Er gilt als einer der profitabelsten Schauspieler von Hollywood. Doch Matt Damon macht nicht nur Kasse, er ist auch gut für Kino-Kunst. Ob mit „Good Will Hunting“, wofür er als Drehbuchautor gemeinsam mit seinem Kumpel Ben Affleck den Oscar bekam. Ob als charmanter Hochstapler in „Der talentierte Mr. Ripley“, als wackerer „Soldat James Ryan“ oder in Martin Scorseses „Departed“. Neben den „Ocean Eleven“-Abenteuern avancierte der Harvard-Absolvent als Agent James Bourne zum Publikumsliebling. Nun folgt der vierte Streich mit Matt Damon als Agent ohne Gedächtnis. Einige Szenen wurden traditionell in Berlin gedreht.
Mister Damon, wieder einmal haben Sie der deutschen Hauptstadt filmisch die Ehre gegeben. Wie lange haben Sie für „Jason Bourne“ in Berlin gedreht?
Damon: Das war dieses Mal leider nicht sehr lange, der Dreh in Berlin nur hat knapp eine Woche gedauert. Dabei liebe ich Berlin, beim zweiten Teil von „Jason Bourne“ habe ich fast ein halbes Jahr Zeit hier Stadt gelebt. Bei „Monuments Men“ haben wir ebenfalls etliche Zeit hier gedreht und bei dessen Präsentation auf der Berlinale war ich erneut in der Stadt.
Was gefällt Ihnen an Berlin?
Damon: Berlin ist eine Stadt, die einfach alles hat. Beim zweiten Teil diente die Stadt als perfektes Double für Moskau – die Berliner haben darüber natürlich alle gelacht, weil sie die Schauplätze wieder erkannten, anderswo hat das allerdings niemand bemerkt. Für den aktuellen „Jason Bourne“ bot sich Berlin als Kulisse an, weil es hier eine große Hacker-Szene gibt.
„Bourne“ bietet wieder Action satt – fällt Ihnen der Körpereinsatz mittlerweile schwerer?
Damon: Auf jeden Fall! Beim ersten „Bourne“-Film war ich 29 Jahre alt, heute bin ich 45 – da wird alles schwerer. (Lacht) .
Was hat Sie zu diesem vierten Teil motiviert?
Damon: Die Ansage von Regisseur Paul Greengrass war: Wenn wir diese Figur nochmals auferstehen lassen, muss im ersten Bild deutlich werden, wie sehr du die letzten zehn Jahre gelitten hast. Wir wollen für diesen Film den vollen Einsatz liefern, das sind wir dem Publikum schuldig. Genau dieser Anspruch war meine Motivation. Dafür habe ich zweimal täglich im Fitness-Studio trainiert. Wobei ich überhaupt nicht so einem Typen mit Muskeln entspreche. Das brauche ich nicht, ich bin sehr zufrieden in meiner Haut.
Gab es nicht Überlegungen, Bourne in Pension zu schicken?
Damon: Bourne wurde nie auf Eis gelegt, wir waren nur skeptisch, ob es noch eine weitere Folge geben sollte. Aber dann kamen immer mehr Leute auf uns zu, die eine weitere Fortsetzung wollten. Solche Reaktionen passieren nicht häufig und sie geben dir ein wunderbares Gefühl. Ich habe mit Sicherheit schon genügend Filme gedreht, die niemand sehen wollte.
In der Zwischenzeit gab es mit „Das Bourne Vermächtnis“ einen Film, der ohne Sie und die Figur des Agenten auskommt. Wie kam das zustande?
Damon: Das Filmstudio hat einen Vertrag mit den Nachlassverwaltern von Robert Ludlum, dem Erfinder von „Bourne“ und musste 2012 einen Film ins Kino bringen. Man fragte uns, ob wir das machen wollten, aber wir hatten damals noch keine Geschichte parat. Also entstand eben dieser Franchise-Ableger, ganz so wie bei „X-Man“ und „Wolverine“.
Ist für Sie Bourne der bessere Bond, weil er politisch relevante Themen behandelt?
