In einer Neuköllner Kneipe trifft sich monatlich die junge Berliner Literaturszene. Ein Abend am Ort des Geschehens.
Salontüren schlagen wild hin und her. Jemand schnäuzt sich die Nase. Dielen knarren beharrlicher als in jeder Altbauwohnung. Scharen strömen in die Kneipe, um noch eine Lücke zu ergattern – zur Not auch auf dem Boden. Dem Rahmen einer klassischen Lesung scheint das hier nicht zu entsprechen.
Fünf Autor_innen werden von Malte Abraham, Chris Möller, Natalie Wübbolt und Sven Schaub ausgesucht und eingeladen, ihre Drama-, Lyrik-, oder Prosatexte zu lesen. Dabei ist es ihnen ein besonderes Anliegen, Texte zu präsentieren, die noch keine große Öffentlichkeit gefunden haben. Frischlinge der Literaturwelt werden gefangen, bevor sie der sogenannte „Markt“ absorbiert hat. Die vier „Musketiere“ der jungen Literatur sind keine Newbees. In ihren ersten drei Jahren haben sie bereits eine Late-Night Show im etablierten Berliner LCB organisiert, ein eBook veröffentlicht (dafür den Deutschen eBook Award ergattert!) und neben Jungtalenten auch namhafte Autor_innen wie Monika Rinck oder Fabian Hischmann für ihre Abende gewonnen.
Autor Juan Guse, für den die Lesung im Januar eine seiner größten war, ist fast sprachlos: »Ich habe noch nie erlebt, dass auf nicht-institutioneller Basis so viele Leute für Literatur zusammenkommen.« Als Malte Abraham zum Ende des Abends jedoch verkündet, dass der nächste Termin auch schon der letzte sein könnte, wird es kurz still. Noch wissen die Veranstalter_innen nicht, ob sie weiterhin gefördert werden. »Wenn unser Förderantrag nicht durchgeht, war es das.« Die Daumen sind gedrückt, denn missen möchte man Kabeljau & Dorsch nicht.
Autorin: Ann-Kathrin Canjé
Foto: © Manuel Schamberger