Die aktuelle politische Entwicklung rund um die Abstimmung zum neuen Asylgesetz im Bundestag stellt einen historischen Wendepunkt dar. Die CDU unter Friedrich Merz hat sich entschieden, ein Gesetz vorzulegen, das mit den Stimmen der AfD verabschiedet werden konnte – eine bewusste Erosion der vielbeschworenen „Brandmauer“. Diese Entscheidung ist nicht nur taktisch fragwürdig, sondern gefährlich, da sie der AfD eine neue Legitimation verleiht und Parallelen zur verhängnisvollen Entwicklung Deutschlands im Jahr 1933 aufweist.
Das Ende der Brandmauer? Öffnet die CDU die Büchse der Pandora?
Die CDU argumentiert, dass es egal sei, wer für ein Gesetz stimmt, solange es inhaltlich richtig sei. Doch diese Sichtweise ignoriert die realen politischen Konsequenzen. Sobald eine etablierte demokratische Partei beginnt, Mehrheiten mit einer extrem rechten Partei wie der AfD in Kauf zu nehmen, sendet sie ein klares Signal: Die AfD ist ein akzeptabler politischer Akteur. Genau dies ist das gefährliche Erbe der Weimarer Republik. Anfang der 1930er Jahre war die NSDAP politisch noch isoliert, doch konservative Parteien öffneten ihr die Tür zur Macht, indem sie dachten, sie könnten Hitler und seine Partei für ihre eigenen Zwecke nutzen. Franz von Papen und andere Konservative glaubten, sie könnten die Nationalsozialisten einbinden und kontrollieren – eine fatale Fehleinschätzung, die schließlich zur totalen Machtergreifung Hitlers führte.
Legitimation durch Zusammenarbeit: Der gefährliche Präzedenzfall
Indem die CDU nun in Kauf nimmt, dass die AfD ihr Gesetz unterstützt, bricht sie mit einem Grundprinzip der deutschen Nachkriegsdemokratie: der klaren Abgrenzung nach rechts. Die Gefahr besteht darin, dass die AfD dadurch weiter normalisiert wird. Ihr Narrativ, dass alle etablierten Parteien ohnehin ihre Inhalte übernehmen, wird gestärkt. Die Hemmschwelle zur offenen Zusammenarbeit sinkt – und die AfD gewinnt an Einfluss, ohne selbst Regierungsverantwortung übernehmen zu müssen. In der Weimarer Republik gab es ähnliche Entwicklungen. Als die konservativen Eliten die NSDAP als Mehrheitsbeschaffer nutzten, wurde sie schrittweise in die politische Landschaft integriert. Jeder neue Schulterschluss mit der extremen Rechten verschob die politische Mitte weiter nach rechts. Das Ergebnis war 1933 die Machtergreifung Hitlers.
Merz‘ Taktik: Kurzfristiger Nutzen, langfristiger Schaden
Die CDU erhofft sich durch diesen Kurs einen Vorteil in der Wählergunst – besonders bei denen, die sich von der AfD angesprochen fühlen. Doch das ist ein gefährliches Spiel: Statt die AfD zu schwächen, stärkt sie ihre Agenda. Auch die konservativen Parteien der Weimarer Republik dachten, sie könnten durch Kooperation mit den Nationalsozialisten ihre eigene Macht sichern. Doch letztlich profitierten nur die Extremisten. Die CDU macht den ersten Schritt auf einem Weg, der sie weiter in Richtung einer Normalisierung der AfD führen könnte. Und Geschichte lehrt uns, dass, sobald die Tür zur Zusammenarbeit einmal geöffnet ist, sie schwer wieder zu schließen ist. Wenn eine Partei, die offen mit Demokratieverachtung, Rassismus und revisionistischen Ideen spielt, politisch legitimiert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie die Strukturen nutzt, um sich selbst an die Macht zu bringen.
Eine historische Verantwortung
Friedrich Merz und die CDU haben die Wahl: Entweder sie bleiben eine demokratische Kraft der Mitte oder sie gehen den verhängnisvollen Weg der konservativen Parteien in den 1930er Jahren, die dachten, sie könnten die Rechten für ihre Zwecke nutzen – und am Ende von ihnen verschlungen wurden. Die Geschichte zeigt, dass die Brandmauer nicht nur ein moralisches Prinzip ist, sondern eine Notwendigkeit zum Schutz der Demokratie. Sie jetzt einzureißen, bedeutet, den Rechten Tür und Tor zu öffnen – mit unvorhersehbaren Folgen für die Zukunft Deutschlands. Soweit darf es nicht kommen!