Damon: Wir wollten mit „Bourne“ immer auf der Höhe der Zeit sein. Die ersten Folgen spielten während der Präsidentschaft von Bush, es ging um den Kampf gegen Terrorismus. Jetzt haben wir es mit einer völlig neuen Welt zu tun. Der Film beginnt an der Grenze von Griechenland, die so viele Flüchtlinge passieren. Es gibt eine Actionszene mitten in einer Protestdemonstration in Athen. Und vor allem geht es um die Frage von Privatsphäre versus Sicherheit. Das ist wirklich das zentrale Thema dieser Tage.
Wie realistisch sehen Sie die raffinierten Ausspäh-Methoden in „Jason Bourne“?
Damon: Vor kurzem habe ich in der „New York Times“ einen sehr beunruhigenden Artikel gelesen. Für ein Experiment haben zwei Hacker das Leben einer Großmutter aus Oregon ausgekundschaftet. Es war unglaublich, was die beiden dabei alles herausfanden. Noch schockierender ist allerdings, dass die Hacker entdeckten, nicht die ersten gewesen zu sein, die bei dieser harmlosen alten Dame herumgeschnüffelt hatten. Es ist alarmierend zu sehen, was alles möglich ist.
Reagiert die Gesellschaft zu lethargisch auf diese Entwicklung?
Damon: Diese Technologie entwickelt sich derart rasant, dass unser Verständnis dafür erst langsam erwacht. Viele Menschen sind von der Entwicklung überrascht. Welchen Einfluss hat das alles auf unser Leben und auf unsere Demokratie? Darüber muss es eine öffentliche Debatte geben und wir müssen Grenzen festlegen. Die Sicherheitsapparate werden naturgemäß immer danach trachten, so viel Informationen wie möglich zu sammeln und Hintertüren in alle Bereiche zu finden. Deswegen müssen wir Gesetze schaffen, die festlegen, was zulässig ist und was nicht.
Wie steht es mit Ihrem Vertrauen in die Privatsphäre? Schreiben Sie noch unbekümmert E-Mails?
Damon: Ich schreibe noch Mails, aber die sind alle ziemlich langweilig. Wenn die irgendjemand mitlesen sollte, hätte er wenig Vergnügen damit. (Lacht) Wie jeder andere benutze ich natürlich auch ständig mein Smartphone. Nicht nur um mit meinen Kindern in Kontakt zu sein. Praktisch mein ganzes Leben wird davon bestimmt. Aber ich lasse meine Finger von den Sozialen Medien, ich twittere nicht, ich poste nicht auf Facebook. Das macht mich schon ein bisschen altmodisch.
Könnten Sie sich vorstellen, den Beruf an den Nagel zu hängen und sich nur noch um die Kinder zu kümmern?
Damon: Clint Eastwood sagte mir einmal, wie satt er es habe, sich auf der Leinwand zu sehen. Ich kann mir gut vorstellen, künftig ein bisschen langsamer zu machen. Aber ans Aufhören denke ich sicherlich nicht, dafür liebe ich das Filmemachen einfach viel zu sehr.
Stimmt es, dass Sie im US-Remake von „Honig im Kopf“ von Til Schweiger mitspielen werden?
Damon: Davon habe ich noch nie etwas gehört. (Lacht)
Wird es einen weiteren Bourne-Einsatz für Sie geben?
Damon: Ich weiß nicht, das liegt bei Paul Greengrass, der aber erst noch zwei andere Filme drehen wird. Danach schauen wir, wie die Welt inzwischen aussieht. Vielleicht braucht man Jason Bourne, um die Welt vor einem Präsidenten Trump zu retten.
Glauben Sie, Trump hat eine Chance?
Damon: Nach dem Brexit kann ich mir alles vorstellen. Ich war wirklich schockiert, als das passierte. Damit hätte ich niemals gerechnet. Und plötzlich scheint auch der Aufstieg von Trump viel wahrscheinlicher. Auch da geht es um die Emotionen wütender Menschen, die sich vom System allein gelassen fühlen. Überall bekommen Rechtsextreme Auftrieb und es herrscht diese „Wir bauen eine Mauer“-Mentalität. Es ist unglaublich, dass ich das jetzt sage, denn vor einem Jahr hätte das keiner von uns gedacht: aber es könnte wirklich Realität werden, dass dieser Mann gewinnen könnte.