Im Dienste der Familie. Die Puccios gelten im Buenos Aires der 1980er-Jahre als geachtete Familie. Sie besitzen einen Lebensmittelladen und ein Fachgeschäft für Surfartikel, die Kinder gehen auf gute Schulen, die Jungen sind erfolgreiche Sportler. Hinter der glänzenden Familien-Fassade spielen sich allerdings kriminelle Machenschaften ab, deren Kopf der beispiellos skrupellose Vater Arquimedes (Guillermo Francella) ist.
Arquimedes zwingt seinen älteren Sohn Alejandro (Peter Lanzani), bei den Entführungen und Lösegeldforderungen mitzumachen. Als dieser erfährt, dass sein Vater auch nicht vor Mord zurückschreckt, ist er schockiert, doch der Vater setzt ihn emotional erheblich unter Druck und zwingt ihn in die Komplizenschaft. Nach und nach kommen auch die Geschwister hinter diese unrühmliche Tätigkeit und reagieren mit Unverständnis und Überforderung. Als Arquimedes die Frau aus einer einflussreichen Familie entführt, überschreitet er eine Grenze. Traperos Geschichte basiert auf realen Begebenheiten. Als besonders erschütternd erweist sich die Duldung und gar Mitwirkung von Politikern höchsten Ranges an den kriminellen Aktivitäten. Puccio senior gerät in Misskredit und muss schließlich alleine mit seiner Familie den Kopf hinhalten. Selbst gesteht er bis zu seinem letzten Atemzug nie eine eigene Verantwortung, inszeniert sich als Opfer der politischen Machthaber. Zur Figur passt ideal der Schauspieler Guillermo Francella, der den Patron mit seiner stoischen, undurchdringlichen Mimik spielt.
Der Autor des Films vertraut der mitreißenden Handlung aber nicht genug und setzt auf formale Spielereien wie Rückblenden, verschwommene Traumszenen und eine unruhige Kameraführung, deren ästhetischer oder erzähltechnischer Mehrwert kaum erkennbar ist. Einzelne Längen bleiben, trotz aller Bemühungen Spannung aufzubauen. Der Film wirkt insgesamt uneinheitlich und an vielen Stellen zu konstruiert. Seit seinem ersten Spielfilm "Mundo grúa" (1999) verarbeitet Trapero immer wieder Stoffe, die sich mehr oder weniger von reell existierenden Geschehnissen aus der Vergangenheit oder Gegenwart Argentiniens inspirieren lassen. Nachdem er mit "Leonera" (2008, "Löwenkäfig") seine Zuschauer ins Milieu eines Frauengefängnisses führte, mit "Carancho" einen skrupellosen Anwalt und mit "Elefante blanco" (2012) einen Priester als tragende Figuren entwickelte, zeichnet er mit "Der Clan" das Bild einer scheinbar durchschnittlichen Familie, deren Oberhaupt sich als gefühlloser Mörder entpuppt. Gewalt, Korruption und Habgier spielen als Motive in allen Filmen immer eine wichtige Rolle – so auch im Familien-Mafia-Epos "Der Clan".
Text: Teresa Vena
Der Clan
Regie: Pablo Trapero
Darsteller: Guillermo Francella, Peter Lanzani, Lili Popovich
Kinostart: 3. März 2016