Nach dem Einfall der russischen Armee in der Ukraine sind die Preise für Gas explodiert. Um die Energieversorgung hierzulande zu sichern, setzt das Wirtschaftsministerium seither verstärkt auf Photovoltaik (PV). In Kürze steht im Bundestag mit dem Solarpaket 1 die Verabschiedung eines umfassenden Gesetzeswerks zur Abstimmung, mit dem die Regierung den flächenmäßigen Ausbau der Solarenergie forciert.
Unter anderem geht es dabei um Balkonkraftwerke. Die kleinen Mini-PV-Anlagen erlauben es auch Mietern und Verbrauchern, die nicht über eigene Dachflächen verfügen, an der Energiewende teilzunehmen und eigenen kostenlosen und nachhaltigen Strom zu produzieren. So lässt sich die Stromrechnung um bis zu 40 Prozent senken. Mit dem Solarpaket 1 wird die Inbetriebnahme vereinfacht. Außerdem werden zukünftig 800 Watt Balkonkraftwerke erlaubt sein.
Was wird unter einem Balkonkraftwerk verstanden?
Ein Balkonkraftwerk ist eine Stecker-Solaranlage mit bis zu vier Modulen und einem Wechselrichter. Die Anlage wird ans Balkongeländer geschraubt oder an der Hausfassade befestigt. Zudem kann sie auf einem sonnigen Rasenstück im Garten positioniert oder am Gartenzaun aufgehängt werden. Der auf diese Art und Weise erzeugte Strom ist dazu gedacht, den Eigenverbrauch zu senken. In der Regel wird ein Balkonkraftwerk steckerfertig geliefert. Der Aufbau ist einfach, ein Fachbetrieb muss nicht beauftragt werden. Dadurch halten sich die Kosten in Grenzen und die Rentabilität wird gesteigert.
Wie funktioniert ein Balkonkraftwerk?
Eine Mini-PV-Anlage funktioniert im Prinzip genauso wie eine herkömmliche Solaranlage auf dem Dach. Die Module aus Silizium produzieren Gleichstrom. Der Wechselrichter wandelt diesen in gebräuchlichen Wechselstrom um. Zudem regelt er die Nennleistung bei 600 Watt/Peak (Wp) ab, um eine Überlastung des Hausnetzes zu vermeiden. Sobald die Anlage am bestmöglichen Standort aufgebaut ist, wird sie über ein Stromkabel an der nächstgelegenen Steckdose angeschlossen und mit dem Hausnetz verbunden. Der selbst produzierte Strom wird direkt verbraucht, der Zähler läuft langsamer und die Stromrechnung am Monatsende wird spürbar gesenkt.
Wie viel kostet ein Balkonkraftwerk?
PV-Anlagen werden aufgrund der riesigen Nachfrage immer günstiger. Derzeit ist bei der Anschaffung eines Balkonkraftwerks, je nach Ausführung, mit Ausgaben zwischen 500 und 1.500 Euro zu rechnen. Üblicherweise amortisiert sich die Investition binnen drei bis fünf Jahren.
Solarpaket 1 – welche Änderungen bringt das neue Gesetz für Balkonkraftwerke mit sich?
Eigentlich war die Umsetzung des Gesetzes schon zum 1. Januar 2024 geplant. Aufgrund der Konflikte um den Bundeshaushalt verschob sich die letzte Lesung im Bundestag und wurde auf Ende Februar 2024 terminiert. Daher wird das Gesetz nun spätestens Anfang April erwartet. Schon 2023 wurde die Mehrwertsteuer auf PV-Anlagen und damit verbundenen Dienstleistungen ausgesetzt. Obendrein ist seit Mitte des letzten Jahres die Verwendung eines einfachen Schuko-Steckers erlaubt, um ein Balkonkraftwerk ans Hausnetz anzuschließen. Vorher war dies nur mit einem teuren Wieland-Stecker möglich. Jetzt werden weitere Bestimmungen eingeführt, die die Rentabilität steigern und die Inbetriebnahme erleichtern.
Steigerung der Nennleistung auf 800 Wp
Die wohl wichtigste Neuerung besteht darin, dass ein Balkonkraftwerk zukünftig mehr Energie erzeugen darf. Bis jetzt riegelt der Wechselrichter die Einspeisung bei einer Nennleistung von 600 Wp ab. Künftig werden 800 Wp erlaubt sein, ein Wert, der von der Europäischen Union (EU) empfohlen wird. Dabei gilt es zu beachten, dass Module installiert werden sollten, die fähig sind, bis zu 2.000 Watt Strom zu produzieren. Dann kann auch bei schlechtem Wetter ausreichend Energie geliefert werden. Der Wechselrichter verhindert dabei, dass das Hausnetz überlastet wird.
Abbau bürokratischer Hemmnisse
Bis jetzt muss ein Balkonkraftwerk doppelt angemeldet werden, und zwar bei der Bundesnetzagentur und beim örtlichen Versorgungsunternehmen. Zukünftig entfällt die Registrierung beim Versorger. Der Eintrag bei der Bundesnetzagentur wird online vorgenommen und nimmt nur einige Augenblicke in Anspruch.
Balkonkraftwerk als “privilegierte Maßnahme”
Balkonkraftwerke werden in den Katalog der “privilegierten Maßnahmen” aufgenommen. Dieser Umstand bedeutet, dass Mietern ein verbindlicher Anspruch auf den Betrieb einer Mini-Solaranlage eingeräumt wird.
Zähleraustausch nicht mehr notwendig
Ein Balkonkraftwerk ist nicht für die Einspeisung ins öffentliche Stromnetz gedacht. Daher muss vor der Inbetriebnahme auf Kosten des regionalen Versorgungsunternehmens ein Zähler mit Rücklaufsperre eingebaut werden, sofern ein solcher nicht vorhanden ist. Da die Versorger beim Zählertausch nicht nachkommen, wird diese Regelung bis auf Weiteres ausgesetzt, um die sofortige Inbetriebnahme nicht zu blockieren.
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