zurück auf seinen Weg, und mit einem riskanten Projekt möchte er sein Leben verändern. Der im Iran geborene und in Berlin lebende Künstler Hamed Eshrat ist Zeichner und Autor der Graphic Novel in einer Person. Er gibt seiner Hauptfigur die Leidenschaft zum Zeichnen mit auf den Weg. Das gibt dem Autor die Möglichkeit, Ben Ramas Skizzen und stilistisch wechselnde Zeichnungen geschickt und ungewöhnlich an mehreren Positionen in die Geschichte mit einzuweben. So ist Venustransit ein sehr vielseitiges Werk, dessen unterschiedliche Zeichnungen jedoch nie aus dem Rahmen fallen.

Venus Transit, Rezension, 030, Comics, GraphicsBeispielsweise die Reise nach Indien wird in dem Buch nicht ausführlich beschrieben. Statt Details konventionell zu erzählen, werden allerlei assoziative Skizzen und Zeichnungen eingeflochten. Was auf der Reise passiert, wird der Fantasie des Lesers überlassen. Auch dies kommt dem Buch zugute, da es dadurch nicht seinen Schwerpunkt auf das Leben in der Stadt verliert. Venustransit ist eine "Slice of Life"-Großstadtgeschichte, ein Buch eine Person zwischen Selbstverwirklichung und Selbstfindung, ein Porträt der "Projekt statt Job"-Generation und gleichzeitig eines Teils des Berliner Lebens, der vor allem die Wahrnehmung der Stadt nach außen geprägt hat. Gelegentlich war ich mir beim Lesen des Bandes nicht ganz sicher, ob die Bilder zu unseren "Erste Welt"-Problemen, Bioläden und Hipster-Lifestyle (kurzum Berlin Klischees) ironisch gemeint sind, oder nicht. Der Autor bezieht hier keine klare Stellung – ob dies eine Schwäche oder die Qualität des Buches ist, möge jeder Leser für sich selbst entscheiden. Ich habe mich wohlwollend für eine ironische Leseart entschieden.

Venustransit

von Hamed Eshrat
Avant Verlag
Klappenbroschur, 255 Seiten, s/w, 24.95 EUR

Für Fans gibt es darüber hinaus auch noch eine limitierte Hardcoverausgabe mit einem kleinen Kunstdruck.

Leseprobe

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