In Berlin gibt es einen Teil des Wohnungsmarkts, der in keiner Statistik auftaucht und selten öffentlich thematisiert wird: Wohnungen, die über Wochen oder Monate leer stehen, weil ihre Mieter plötzlich verschwinden. Für Hausverwaltungen, Nachbarn und Eigentümer ist das mehr als ein bürokratisches Problem. Es geht um soziale Kälte, um Verdrängung, um Lebensgeschichten, die im Stillen enden – und um die, die aufräumen, wenn keiner mehr da ist.
„Wir werden oft erst gerufen, wenn eine Wohnung schon lange niemandem mehr geöffnet wurde, wenn Post sich stapelt oder Nachbarn wegen unangenehmer Gerüche Alarm schlagen“, sagt Gökhan Calisir, Geschäftsführer von Gepard Entrümpelung. Seit Jahren ist sein Unternehmen in ganz Berlin im Einsatz, wenn Wohnungen geräumt werden müssen – nicht nach einem Umzug, sondern oft nach einem Schicksalsschlag.
Dass Menschen aus ihren Wohnungen verschwinden, geschieht seltener freiwillig. Krankheit, Einsamkeit, der Verlust des Arbeitsplatzes oder psychische Krisen führen nicht selten dazu, dass jemand einfach nicht mehr zurückkommt. „In vielen Fällen wissen die Eigentümer oder Verwalter gar nicht, ob der Mieter noch lebt“, erklärt Calisir. „Dann beginnt erstmal die Spurensuche.“
Verhüllung ist für alle Beteiligten belastend
Diese beginnt nicht selten mit einem Anruf bei der Polizei oder dem Ordnungsamt. Wenn niemand erreichbar ist, muss oft erst ein gerichtlicher Räumungstitel eingeholt werden – ein langwieriger Prozess, der für alle Beteiligten belastend ist. Ist der Zugang zur Wohnung schließlich möglich, zeigt sich mitunter ein erschütterndes Bild: vollgestellte Räume, ungeöffnete Briefe, zurückgelassene Kleidung. „Das sind Momente, die man nicht vergisst. Man betritt den privaten Rückzugsort eines Menschen – ungefragt, aber notwendig“, so Calisir.
Wer in solchen Situationen professionelle Hilfe braucht, wendet sich meist an spezialisierte Dienstleister wie Gepard. Die professionelle Entrümpelung in Berlin umfasst dabei weit mehr als nur das Leerräumen von Zimmern. Es geht um Struktur, Respekt und oft auch um das Mitdenken in emotional aufgeladenen Ausnahmesituationen. „Manchmal finden wir Hinweise auf Familienangehörige – Fotos, Namen, handgeschriebene Notizen. Dann versuchen wir, diese Informationen weiterzugeben. Was niemand mehr will, wird fachgerecht entsorgt oder recycelt.“
Mehr als nur Müllentsorgung
Dabei geht es um mehr als Müllentsorgung. Auch soziale Verantwortung spielt eine Rolle. „Wir erleben regelmäßig, dass in diesen Wohnungen Spuren von Armut, Krankheit oder Verwahrlosung sichtbar werden. Das ist keine Ausnahme, das ist Alltag in dieser Stadt“, sagt Calisir. Besonders betroffen sind ältere Menschen, alleinstehende Männer und Menschen mit psychischen Erkrankungen. Viele von ihnen fallen durch das Raster sozialer Unterstützung.
Wohnraum in Berlin ist heiß begehrt
Und auch wenn Wohnraum in Berlin heiß begehrt ist, lässt sich eine solche Wohnung nicht von heute auf morgen wieder vermieten. „Bevor ein Handwerker überhaupt reinkommen kann, muss erstmal Platz geschaffen werden. Das kann je nach Zustand mehrere Tage dauern“, erklärt Calisir. Hinzu kommen Fälle, in denen Schädlinge, Schimmel oder sogar Fäkalien beseitigt werden müssen. Die Kosten dafür trägt nicht selten der Eigentümer – zumindest dann, wenn kein Nachlass geregelt ist oder niemand ermittelbar ist, der die Verantwortung übernehmen könnte. „Die Menschen denken oft, wir kommen einfach mit Handschuhen und Müllsäcken. Aber das ist nur ein Teil unserer Arbeit“, so Calisir. „Wir sind auch Vermittler, manchmal Krisenmanager, manchmal stille Beobachter. Jeder Einsatz erzählt eine eigene Geschichte.“ In manchen Wohnungen hängen noch die Kalender an der Wand – Jahre zurück. In anderen laufen Fernseher, die offenbar nie ausgeschaltet wurden.
Verantwortung übernehmen in einer wachsenden Stadt
Gepard Entrümpelung sieht sich nicht nur als Dienstleister, sondern auch als ein Unternehmen, das Verantwortung in einer wachsenden Stadt übernimmt. „Es gibt eine stille Seite der Großstadt, die viele nicht sehen wollen. Aber sie ist da, mitten unter uns. Und wir sehen sie jeden Tag.“ Dass solche Fälle in Berlin zunehmen, wundert Calisir nicht. „Die Stadt wird schneller, anonymer. Viele Menschen haben keinen Kontakt mehr zu ihren Nachbarn. Wenn jemand verschwindet, fällt das oft niemandem mehr auf – bis es irgendwann riecht oder die Miete ausbleibt.“
Zukunft ermöglichen
Was bleibt, ist eine Leerstelle – im Mietvertrag, im Gebäude, manchmal auch im Leben anderer. Und ein Team, das aufräumt, sortiert, trennt und Spuren sichert. Nicht, um Vergangenheit zu tilgen, sondern um Zukunft zu ermöglichen. Denn irgendwann soll die Wohnung ja wieder bewohnt sein. Nur das, was vorher war, ist dann für immer verschwunden. „Wir hinterlassen leere Räume. Aber wir wissen genau, dass sie vorher viel erzählt haben“, sagt Gökhan Calisir. Und manchmal sei es genau das, was am schwersten wiegt: der Moment, in dem niemand mehr fragt, wem dieser Raum einmal gehörte.